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Die Woll-Lust der Maria Dolors - Roman

Die Woll-Lust der Maria Dolors - Roman

Titel: Die Woll-Lust der Maria Dolors - Roman
Autoren: Blanca Busquets
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und Eduard heiraten würdest, was du dann auch sofort in die Tat umgesetzt hättest, keine zwei Monate hättet ihr gewartet. Doch ich wusste, dass es nicht wahr war, dass sie mich nicht liebt, sagte Antoni zum Schluss und schenkte sich noch mal Sekt nach, nie hätte ich das von Dolors gedacht, dass sie diesen Schnösel heiratet, weil er reich ist, aber sie wollte nicht darüber reden, sie sagte, sie hätte einen Fehler gemacht, und basta.
    Später, auf der Rückfahrt nach Madrid, habe ich mit Eli dann eins und eins zusammengezählt. Und das Ergebnis meiner Überlegungen führte mich zu einer einzigenSchlussfolgerung, Mama. Und Eli ebenfalls. Sie sah mich an und sagte: Ihr seht euch unheimlich ähnlich.
    Mein Vater wusste nicht, dass er mein Vater war. Wahrscheinlich hast du ihm erzählt, ich sei ein Jahr jünger. Oder zumindest ein paar Monate. Und ich hatte jemanden Papa genannt, den ich nicht leiden konnte, ja schlimmer noch, der mich nicht leiden konnte. Mich vielleicht ja sogar gehasst hatte. Damals verstand ich endlich, warum das so war, und auch, dass du das Opfer, einen Mann zu heiraten, den du nicht liebtest, für mich gebracht hast. Da schwor ich mir, dein Geheimnis für mich zu behalten, und nahm auch Eli das Versprechen ab, Stillschweigen darüber zu bewahren. Als sie mich fragte, warum ich nicht mit dir darüber sprechen wolle, antwortete ich ihr, mir komme es so vor, als wärst du froh darüber, dass ich von diesem großen Opfer nichts wusste, weshalb ich dein Schweigen respektieren wolle.
    Töchterliche Liebe konnte ich Antoni nicht entgegenbringen. Dazu war es zu spät, aber ich hätte ihn ehrlich lieben können, Mama, denn er wäre mir ein guter Vater gewesen, das merkte ich gleich, als ich ihn kennenlernte. Ich glaube, ich habe mich verplappert, sag Dolors nicht, dass ich dir das alles erzählt habe, versprichst du mir das?, hatte er mich an jenem Abend noch gebeten.
    Manche Dinge ahnt man, andere hingegen liegen klar auf der Hand. Dass Jofre ein Arschloch ist, habe ich ziemlich bald gesehen, aber da war es schon zu spät, denn Leonor war hoffnungslos in ihn verschossen, und es hätte nichts genutzt, sie vor ihm zu warnen. Ich habe eine Schwester, die leider eine echt dumme Gans ist; wenn einer sie nur anlächelt, ist sie ihm gleich verfallen. Was du nicht weißt, Mama, ist, dass ich mich einmal von diesem Mistkerl hab verführen lassen,keine Ahnung, warum, vielleicht, weil er mich mit seinem Gequatsche über Philosophen geblendet hat, die damals groß in Mode waren. Nach ein paar Joints landeten wir jedenfalls in meiner Wohnung auf dem Sofa und machten Sachen, die ich nur ein Mal mit einem Mann gemacht hatte, in meiner Sturm-und-Drang-Zeit, bevor mir aufging, dass ich Frauen liebe. Hinterher meinte er dann zu mir, ich sei die Frau seines Lebens, worauf ich ihm natürlich antwortete, ich sei lesbisch und das sei nur ein dummer einmaliger Ausrutscher gewesen. Selbstverliebt, wie er ist, glaubte er es natürlich nicht. Als ich herausfand, dass er Leonor nur benutzte, um mich eifersüchtig zu machen, habe ich ihn zur Rede gestellt und ihm gesagt, er solle sie in Ruhe lassen, worauf er mit einem hämischen Grinsen meinte, das würde er ganz bestimmt nur tun, wenn ich zu ihm zurückkäme. Feige, wie ich war, bat ich meine Partei, nach Madrid gehen zu dürfen. Ich wollte nicht mitkriegen, wie er sie sitzenließ, wenn ihm aufging, wie absurd sein Ansinnen war. Doch zu meiner Überraschung tat er es nicht. Der Aufschneider ist nämlich leicht zu durchschauen, weshalb sich keine andere Frau ernsthaft für ihn interessierte, nur Leonor schenkte ihm Beachtung, und das nicht zu knapp. Sie tat einfach alles, um ihn an sich zu binden, und als sie ihn dann so weit hatte, dass er sie heiratete, da habe ich ihn gewarnt, er solle ihr bloß nie sagen, was zwischen uns passiert war, denn ich wollte nicht, dass die arme Leonor irgendwann erfährt, dass sie nichts weiter war als ein Trostpreis.
    Da siehst du es, Mama, alle haben wir unsere Geheimnisse. Geheimnisse, die uns als Boot auf dem Fluss des Lebens dienen und verhindern, dass wir untergehen. Solche Geheimnisse wie meins oder deins mit Antoni, von dem dugedacht hast, dass du es mit ins Grab nimmst. Und sicher hast du noch das eine oder andere Geheimnis mehr gehabt, ganz bestimmt, denn in den letzten Monaten deines Lebens, in deinem Sessel in Leonors Wohnzimmer, hast du noch oft gelacht. Du allein weißt, warum.
     
    Ach, Oma, ich weiß, dass es dich sehr bedrückt
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