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Die Zeitrausch-Trilogie, Band 1: Spiel der Vergangenheit (German Edition)

Die Zeitrausch-Trilogie, Band 1: Spiel der Vergangenheit (German Edition)

Titel: Die Zeitrausch-Trilogie, Band 1: Spiel der Vergangenheit (German Edition)
Autoren: Kim Kestner
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einen Mann, der mit dem Rücken zu mir an einer eigenartigen Anzeigetafel aus Glas steht, die er steuert, ohne sie zu berühren.
    »Hallo«, versuche ich, ihn auf mich aufmerksam zu machen. Aber der Mann reagiert nicht. »Hey! Sie!«, sage ich lauter und als er sich endlich umdreht: »Warum sind meine Eltern nicht hier? Wo bin ich? Was ist das hier auf meiner Hand?«
    »Es wird sich alles klären. Ich bin nicht befugt, tut mir leid«, antwortet er, doch ich lese weder Mitleid noch Interesse in seinem Gesicht. Auch scheint er kein Arzt zu sein. Zumindest trägt er keinen Kittel, stattdessen einen milchigen Ganzkörperanzug, der ihn auf seltsame Weise konturlos erscheinen lässt. »Ihre Werte sind stabil. Bis auf die winzige Entzündung.« Jetzt greift er nach meinem Arm und biegt meine Finger hoch, ganz so, als sei ich eine Puppe. »Sehen Sie selbst, er hat sich wunderbar mit Ihrem Nervensystem verbunden. Also kein Anlass zur Sorge.«
    Seine Ignoranz macht mich wütend, gleichzeitig fühle ich mich elend und verlassen. »Hören Sie! Ich gehe jetzt, okay?« Ich versuche selbstbewusst zu klingen, aber es hört sich mehr wie eine Frage an.
    »Das wird nicht möglich sein«, antwortet der Mann und bringt mein Bett in eine aufrechte Position. »Aber ich bleibe bei Ihnen, bis Sie geholt werden. Meine Aufgabe ist es lediglich, Ihnen in der verbleibenden Zeit den Marker zu erläutern. Bitte wenden Sie Ihre Aufmerksamkeit Ihrer linken Handinnenfläche zu.«
    »Wohin werde ich geholt?«
    »Ich bin nicht …«
    »Dann rufen Sie jemanden, der befugt ist!«
    Jetzt scheine ich meinen Worten genug Kraft verliehen zu haben, denn kurz zeichnet sich Verblüffung auf seinem bleichen Gesicht ab. Statt einer Antwort wendet er sich wieder der Anzeigetafel zu. Mein Blick folgt seinem zu einem digitalen Balken, der kurz rot aufleuchtet, dann wieder in einen gelben Bereich zurücksinkt. Als prompte Reaktion werde ich ruhiger, obwohl ich es nicht will. Ganz so, als würde ich fremdbestimmt, ferngesteuert, automatisch reguliert.
    Es fühlt sich falsch an, denn ich spüre nichts als Erstaunen, als ich mich wieder frage: Wo bin ich? Warum haben meine Eltern mich hiergelassen? Allein? Was ist mit Jeremy geschehen?
    Die Ungewissheit sollte mich mit Panik erfüllen, aber mein Körper lässt keinerlei Emotionen mehr zu. Er verhält sich beherrscht und ich kann meine Gedanken nicht mit der Angst, Wut oder dem Entsetzen in Einklang bringen, das ich empfinden sollte.
    Okay, dann kann ich ja auch gehen.
    Aber der Sessel lässt mich nicht aus seiner Schale, obwohl ich jeden Muskel meines Körpers anspanne. Ich mühe mich ab, winde mich hin und her, bis auch meine Freiheit mir nicht mehr wichtig erscheint. Gleichgültig lasse ich die Arme sinken und sehe trübe zu dem bleichen Gesicht des Technikers. Er deutet mit knapper Geste auf einen Gurt, der mich anscheinend fixiert hält, aber ebenso wenig spürbar ist wie die silbernen Fäden auf meiner Hand.
    »Was haben Sie mir gegeben?«, frage ich eher aus Langeweile.
    Mein Gegenüber, das mit seinen blassblauen Augen auf mich herabsieht, nickt zufrieden. »Es ist notwendig, dass wir Ihre Emotionen herunterregulieren. Sie müssen in der Lage sein, mir zu folgen.«
    Er greift erneut nach meiner Hand und drückt einen schlanken Metallstab in die Vertiefung zwischen Daumen und Zeigefinger. Sofort vereinen sich die vielen feinen Silberfäden zu einer Fläche, die von einem klar umrissenen Rechteck begrenzt ist. Zahlen und Farben erscheinen darauf.
    »Dies ist Ihr Marker«, erklärt das bleiche Gesicht und umfährt mit dem Metallstab die eckige Kontur. »Er zeigt momentan Ihre Vitalwerte. Das heißt, eigentlich nur eine vereinfachte Darstellung mit den wichtigsten Kennzahlen. Hier, auf unserem Neuroscreen hinter mir an der Wand, sehen Sie alle neuralen, chemischen und hormonellen Prozesse Ihres Körpers. Für Ihre Belange jedoch reicht der Puls«, er tippt auf eine der Zahlen, »Blutdruck, die Katecholamine, wie Adrenalin, Dopamin, also die wichtigsten Stresshormone, und zu guter Letzt eine Zusammenfassung sämtlicher Werte, die Ihre allgemeine Verfassung widerspiegeln. Momentan liegen Sie im hellgrünen Bereich. Das ist hervorragend, aber natürlich auch Ihrem derzeitig begrenzten emotionalen Spektrum zuzuschreiben. Was ein roter Wert bedeutet, muss ich wohl nicht erläutern.« Er schließt meine willenlose Hand zur Faust. »Bald werden Sie merken, dass wir Ihre Emotionen stückweise wieder hochfahren. Erschrecken
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