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Die Witwen von Paradise Bay - Roman

Die Witwen von Paradise Bay - Roman

Titel: Die Witwen von Paradise Bay - Roman
Autoren: Random House
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Brautgeschäft in St. John’s, bis Sade ein Kleid fand, das ihrer Vision am nächsten kam und von meiner Mutter so umgeändert wurde, dass es dem Traumbild exakt entsprach. Das alte Kleid hatte mir viel besser gefallen, aber wollte ich es wagen, das Schicksal herauszufordern? Ich war nur dankbar, dass Howie vor Sades geistigem Auge erschienen war, sonst hätte meine Mutter am Ende die ganze Hochzeit abgeblasen.
    Ich weiß noch, wie meine kleine geschmückte Hand in Howies festem Griff verschwand, während Tanten und Onkel, Cousins, Cousinen und Freunde uns umringten und beglückwünschten. Ich erinnere mich auch gut, wie bewundernd ich auf das attraktive Profil meines Ehemanns geschaut habe, als ihm mein Vater etwas ins Ohr sagte und Howie dazu nickte. Ich hatte gehofft, dass es dabei um mich ginge und Dad zu Howie sagte, er solle gut auf sein kleines Mädchen achtgeben. Doch wahrscheinlich hatte mein Vater Howie bloß einen praktischen Rat gegeben, ihm den Weg zu unserem Hotel in St. John’s erklärt und ihn gedrängt, rechtzeitig am Flughafen zu sein.
    Als sich Quentin in die Dusche schleppt, erwache ich aus meinen Tagträumen und quäle mich aus dem Bett. Die Hoffnung, Howie zu entgehen, ist dahin. Quentin hat diesen Monat schon zwei Verweise wegen Zuspätkommens erhalten und muss pünktlich zur Schule. Ich schaue auf den Wecker, das LED -Display verkündet 7.23 Uhr. Meine Trägheit schlägt um in Hektik.
    Als ich auf der Suche nach einem Kaffee die Küche betrete, sitzt Howie mit der Zeitung am Tisch und trinkt Orangensaft. Er schaut kurz auf, würdigt mein Erscheinen darüber hinaus aber nicht. Weder wünscht er einen guten Morgen noch fragt er, ob ich gut geschlafen oder das Gewitter gehört hätte, und ich frage ihn umgekehrt auch nicht.
    Howies Haar ist an den Schläfen noch feucht von Dusche und Rasur. Wenn ich die Arme um seine Schultern legen und seinen Hals küssen würde, würde mich der Duft seines Aftershaves, eine hölzerne Note, gepaart mit der Frische eines nahenden Regenschauers, umfangen, aber es ist so lange her, dass ich mein Gesicht in seinem Hals vergraben habe, dass mich schon der bloße Gedanke gruselt.
    Howie trägt einen dunkelblauen Anzug mit einem strahlend weißen Hemd, frisch aus der Reinigung, dazu eine Krawatte mit Segelbootmuster – so wie man sie wohl in Yachtclubs trägt, sofern man nicht auf dem Wasser ist. Dabei hat Howie keine Ahnung vom Segeln. Mir kommt mein gelbes T-Shirt in den Sinn, das ganz hinten in einer Schublade liegt und auf dem »Surf Hawaii« steht, obwohl ich weder jemals in Hawaii gewesen noch jemals gesurft bin. Ich hatte es gekauft, weil ich geglaubt hatte, die Farbe würde gut zu meinem blonden Haar und der gebräunten Haut passen, und der Spruch hatte mir ein Gefühl von jugendlicher Beschwingtheit vermittelt. Aber als ich es zum ersten Mal trug, schaute Howie mich so skeptisch an, dass ich das T-Shirt peinlich berührt versteckte und nie wieder anrührte.
    Warum es mir wichtig ist, dass ihm meine T-Shirts gefallen, weiß ich auch nicht. Es ist einfach so. Jedenfalls widerstehe ich in diesem Moment der Versuchung, ihn einen Heuchler zu nennen. Nicht, weil ich keine Lust auf einen kleinen Streit hätte, sondern weil er gar nicht wüsste, worauf ich anspiele. Er hat die Sache mit dem T-Shirt sicher längst vergessen, wie all die anderen verletzenden Kommentare und Blicke auch.
    Segelboote hin oder her, zumindest schaut Howie manierlich aus. Mir dagegen sieht man an, dass ich gerade aus dem Bett gekrochen bin. Mein Haar ist knotig und zu einem provisorischen Pferdeschwanz zusammengebunden, die Zähne sind noch nicht geputzt, und auf dem Ärmel meines verblassten blauen Bademantels prangen Kaffee- und Erdbeermarmeladeflecken.
    Ich schütte mir eine Tasse lauwarmen Kaffee ein und greife nach Quentins Rucksack, der an einer Stuhllehne hängt. Ich stecke einen Zehndollarschein für das Mensaessen hinein und entdecke dabei ein Päckchen Zigaretten im Matheordner.
    Schnell entsorgen, bevor das Howie merkt! Damit es gar nicht erst zu einem Konflikt zwischen meinem Mann und meinem Sohn kommt, ziehe ich die Zigaretten also vorsichtig aus der Tasche, werfe sie in den Müll und bedecke sie mit einer Einladung zum nächsten Elternausschusstreffen. Eine verantwortungsbewusstere Mutter hätte ihren Sohn sicher zur Rede gestellt, ihm einen Vortrag über die schädlichen Folgen des Rauchens gehalten und ihn generell vor den Gefahren der Sucht gewarnt, aber Quentin würde
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