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Die Zeit der Himmelsfeuer (German Edition)

Die Zeit der Himmelsfeuer (German Edition)

Titel: Die Zeit der Himmelsfeuer (German Edition)
Autoren: René Menez
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Trage, legten Kars Leichnam darauf und banden ihn fest. Sie packten, was sie besaßen, und traten den beschwerlichen Weg durch den Bergwald an. Es war ein bewölkter, stürmischer Tag, der immer wieder Nieselregen brachte. Behindert durch die zusätzliche Last der schweren Trage und Ionechs fehlenden Fuß kamen sie nur langsam im unwegsamen Gelände voran.
    Gegen Mittag rasteten sie im Schutz eines steilen, wind- und regenabgewandten Abbruchs einer Felswand und aßen ein paar Beeren und Pilze, die Leinocka, Tanzt Viel und Adlerkralle unterwegs gesammelt hatten. Leinocka war währenddessen nahe an Maramir herangetreten und ängstlich neben ihr hergelaufen. Beinahe verschreckt hatte sie sich dabei ständig umgesehen. Auf diese Weise hatte ihr Leinocka zu verstehen gegeben, daß sie glaubte, beobachtet und verfolgt zu werden. - Jetzt spürte auch Maramir, während sie zögerlich einen Pilz aß und Ausschau hielt, daß sie nicht alleine waren. Leinocka stieß einen glucksenden Laut aus und zeigte auf einen großen Felsen, unweit von ihnen. Kurz darauf erkannte Maramir zwei Gestalten zwischen den Bäumen, die nun neben dem Felsen auftauchten. Erschreckt sprang sie auf. Als die beiden Fremden sie bemerkten, blieben sie sofort stehen. Die Länge eines morschen, umgestürzten Baumes lag zwischen ihnen. Maramir erkannte die beiden gleich. Auch Roter Wolf schien sich zu erinnern, denn er ergriff sofort Feuerhaars Arm und hinderte ihn daran, womöglich etwas Unüberlegtes zu tun. Es waren die beiden Riesen aus dem Flußtal, die ihnen erlaubt hatten, das Feuer mit ihnen zu teilen. Einmal mehr kreuzten sich ihre Wege, auf friedfertige Weise, voller Neugier und Unsicherheit, wenn auch von spürbarer Vorsicht begleitet. Eine Weile lang begegneten sich ihre Blicke. Dann wandten sich der Mann und die Frau ab, änderten die Richtung und gingen in einem respektvollen Bogen an ihnen vorbei. Dieses Mal benötigte der Mann die Hilfe seiner Begleiterin nicht; er humpelte, aber konnte allein gehen. Als er sich noch einmal umdrehte und stehenblieb - hob er die Hand. Und Maramir tat es ihm gleich.
    „Ich kennen ... Mann!“, drang Ionechs Stimme an ihr Ohr. „Ist große Jäger ... von Stamm, von Gro-mans-alta-noi.“
    Maramir sah, daß Feuerhaars Ausdruck sich veränderte und Ionech legte ihm beschwichtigend eine Hand auf die Brust, als er sagte: „Gro-mans-alta-noi wollen töten ... Dir-kach-stan. Das ... Name. Dir-kach-stan töten Sohn von weise, alte Mann. Weise Mann von Gro-mans-alta-noi ... mächtig! Vater von Kan-dra. Dir-kach-stan nicht können zurück ... zu Stamm ... Ist allein. Weise Mann und Jäger suchen ... aber finden dich!“, sagte er zu Feuerhaar.
    Die beiden Fremden verschwanden hinter lichtem Buschwerk aus ihrem Blickfeld.
     
    Vor Einbruch der Nacht nutzten sie die übereinander liegenden Stämme umgestürzter Bäume zum Lagern und bauten, aus geflochtetenen Zweigen und ein paar Fellen, einen wind- und regengeschützten Unterschlupf. Sie entzündeten ein Feuer, hockten sich eng zusammen und aßen wieder Beeren und Pilze. Die Trage mit Kars Leichnam, von einer dicken Schicht aus Zweigen gegen Krähen, Geier und Getier geschützt, lag nah bei ihnen, so daß sie jederzeit mitbekommen konnten, wenn sich etwas an ihr zu schaffen machen sollte.
    Die Zwillinge begannen zu erzählen, was geschehen war; vom Tod Bärenprankes bis zu ihrer Flucht aus dem Lager der Riesen und der Suche nach dem Weg zurück. Unterdessen lauschte Ionech ihrer für ihn unverständlichen Sprache und beobachtete die Gesichter jener, die ihm noch immer fremd waren. Er fragte sich, ob er den Spitzgesichtern trauen konnte und wer die zierliche, schöne Frau war, deren Gesicht er noch immer nicht im Ganzen hatte erblicken können und die ihm keine Antwort gab, wenn er mit ihr sprach.
    Maramir wollte auch Ionechs Geschichte hören, und er erzählte sie ihr. Außerdem berichtete er ihr von dem Wissen, dem Glauben, den Bräuchen und Riten der Gro-mans-alta-noi ... bis er Maramir darum bat zu schildern, was mit ihr und Kar geschehen war. Maramir berichtete von dem Überfall auf ihren Stamm und ihrer Verschleppung, als Ionech ihr plötzlich nicht mehr zuhörte, sich auf Leinocka zubewegte, ihr langsam mit den Fingern zwischen ihre Haarsträhnen fuhr und diese zur Seite strich, so daß ihr Gesicht zum Vorschein kam.
    „Ich kenne dich!“, sagte er in einer Sprache, an die Leinocka sich noch erinnerte, was er an ihrem Gesichtsausdruck sehen konnte. Sie kannte
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