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Die Witwen von Paradise Bay - Roman

Die Witwen von Paradise Bay - Roman

Titel: Die Witwen von Paradise Bay - Roman
Autoren: Random House
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sowieso nicht auf mich hören. Er würde bloß seufzen und mir sagen, dass ich ihm das alles schon hundertmal gesagt hätte, was stimmt, er würde schwören, dass das nicht seine Zigaretten seien, und sich dann mit dem Geld fürs Mittagessen eine neue Schachtel kaufen. Ich hätte mich mit vierzehn genauso verhalten – um nicht zu sagen, ich habe mich genauso verhalten. Ich schaue verstohlen zu Howie und versuche, mir meinen Mann in den Wirren und Qualen jener Jahre vorzustellen, als rebellischen Teenager. Allein die Idee, er hätte irgendetwas getan, was er nicht tun sollte, ist so absurd, dass ich beinahe lachen muss. Man kann mit ihm überhaupt nichts Wildes oder Verrücktes mehr anstellen, so wie damals, bei unserer ersten Begegnung.
    Gewissermaßen zur Bestätigung faltet er seine Serviette zu einem perfekten Viereck und legt sie auf seinen Teller mit dem halb gegessenen Rührei, um zu demonstrieren, dass er fertig ist. Diese Geste – wie ein Punkt am Ende eines Satzes – macht mich wahnsinnig. Howies Tellerrand ist mit Ketchup verschmiert, denn seine jüngste Obsession in Sachen Gesundheit, ein verzweifelter Versuch zur Rettung seiner Prostata, konzentriert sich auf Tomatiges. Neuerdings isst Howie Tomaten in allen Varianten und Sorten – als Ochsenherz, Strauchtomate, Kirschtomate, als Eiertomate, Cocktailtomate, Wildtomate. Ständig schlürft er Tomatensaft, und auf fast alles schüttet er Ketchup. Wann ist er eigentlich so alt geworden? Uns trennen bloß zwölf Jahre, doch manchmal kommt es mir vor wie fünfundzwanzig.
    »Ich muss los«, verkündet Howie und wirft sich sein Jackett über. Zwischen seinen Schneidezähnen hängt ein kleiner Essensrest, aber ich mache ihn nicht darauf aufmerksam. Irgendjemand wird es ihm wohl sagen, oder er bemerkt es selbst. Ich habe deswegen zwar ein schlechtes Gewissen, aber ich finde es auch beruhigend, dass Howie nicht so perfekt hergerichtet ist, wie er glaubt.
    »Denk daran, ich komme heute früh nach Hause«, schärft er mir nochmals ein. »Quentin bleibt bei Jake, wir sind also allein. Wir müssen dringend reden, Priss.«
    »Ja doch«, raunze ich zurück und seufze. »Du hast es mir schon zig Mal gesagt«, füge ich etwas ruhiger hinzu.
    Er stellt sein leeres Glas, in dem noch Fruchtfleischreste kleben, in die Spüle. Ich bitte ihn schon lange nicht mehr, das Glas auszuspülen, damit ich das eingetrocknete Fruchtfleisch nicht immer mit den Fingernägeln abkratzen muss, wie ich ihn auch schon lange nicht mehr bitte, seine dreckigen Sachen doch in den Wäschekorb zu legen oder seine Handtücher zum Trocknen aufzuhängen. Er hört eh nicht hin. Ich seufze laut, verdrehe die Augen und wasche selbst das Glas mit unnötigem Kraftaufwand aus. Howie ignoriert meine übertriebene Aktivität, und mein schlechtes Gewissen wegen des verschwiegenen Essensrestes weicht der Schadenfreude.
    Dann schiebt er seine breiten Schultern durch den schmalen Durchgang zur Küche. Noch bevor Howie an der Haustür ist, suche ich im Geiste bereits nach der passenden Ausrede für das abendliche Rumgefummel. Ich bin eine regelrechte Expertin im Vermeiden von Sex geworden, und Hinweise auf Probleme im Intimbereich haben sich dabei am besten bewährt. Kopfschmerzen, Erkältungen oder andere allgemeine Krankheiten bewirken nichts, aber die kleinste Andeutung einer Pilzinfektion macht allen Avancen ein rasches Ende.
    Oft lüge ich auch schamlos und behaupte, ich hätte meine Tage, weil Howie das Thema so peinlich ist. Ich muss nur das Wort Periode erwähnen, und schon wird er rot. Manchmal kann ich mir selbst die Worte sparen. Dann reicht es, eine Schachtel besonders saugfähiger Maxi-Binden ins Badezimmer zu legen, um Howie für mindestens anderthalb Wochen auf Abstand zu halten. Und jedes Mal, wenn ich Zahnpasta, Shampoo, Seife oder Aspirin kaufe, suche ich zugleich nach Antipilzmitteln und Intimwaschlotionen für die Badezimmerablage. Die Kassiererin fragt sich sicher auch, wieso ich da unten ständig Probleme habe.
    Letztes Jahr hatte ich Howie an seinem Geburtstag mit aufregenden Dessous überraschen wollen, die ich spontan in Paradise Bay gekauft hatte. Aber als ich mich abends im Badezimmer umgezogen hatte, wirkten meine Brüste schief, Cellulitis und Schwangerschaftsstreifen traten erst richtig hervor, und außerdem endete das Höschen genau über einem schwellenden großen Pickel auf meinem Po. Die beleidigend unvorteilhaften Dessous wanderten zusammengeknüllt in meine
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