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Die Zeitfalle

Die Zeitfalle

Titel: Die Zeitfalle
Autoren: Terry Carr
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stimmt.« Giyani blickte zu Surgenor, unschlüssig, ob er die Informationen preisgeben solle oder nicht. Dann zuckte er mit den Schultern. »Es gibt geodätische Beweise, daß in dieser Gegend vor ungefähr dreihunderttausend Jahren Veränderungen des Felsuntergrunds stattgefunden haben. Das ist ungefähr die Zeit, als die Paladorier nach unseren Vermutungen in ihrer Städtebauphase waren. Die Beobachtungssatelliten haben hier in den letzten zehn Tagen siebenmal eine Stadt gesehen, aber natürlich gibt es keine Garantie, daß die Abfolge der Erscheinungen, wie der Computer sie sieht, nicht rein zufällig ist. In diesem Fall werden wir nichts als Wüste finden.«
    »Aber was macht diesen Ort zu etwas Besonderem?« fragte Kelvin. »Ich meine, wozu der Aufwand, wenn wir bestenfalls eine Fata Morgana zu sehen kriegen?«
    »Wenn die Paladorier sich nach Belieben durch die Zeit bewegen können, wie wir vermuten, dann könnte die Quasi-Materialisation von Gebäuden ein bloßes Nebenprodukt der Einheimischen sein, die selbst die Gegenwart besuchen. Stellen Sie sich vor, Sie gehen aus einem geheizten Gebäude. Dabei nehmen Sie etwas von der warmen Luft mit sich in eine andere Umgebung. So scheint es sich hier zu verhalten. Bei jedem Erscheinen dieser Stadt haben unsere Instrumente eine Person ausgemacht, die eine Frau zu sein scheint. Und sie war körperlich gegenwärtig.«
    Als er die Worte des Majors hörte, hatte Surgenor das Gefühl, daß der vertraute Innenraum des Fahrzeugs, in dem er so viele Stunden seines Lebens verbracht hatte, auf einmal fremd und feindselig sei. Er hatte sich bisher nicht eingestehen wollen, daß der Mensch, Vollender einer Denkart, die ihm die Herrschaft über die drei räumlichen Dimensionen gegeben hatte, hier auf eine Kultur gestoßen war, die ihre Herrschaft in den langen Strömen der Zeit etabliert hatte.
    »Etwas voraus, Sir«, sagte Kelvin.
    Giyani wandte sich wieder nach vorn, und dann starrten sie alle schweigend durch die Windschutzscheibe. Am Horizont waren die geisterhaften Umrisse einer Stadt wie aus dem Nichts erschienen. Lichterketten blinkten durch die Nacht, wo vor ein paar Sekunden nichts als Sand und Sterne gewesen waren. Die weißlichen, durchscheinenden Silhouetten von Gebäuden, die einander zu überlagern schienen, hatten in der Gesamtwirkung etwas überraschend Erdähnliches, obgleich der Überlagerungseffekt die Unwirklichkeit des Ganzen betonte. Vertikale Reihen von Lichtern, die wie Fenster aussahen, schienen überdies nicht immer mit den Silhouetten von Gebäuden übereinzustimmen, sondern frei in der Luft zu schweben. Es war, dachte Surgenor, als sähe man die Stadt nicht so, wie sie zu einem bestimmten Zeitpunkt existiert hatte, sondern mit einer zeitlichen Tiefe, die sich über Tausende von Jahren erstreckte, in denen die langsame Kontinentaldrift sie mehrere Meter von ihrem ursprünglichen Standort entfernt hatte. Das mochte den eigenartigen Effekt, der an eine Doppelbelichtung erinnerte, erklären.
    »Verringern Sie die Geschwindigkeit«, befahl Giyanis Stimme. »Fahren Sie langsam und ohne die Luftkissen. Schalten Sie auch die Scheinwerfer aus. Wir wollen die Annäherung so leise und unauffällig wie möglich machen.«
    Surgenor gehorchte und drosselte die Geschwindigkeit auf vierzig Stundenkilometer. Nach dem vorangegangenen erschütterungsfreien Gleiten rumpelte und schaukelte das Fahrzeug nun ziemlich abenteuerlich durch die Dunkelheit der weglosen Wüste. Die einzigen Geräusche im Wageninnern waren Kelvins heiseres Atmen und ein wiederholtes leises Klicken von McErlains Gewehr, als der Unteroffizier mit Schieber und Gradteiler hantierte.
    Giyani blickte über seine Schulter und sagte: »Wie lange ist es her, daß Sie an Bord der Georgetown gedient haben, McErlain?«
    »Acht Jahre, Sir.«
    »Eine lange Zeit.«
    »Jawohl, Sir.« McErlain schwieg einen Moment, dann sagte er: »Ich werde niemanden ohne Befehl erschießen, wenn es das ist, worauf Sie abzielen.«
    »Hören Sie, McErlain!« sagte Kelvin in schockiertem Ton. »Das ist keine Art, zu einem vorgesetzten Offizier ...«
    »Schon gut«, sagte Giyani friedfertig. »Der Unteroffizier und ich verstehen einander.«
    Surgenor wandte seinen Blick nicht von der Geistererscheinung der Stadt ab, doch seine Gedanken waren bei dem Wortwechsel, den er eben mitgehört hatte. Nun wußte er, warum über McErlain geredet worden war. Vor zehn oder elf Jahren hatte die Georgetown Kontakt mit einer intelligenten,
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