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Die Zeit des Boesen

Die Zeit des Boesen

Titel: Die Zeit des Boesen
Autoren: Vampira VA
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zu haben .
    Dann zerplatzten alle Gedanken wie Seifenblasen in seinem Kopf. Er fühlte nur noch, wie die Hände von ihm abließen, wie ihn Luft umfauchte und er für eine unbestimmbare Zeitspanne strampelnd und mit den Armen rudernd nach unten fiel. Wie ein Senklot in die Tiefe.
    Dann erlosch jede Wahrnehmung in einem Aufprall, bei dem er glaubte, jeden Knochen in seinem Leib zersplittern zu spüren .
    *
    »Anna«, erwiderte das Mädchen auf Justus' Frage. »Ich heiße Anna. Wie meine Mutter.« »Ihr hattet den gleichen Namen?« »Eigentlich dürfte ich gar keinen haben.« »Warum nicht?«
    »Weil ich nicht existieren dürfte.« »Du liebst es, in Rätseln zu sprechen.«
    »Das ist wahr. - Aber gut, warum solltest du es nicht wissen: Sla-vata holt sich gerne Gespielinnen aus den Kerkern. Meist sind es Frauen, die der Hexerei bezichtigt werden. Ihnen glaubt ohnehin niemand, und um am Leben zu bleiben, tun sie alles, dem Grafen zu gefallen. Die Vampire dulden diesen Zeitvertreib ihrer Diener.«
    »Du redest schon wieder von ihnen?«
    »Weil sich alles um sie dreht - um ihr Wollen, normalerweise! Ich sagte ja, ich verstehe auch nicht, warum sie vor den Aufständischen gewichen sind. Sie hätten es gewiß nicht nötig.«
    »Du kennst sie? Und sie dich, und trotzdem ...?«
    »Trotzdem lassen sie mich ungeschoren, aber ja. Ich bin keine Gefahr für sie. Und Mutter war es auch nicht.«
    Justus kam ein Gedanke. »Wenn es wäre, wie du sagst, sind sie vielleicht vor meinem Vormund geflohen ... Natürlich!«
    Anna musterte ihn mit einem so mitleidigen Ausdruck, daß er vor Wut errötete. »Was soll das? Sieh mich nicht so an! Er ist ein bekannter Inquisitor, und eines Tages ...«
    »... wirst du in seine Fußstapfen treten, ich weiß. Ich habe dieses eitle Geschwätz gehört.«
    »Wann? Wo?« Er war zunehmend konsternierter.
    »Ich sagte es bereits. Es gibt Türen und Wege .«
    »Schon gut!« unterbrach er sie und geriet noch mehr in Rage. Erst ihr Blick besänftigten ihn wieder.
    »So wie ich es verstehe«, sagte Anna, »schreckt dein Vormund nur einen.«
    »Und wen?«
    »Slavata. Als klar war, daß der Inquisitor kommen würde, opferte er meine Mutter, um nicht selbst angeklagt zu werden. Er gab auch Befehl, mich zu beseitigen. Offiziell bin ich bereits tot .«
    Justus blickte sie fragend an.
    »Er beauftragte jemanden aus seiner Leibgarde, mich umzubringen«, sagte sie. »Aber der schonte mich, weil ich ihm meinen Körper und meine Talente angeboten habe - und ihm versprach, mich nicht nur aus der Burg, sondern aus der Stadt zu stehlen und nie mehr -«
    »Du hast ...?«
    »Zerstöre ich jetzt dein Bild von mir? - Und du? Was hättest du alles getan, wenn du in meiner Lage gewesen wärst? Meinst du, es machte mir Spaß, ihn über mir liegen zu haben und mich wundstoßen zu lassen? Allmächtiger, ihr Mannsbilder seid alle so beschränkt ...!«
    Justus senkte den Blick.
    »Was ist jetzt?«
    Er sah wieder auf. »Was meinst du?«
    »Soll ich dir zeigen, wo die geheimen Wege verlaufen?« fragte sie. »Willst du mit mir kommen, wenn ich nachsehe?«
    »Nachsehe?«
    »Ob man ihm endlich dem Schädel einschlägt, diesem Scheusal!«
    »Slavata?«
    Sie hielt die Frage keiner Antwort wert. Brüsk drehte sie sich um und ließ ihn stehen.
    Justus überlegte gerade so lange, wie sie brauchte, um ins Sonnenlicht hinauszutreten. Dann hatte er sich entschieden - gegen Matthäus Wenzel und für das Mädchen, und es störte ihn kaum, daß er das Gefühl hatte, in diesem Augenblick noch weniger von ihr zu wissen als bei ihrer ersten flüchtigen Begegnung .
    *
    »Edle Herren, da habt ihr den anderen!«
    Die Worte des Grafen Thurn, eines der anderen königlichen Statthalter, der mit kaum jemandem ein gutes Verhältnis pflegte, brannten sich wie Säure in Vilem Slavatas Schädel.
    Thurn war verstohlen durch die Tür getreten und hatte, als er sah, was dem Grafen Martinic widerfahren war, offenbar genügend Mut gefaßt, sich Slavata offen als Verräter zu erkennen zu geben.
    Weil er wußte, daß auch Slavata gleich zum Fenster hinausfliegen würde?
    Slavata verzog angewidert das Gesicht. Dann fühlte auch er sich schon zu Fall gebracht, und wieder - wie schon bei seinem guten Freund - war es Hieronymus Neruda, ein ehemals geschätzter und seiner Besonnenheit wegen gerühmter Mann, der zuvorderst wirbelte, um auch diesen »Verletzer des Majestätsbriefes«, wie laute Stimmen aus dem Hintergrund hetzten, für den Affront büßen zu lassen!
    »Haltet
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