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Die Woll-Lust der Maria Dolors - Roman

Die Woll-Lust der Maria Dolors - Roman

Titel: Die Woll-Lust der Maria Dolors - Roman
Autoren: Blanca Busquets
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ihn auch, dass ich eine neue Arbeit finde, denn ich weiß wirklich nicht, was ich jetzt tun soll, ich habe arg zu knapsen, Senyora Dolors, aber bevor ich Ihre Töchter fragen kann, muss ich noch ein bisschen warten, denn sie betrauern ja noch Ihren Tod, und da gehört es sich nicht, sie mit so was zu belästigen.
    Legen Sie bei Gott, unserem Herrn, ein gutes Wort für mich ein. Sagen Sie ihm, dass ich immer ein guter Mensch war, eine liebevolle Ehefrau und treusorgende Mutter, und dass ich immer viel und gut gearbeitet habe, bei den anderen Herrschaften und bei Ihnen. Und erinnern Sie ihn daran, dass ich Ihnen vergeben habe, und das ganz ohne Gegenleistung. Sagen Sie das dem lieben Gott, bitte, Senyora Dolors, Sie sind ja jetzt bei ihm. Und, vor allem, erzählen Sie ihm, dass ich Ihnen nichts, aber auch gar nichts nachtrage.
     
    Bloß weil sie einen knackigen Po haben und Holz vor der Hütte und das ganze Leben noch vor sich, meinen sie wohl, sie könnten uns nach ihrer Pfeife tanzen lassen   … Scheiße aber auch, die Kleine hat mir völlig den Kopf verdreht, dieses durchtriebene Gör, beim bloßen Gedanken an sie kriege ich immer noch einen Ständer. Zwar versuche ich, mich mit den Bildern aus dem Internet abzulenken, doch es nützt nicht viel, ich sehe sie ständig vor mir, Tag und Nacht, überall, wir hatten eine so heiße Zeit miteinander. Mir will einfach nicht in den Schädel, warum sie sich einen anderen gesucht hat. Sicher, meiner ist nicht gerade ein Riese, aber du liebe Zeit, so übel ist er wirklich nicht, und überhaupt: Auf die Größe kommt es nicht an, behaupten die Frauen doch immer. Aber sie kann bestimmt nicht genug davon kriegen, diese Gören sind ja auf der Suche nach immer noch stärkeren Sinnesreizen, es ist nicht zu fassen, dass sie so wenig Einfühlungsvermögen haben, ein Mann ist doch mehr als nur sein dicker Schwanz! Also, weißt du was, Schätzchen? Dann such dir doch einen Schwarzen, die haben einen besonders großen, heißt es – was nicht stimmt,denn irgendwann habe ich in der Umkleide vom Fitnessstudio mal drauf geachtet, da hing er zwar schlaff runter, aber um größer zu werden als meiner, hätte man ihn sehr, aber wirklich sehr stimulieren müssen.
    Keine Ahnung, was du darüber denken würdest, Dolors, wenn du mich noch hören könntest, zum Glück bist du mausetot. Das war übrigens auch echt an der Zeit, ich weiß ja nicht, wie lange wir so eine klapprige alte Schachtel wie dich noch hätten durchfüttern sollen, denn seien wir doch mal ehrlich, nach dem Schlaganfall warst du doch nur noch ein Krüppel. Taub und stumm und tatterig, sag mir mal, wozu du noch gut warst, so wie du da den ganzen Tag in deinem Sessel im Wohnzimmer gesessen hast. Ich bin wirklich kein Unmensch, aber gerade du, die du angeblich was von Philosophie verstehst, musst mir doch zustimmen, dass jemand sich besser von dieser Welt verabschiedet, wenn er nur noch so dahinvegetiert. Für die Angehörigen ist das nämlich eine ganz schöne Zumutung   … Nicht, dass du mich jetzt missverstehst, ich will damit auf keinen Fall sagen, dass du nichts mehr wert warst, ein Mensch bleibt natürlich immer ein Mensch, du verstehst schon, was ich meine, oder? Na, vielleicht ja auch nicht, aber das ist auch egal, Jofre, Jofre, du hast echt einen an der Waffel, redest mit einer Toten und fragst sie auch noch nach ihrer Meinung! Eine Tote, die zudem noch stumm, taub und blind ist. Ah, nein, blind warst du ja nicht   …
    Aber wenn wir schon mal dabei sind: Jetzt kann ich dir ja sagen, dass ich dir das mit deinem Philosophie- und Literaturstudium nie abgenommen habe. Als Leonor mir seinerzeit sagte, stell dir vor, meine Mutter hat heimlich studiert, da habe ich nichts gesagt, weil sie so glücklichwirkte. Aber ich habe mir damals schon gedacht, wer weiß, was ihre Mutter unter einem Studium versteht, dazu hätte sie ja jeden Tag zur Uni gehen müssen, und das wäre sicher aufgeflogen, wahrscheinlich hat sie vormittags eins dieser Hausfrauendiplome erworben. Als ich dich dann kennenlernte, tatest du so, als wüsstest du über alles Bescheid, und wolltest meine Ansichten über dies und das erfahren. Aber die Tour zieht bei mir nicht, o nein, ich hab dich gleich durchschaut und begriffen, wie der Hase läuft: Du wolltest mich bloß aushorchen, damit du hinterher die gegenteilige Meinung haben kannst.
    Du bist   … ähm, du warst nämlich wie deine Tochter, Dolors. Nein, nein, ich spreche nicht von Leonor, wir wissen
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