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Die wundersame Reise einer finnischen Gebetsmühle

Die wundersame Reise einer finnischen Gebetsmühle

Titel: Die wundersame Reise einer finnischen Gebetsmühle
Autoren: Arto Paasilinna
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einigen und die Menge der Jahresproduktion festlegen könnte.
    Für Vermarktung und Verkauf der Gebetsmühle wäre allerdings fachliche Kompetenz erforderlich, sodass er, Kalle, es am vernünftigsten fände, diese Aufgaben einer darauf spezialisierten Firma zu übertragen. Geeignet wäre beispielsweise ein großer indischer Produzent von Rundfunkgeräten. Eine Firma, die Millionen edler Kofferradios herstellen und verkaufen konnte, wäre ohne Weiteres auch imstande, die weltweite Werbung und den Vertrieb für die Gebetsmühle zu übernehmen.
    Lauri schlug vor, dass der finnische Partner pro Mühle etwa anderthalb Euro bekäme. Als Jahresproduktion allein für das Gebiet Indien peilte er eine Million Stück an. Sollte der Verkauf die Million überschreiten, würde die Provision um fünf Prozent gekürzt, und falls drei Millionen Mühlen pro Jahr produziert würden, betrüge die Kürzung zehn Prozent.
    Diese Aussichten begannen die Ingenieure und Techniker zu interessieren. Sie zückten die Taschenrechner und Notizblöcke. Der Chefingenieur erklärte, dass man einen vorläufigen Vertrag abschließen, sich auf den Einzelpreis des Prototyps und der Entwürfe einigen und anschließend die Provision für jede produzierte Gebetsmühle festlegen könnte. Den beiden Finnen war es recht.
    Kalle schlug vor, dass die Werkstattkette am Ende des ersten Jahres die Herstellungsrechte für eine Million Gebetsmühlen erwerben sollte. Angesichts der Einwohnerzahl Indiens hielt er diese Menge für angemessen. Die Mindestanzahl für chinesische Gebetsmühlen würde seiner Meinung nach ebenfalls eine Million Stück betragen. Darauf meinte Lauri, dass eine Million chinesischsprachiger Gebetsmühlen bei Weitem nicht reichen würde, im Falle Chinas müsste die erste Produktionseinheit mindestens zwei Millionen Exemplare betragen. Der Chefingenieur fand die genannten Zahlen für indische Verhältnisse überdimensioniert. Das Risiko für seinen Arbeitgeber wäre zu hoch. Im schlimmsten Falle würden sich in den Fabriken und Werkstätten die Apparate am Ende nur so türmen. Die Instandsetzung von Fahrzeugen würde dadurch beeinträchtigt, wenn überall Hindugesang aus Unmengen von Gebetsmühlen ertönen würde. Darunter würde das Arbeitsklima leiden. Es würde zu spontanen Streiks kommen, und vermutlich würden die Angestellten aus Frust die Gebetsmühlen zerstören. Kalle und Lauri stellten sich vor, wie frustrierte Monteure die halb fertigen Mühlen vor den Werkstätten auf große Haufen warfen und anzündeten. Bis zum Eintreffen der Feuerwehr hätten die Passanten auf der Straße die einzigartige Gelegenheit, mit anzuhören und anzusehen, wie hundert oder vielleicht sogar tausend Gebetsmühlen gleichzeitig brannten und dabei den Hindus ihre gute alte Religion verkündeten.
    »Das wäre ein infernalisches Gepredige«, meinte Lauri.
    Kalle schlug vor, die Verhandlungen in gutem Einvernehmen zum Abschluss zu bringen.
    Auf keinen Fall sollte der Ruf ihres religiösen Apparates Schaden nehmen. Eigentlich könnten sie sogar um die Gebetsmühle herum eine neue allgemeingültige Religion entwickeln, die sich von den alten Religionen dadurch unterschied, dass sie besonders gut und menschlich war. Die praktischen Voraussetzungen waren geschaffen dank der tüchtigen Maschine, die sie konstruiert hatten, es lag nur noch an der Verhandlungsführung, wann die Produktion richtig in Gang kommen würde.
    Auch Lauri äußerte die Meinung, dass es einen weltweiten Bedarf an einer neuen Religion oder Ideologie gab, eine Art gemeinsame Hoffnung der Gläubigen, die erfüllt werden musste. Deshalb würden er und sein Freund Kalle neues humanistisches Gedankengut entwickeln, das der Gebetsmühle als Hintergrundkraft dienen würde.
    »Einen Gott brauchen wir wahrscheinlich gar nicht, die bloße Religion dürfte reichen«, sinnierte Kalle.
    Lauri pflichtete ihm bei, auch er hielt es für überflüssig, extra einen Gott zu erfinden. Jeder sollte sich seinen eigenen Gott schaffen. Über entsprechendes Ausgangsmaterial verfügte die Menschheit ja in reichlichem Maße.
    »Und einen Teufel müssen wir auch nicht haben«, konstatierte der Chefingenieur, der in jungen Jahren Maschinenbau in Manchester studiert hatte.
    »Stimmt, und Beelzebub ebenfalls nicht«, ergänzte Kalle.
    Sie einigten sich mit den Ingenieuren darauf, die Verhandlungen am nächsten Tag fortzusetzen. Kalle und Lauri versprachen, dann ihren endgültigen Vorschlag für den Verkauf der Rechte und die
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