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Die Zeit der Himmelsfeuer (German Edition)

Die Zeit der Himmelsfeuer (German Edition)

Titel: Die Zeit der Himmelsfeuer (German Edition)
Autoren: René Menez
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etwas gesehen!“
    Gewarnt blieben sie stehen. Hinter einem der Felsen bewegte sich etwas ... Plötzlich kam hinter einer Felsformation, die jedoch viel näher war, Dir-kach-stan hervor, stand einen Augenblick reglos da und hob dann seine Hand zum Gruß. Während Werferin und die Zwillinge bereits den Schaft ihrer Lanzen fester umschlossen und diese gegen ihn richteten, ging Maramir einen Schritt vor und erwiderte seine Geste. Langsam kam der Riese näher, noch einmal hob er beschwichtigend die Hand, als Zeichen seiner friedlichen Absicht. Man konnte ihm die ängstliche Unsicherheit, die er in dem Moment empfand, ansehen. Im Gesicht der Frau, die nun hinter einem der weiter entfernten Felsen zum Vorschein kam, zeichnete sich ebenfalls ein Ausdruck in ihrem Gesicht ab: Furcht. Ein paar Schritte vor ihnen blieb er schließlich stehen; näher wagte er sich nicht heran.
    „Ich kenne dich, Einfuß“, sagte er mit gedämpfter Stimme.
    Ionech trat zwei Schritte vor, sagte jedoch nichts.
    „Eine Gruppe Jäger ist in der Nähe. Da hinten sind wir auf ihre Spuren gestoßen.“ Er hielt bedeutsam einen Finger hoch, dann einen zweiten, dritten und vierten. „Da sind sie lang gegangen.“ Er zeigte dorthin, wo seine Begleiterin stand. „Von dort sind sie gekommen.“ Dieses Mal zeigte er schräg über die Schlucht.
    Ionech sagte noch immer kein Wort. Den Riesen kannte er nur zu gut, als daß er ihm traute. Dir-kach-stan war dabei gewesen, als Ruhnocko getötet wurde ... und er, Dir-kach-stan, hatte damals den Strick um Ionechs Hals gebunden, an dem er ins Lager der Gro-mans-alta-noi gezerrt wurde ... ohne einen Ausdruck von Mitleid hatte er damals dabei zugesehen, wie man ihm den Fuß abtrennte.
    „Geht in diese Richtung!“ Dir-kach-stan zeigte wieder schräg über die Schlucht, dieses Mal in die entgegengesetzte Richtung. „Dort liegt die große Flußebene. Folgt der Strömung! Und geht viele Tage!“
    Als Ionech immer noch schwieg, hob er die Hand und sah dabei Maramir an. Dann drehte er sich um und ging zurück zu der Frau.
    „Was hat er gesagt?“, wollte Maramir wissen.
    „Jäger!“ Ionech hielt zwei Finger hoch, machte mit der Hand eine Faust und streckte dann erneut die beiden Finger. Währenddessen sagte er: „Zwei! Und noch zwei! Gro-mans-alta-noi!“
    Gemeinsam sahen sie den einsam Umherziehenden dabei zu, wie sie die Schlucht hinabstiegen und zwischen den Bäumen verschwanden.
    „Spuren ... dort ...“, erklärte Ionech und zeigte in die Richtung des Felsen, hinter dem sich zuvor die Frau versteckt hatte.
    „Dort ... große Fluß ...“ Dieses Mal zeigte er in die Richtung, die Dir-kach-stan ihm geraten hatte.
    „Wir ... gehen dort!“, sagte Roter Wolf und schlug jene Richtung ein, die Ionech ihnen gezeigt hatte.
    Mit gemischten Gefühlen fügte sich Ionech und schwieg.
    -
     
    Nach drei Tagen mühsamer Wanderschaft erreichten sie endlich die Flußebene und den großen Strom. Es war ein milder, trockener Tag, an dem hin und wieder die Sonne durch die Wolken brach, während sie Holz für den Bau der Floße zusammentrugen. Ionech bestimmte, welche Äste und angemoderten Stämme geeignet waren; der Rest war Brennholz oder unbrauchbar. Während die anderen Äste und Stammholz sammelten oder nach Pilzen, Beeren, Käfern und Wurzeln suchten, war Ionech dabei, aus dünnen Ranken und weichen, langen Gras- und Schilfhalmen Stricke zu flechten, mit denen er die Stämme und Äste zusammenbinden wollte. Er wußte, wenn die Floße fertig waren, stand der schwierigste Teil bevor: Kars Leichnam, Kinder und Gepäck darauf festzubinden, die schwimmenden Holzgestelle ins Wasser zu ziehen, sich darauf zu werfen, gut festzuhalten und so stark mit den Beinen zu strampeln, daß es ihnen vielleicht gelingen würde, die Richtung der Floße zu beeinflussen und so das andere Ufer zu erreichen. Je öfter er darüber nachdachte, desto mehr fürchtete er, das Falsche zu tun. Ionech wußte, wie es sich anfühlte, beim Trinken aus Versehen Wasser einzuatmen; wie es war, wenn man plötzlich keine Luft mehr bekam, hustete und hustete und die Angst vor dem Ersticken allzu deutlich wurde. Dabei war es gerademal soviel Wasser gewesen, wie in eine hohle Hand passte. Und Ionech wußte auch, wie es sich anfühlte, ins Wasser zu fallen und keinen Grund mehr unter den Füßen zu haben. Er erinnerte sich noch genau daran, wie er ins Eis eingebrochen und wild zappelnd, panisch versuchte hatte, an der Oberfläche zu bleiben ... Irgendwann konnte
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