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Die Zeit des Boesen

Die Zeit des Boesen

Titel: Die Zeit des Boesen
Autoren: Vampira VA
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sichtbare Türen . und du ahnst nicht, wieviel man selbst im vermeintlichen Dunkel sehen kann .«
    Er versteifte sich. »Mein Vormund lehrte mich von denen, die im Finstern sehend sind. Wenn du sagen willst, daß du ein .«
    »... daß ich ein Vampir bin?« Sie machte eine wegwerfende Handbewegung. »Aber nein. Ich bin wahrhaftig geboren, wie du mich hier siehst, nicht erst durch einen Kelch!«
    »Kelch?«
    »Vergiß es. Wir reden ein anderes Mal. Außerdem hättest du die Kreaturen, für die du mich gerade hieltest, vorhin sehen müssen .«
    »Wo?«
    »Als sie zum Himmel stiegen.«
    »Die Fledermäuse?«
    »Wer sonst?« Sie sah ihn an, als könnte sie nicht glauben, soviel Naivität geballt in einer einzigen Person anzutreffen. »Sie hausen hier, denn sie sind die wahren Herrscher - nicht nur über diese Stadt!«
    »Warum sind sie dann geflohen?«
    »Das«, erwiderte das Mädchen, von dem er nicht einmal den Namen kannte, »ließe sich nur erklären, wenn mein Flehen Gehör gefunden hätte.«
    »Welches Flehen?«
    »Daß sie alle dafür büßen sollen, was sie meiner Mutter angetan haben - besonders er!«
    »Er?«
    »Mein Vater! Der Graf Slavata!«
    *
    Die Grafen Jaroslav Martinic und Vilem Slavata hielten sich im Ludwigsflügel der Burg, in den Räumlichkeiten der böhmischen Kanzlei auf, als sie die Kunde vom Sturm der Bastion erreichte.
    Der Schreiber, der die Nachricht überbrachte, war derselbe, dem sie auch den Erlaß an die Prager Stände diktiert hatten, in welchem die verbrieften Rechte auf freiheitliche Religionsausübung, freien Kirchenbau und noch andere Privilegien im Namen des Königs grundlegend in Frage gestellt worden waren.
    Martinic und Slavata, die nicht nur verschwägert, sondern überdies in aufrichtiger Freundschaft miteinander verbunden waren, standen eine ganze Weile stumm und wie vom Donner gerührt da. Nie hatten sie es wirklich für möglich gehalten, daß ihnen die Lage entgleiten könnte ...
    »Die Rädelsführer müssen aufgeknüpft werden!« erboste sich der schwergewichtige Graf Martinic und bewies mit seinem Aufschrei, daß er die Situation immer noch nicht begriffen hatte.
    »Wir müssen fürchten, aufgeknüpft zu werden«, korrigierte ihn deshalb Slavata und tupfte sich mit einem Tuch über das schweißnasse Gesicht. Das Puder darauf hatte sich an einigen Stellen schlagartig in eine geronnene, unansehnliche Masse verwandelt.
    »Ihr meint ...?«
    Slavata kam nicht mehr dazu, seine Meinung zu erläutern.
    Die Tür der Kanzlei wurde nicht nur aufgestoßen, sondern regelrecht aufgebrochen! Sofort stürmten mehrere Gestalten herein, angeführt von einem, den die Statthalter namentlich und persönlich kannten .
    ... und dies war ein weiterer Schlag ins Kontor, denn daß sich ausgerechnet der besonnene Hieronymus Neruda dafür hergab, die Unantastbarkeit königlicher Statthalter zu verletzen - Die Gedanken der Grafen und ihres Sekretärs gerieten ins Stocken.
    Wie ihr Atem.
    Eisig schlug ihnen die Luft aus Nerudas Richtung entgegen, und als sie in seiner Mimik nach Anzeichen suchten, die gezeigt hätten, daß er sich der Unverzeihlichkeit seiner Tat bewußt war und mit sich selbst haderte, hatten sie das Gefühl, in einen bodenlosen Abgrund zu starren.
    Martinics Erstarrung löste sich als erste.
    Er begann zu wanken. Den Schritt, den er nach vorn taumelte, bremste er selbst abrupt wieder ab und wich statt dessen rückwärts zu den Fenstern der Kanzlei, von denen aus der Altstädter Ring zu überblicken war.
    »Kommt wieder zu Sinnen!« keuchte er.
    Da sprang Neruda auf ihn zu und streckte ihn mit einem Fausthieb gegen das Kinn nieder.
    Martinic sackte zu Boden, schwer wie ein Fels. Als er benommen aufblickte, sah er sich von mehreren Vertretern der Stände in Neru-das Gefolgschaft umzingelt, die haßerfüllt auf ihn herabstarrten und solch derbe Drohungen ausstießen, daß er endgültig um sein Leben zu fürchten begann.
    Und wieder war es Neruda, der den Drohungen auch Taten folgen ließ. Er gab das Kommando, wie mit dem Grafen zu verfahren sei, und vergeblich hoffte Martinic auf das Eingreifen seines alten Herrn Oheims und Schwagers, der zur gleichen Zeit, etwas abseits, ebenso wie der Schreiber in Schach gehalten wurde. »Nein!« keuchte Martinic mit schriller Stimme. »Wagt es nicht -!« Jemand riß ein Fenster auf, und obwohl Neruda Martinics Hüfte in stählernem Griff umschlungen hielt, meinte der Graf einen Moment lang, ihn schattenhaft auch dort drüben bei den Fenstern gesehen
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