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Die zehnte Kammer

Die zehnte Kammer

Titel: Die zehnte Kammer
Autoren: Glenn Cooper
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Provinz.«
    Pelay, der eine Weile still gewesen war, begann laut zu stöhnen, als ob er das Bewusstsein wiedererlangt hätte.
    »Mein Gott!«, sagte Gatinois. »Wie soll man bei diesem Lärm bloß nachdenken können? Marolles, gehen Sie und erledigen Sie ihn. Vielleicht schaffen Sie wenigstens das.«
    Während Luc sich hochrappelte, sah er, wie Marolles hinter Pelay trat und ihm, ohne mit der Wimper zu zucken, eine Kugel durch den Kopf schoss. Als das Peitschen des Schusses verklungen war, hörte man nichts mehr – bis auf die rasch näherkommenden Sirenen.
    »Sie sind nichts weiter als ein gemeiner Mörder«, zischte Luc Gatinois zu.
    »Denken Sie, was Sie wollen. Ich weiß, dass ich ein Patriot bin.«
    Luc schaffte es, sich aufzurichten, wobei er das unter seinem Hemd versteckte Buch mit dem Ellenbogen wie eine Schiene an seine gebrochenen Rippen presste. »Ich werde nicht mit Ihnen diskutieren, Sie Hurensohn. Aber eines kann ich Ihnen versichern: Sie werden weder Sara töten noch mich.«
    »Und warum nicht?«, fragte Gatinois. Lucs Selbstsicherheit verunsicherte ihn.
    »Wenn mir etwas geschieht, erhält die Presse sofort einen Brief, in dem alles über Ruac, den Tee und die Morde steht. Außerdem liegt diesem Brief eine Kopie des entschlüsselten Manuskripts von Ruac bei.«
    Die Sirenen wurden immer lauter. Bald mussten sie da sein.
    »Marolles«, befahl Gatinois. »Gehen Sie zu den Gendarmen und fangen Sie sie ab. Verhandeln Sie mit ihnen und sagen Sie, dass sie dem Dorf fernbleiben sollen. Und gnade Ihnen Gott, wenn Sie das vermasseln.« Gatinois trat so nah an Luc heran, dass er ihm mit Leichtigkeit ins Gesicht hätte schlagen können. »Wissen Sie, ich habe Ihre Personalakte gelesen, Herr Professor. Sie sind ein ehrlicher Mann, und ich merke sofort, wenn ein ehrlicher Mann lügt. Deshalb glaube ich, dass Sie mir die Wahrheit sagen.«
    »Das tue ich«, erwiderte Luc.
    Gatinois schüttelte den Kopf und blickte hinauf zum Himmel. »Dann schlage ich vor, dass wir eine Lösung finden. Eine, die für uns beide akzeptabel ist, und auch für Frankreich. Sind Sie zu einem Kompromiss bereit, Herr Professor?«
    Luc starrte zurück in die kalten Augen des Generals.
    Gatinois’ Handy klingelte. Er holte es aus der Hosentasche. »Ja«, sagte er. »Ja, das geschieht in meinem Auftrag, fahren Sie fort damit.« Er steckte das Telefon ein und wandte sich wieder an Luc. »Nur einen Augenblick, Herr Professor, gleich ist es so weit.«
    Zuerst gab es einen Blitz, der so hell war, als würde um Stunden verfrüht eine grellweiße Sonne aufgehen. Dann folgte das Geräusch einer Detonation und schließlich eine mächtige Schockwelle, die wie ein Erdbeben den Kies tanzen ließ.
    »Das hier war im Grunde genommen immer ein Risiko für uns«, sagte Gatinois ungerührt. »Unsere Arbeit geht weiter, aber Ruac gibt es jetzt nicht mehr.«

ACHTUNDDREISSIG
    Der Trichter, der einmal das Dorf Ruac gewesen war, erinnerte Luc im Nieselregen an die Bilder von Lockerbie, nach dem Absturz der PAN-AM-Maschine.
    Es gab keine Hauptstraße mehr und auch keine Häuser und kein Café, nur einen schwarzen, mit Schutt und zerfetzten Autos gefüllten Abgrund, aus dem dichter, tiefschwarzer Rauch aufstieg. Die Feuermänner hielten ihre Wasserstrahlen auf lodernde Flammen in der Tiefe des Grabens, konnten aber wegen des instabilen Rands den eigentlichen Brandherd nicht erreichen. Sie mussten das Feuer ausbrennen lassen.
    Ein Großteil der in der Dordogne verfügbaren Rettungskräfte war im Einsatz, und die Zugänge zum ehemaligen Dorf wurden von Gendarmeriefahrzeugen, Polizeiautos, Krankenwagen, Feuerwehrautos und den Kleinbussen der Fernsehanstalten verstopft. Normalerweise wäre Bonnet mit seinen schweren Stiefeln und seiner viel zu knapp sitzenden Uniform zwischen ihnen herumgestapft und hätte seine Befehle gebellt. Aber es gab keinen Feuerwehrhauptmann Bonnet mehr. Colonel Toucas war für die Operation verantwortlich und schimpfte über den Hubschrauber eines Nachrichtensenders, der mit knatterndem Rotor so niedrig über den Explosionskrater flog, dass man sein eigenes Wort nicht verstehen konnte.
    Bei Tagesanbruch hatte er Luc erzählt, dass in Ruac vermutlich große Mengen Sprengstoff aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs versteckt gewesen waren, vermutlich Picratol, das Bonnet und seine Kumpane in mehreren unterirdischen Räumen gelagert hatten. Durch eine Unachtsamkeit musste eines dieser Depots in die Luft geflogen sein und eine Kettenreaktion
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