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Die wilde Jagd - Roman

Die wilde Jagd - Roman

Titel: Die wilde Jagd - Roman
Autoren: Heyne
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Schnauzbärtige versuchte, vor seinen Männern das Gesicht zu wahren. Es drängte Gair zu einer spitzen Erwiderung, doch er hielt seine Zunge im Zaum. Wenn er den Mann nun hänselte, würde er ihn nur reizen, und noch bestand eine gewisse Hoffnung darauf, dass die Lage nicht außer Kontrolle geriet. Zugleich schadete es nichts, auf den schlimmsten Fall vorbereitet zu sein. Er holte tief Luft, atmete langsam aus und nahm eine der Positionen ein, die er aus seinen Übungskämpfen kannte.
    »Lasst die Schwestern ziehen«, sagte er.
    Der Gimraeli höhnte: »Ich nehme keine Befehle von Ungläubigen aus dem Norden entgegen. Ich bin nur Silnor allein verantwortlich!«
    Gair öffnete sich für den Sang. Die Kraft summte an seinen Nervensträngen entlang und verursachte ein Prickeln. Sofort wurden seine Sinne beinahe schmerzhaft geschärft. Er nahm das Gewebe der Kleidung auf seiner Haut wahr, roch das frisch gebackene Brot in der Morgenluft und das warme Pferd unter sich. Neben ihm betete eine der Nonnen in drängendem Flüsterton um Schutz zur Göttin, und er hörte jedes Wort so klar und deutlich, als ob er neben ihr kniete.
    »Lasst die Schwestern ziehen«, sagte er noch einmal, »dann gehen wir alle unverletzt auseinander.«
    »Und was ist, wenn ich mich weigere?«
    Gair verzog die Lippen zu einem unerwarteten, wilden Lächeln. »Dann werden wir nicht unverletzt auseinandergehen.«
    Der Schnauzbärtige knurrte etwas in seiner eigenen Sprache, und die Krieger hinter ihm schwärmten aus. »Mach Platz, Kirchenbube, oder du wirst hier sterben!«
    Als die Krieger mit den gelben Schärpen ausschwärmten, konn te Gair sie nicht mehr gleichzeitig im Auge behalten. Wenn einer oder gar mehrere hinter ihn gelangten, wäre er erledigt, aber es war ihm inzwischen gleichgültig. Zusammen mit dem Sang blubberte auch ein wenig Wahnsinn durch seine Adern.
    Er hielt den Qatan an seine Lippen und küsste die Klinge, so wie es die Ritter in seinen Kinderbüchern getan hatten, wenn sie sich selbst den Segen spendeten. Sein Blut sang. »Dann sei es so.«
    Der Schnauzbärtige fuchtelte mit seinem Schwert herum und bellte ein weiteres Kommando, auf das die zwei äußeren Kämpfer losrannten. Gair warf einen Schild über die Nonnen und trieb Shahe auf die beiden Krieger zu, die sich ihm am nächsten befanden, denn schließlich konnte er nicht alle gleichzeitig angreifen. Es war wieder einmal Zeit zu kämpfen.
    Die Stute rammte den ersten Mann mit der Flanke und brachte ihn zu Fall. Gair schwang sein Schwert gegen den anderen und erwischte den Gimraeli am Hals. Es machte ein schreckliches Geräusch. Der Mann stürzte ohne einen Laut zu Boden.
    Gair zog seine Klinge frei, wendete Shahe und hielt auf den ersten Kultisten zu, der langsam wieder zu sich kam. Er parierte Gairs Hieb einmal, zweimal und war so schnell wie ein Tänzer wieder auf den Beinen. Seine Klinge stahl sich unter Gairs Verteidigung hindurch, und nur Shahes Kampferfahrung ersparte ihr eine Verletzung. Die Stute wich plötzlich zur Seite und schnappte nach dem Gimraeli. Als dieser ihr aus dem Weg sprang, verwandelte Gair seinen zu hohen Abwehrschlag in eine Bewegung, die dem anderen Mann den Brustkorb bis auf die Knochen aufschlitzte.
    Die Schreie des Gimraeli erregten die Aufmerksamkeit einiger Personen, die am Rand der Menge auf der anderen Seite des Brunnens standen. Einige von ihnen tauschten rasche Blicke und kamen über den Platz auf Gair zu, aber er hatte keine Zeit für sie. Zwei weitere Krieger mit gelben Schärpen von den Vieren, die der Schnauzbärtige gegen ihn ausgesandt hatte, waren noch auf den Beinen.
    Sie hatten sich getrennt, um ihn von beiden Flanken her anzugreifen. Sie waren so weit voneinander entfernt, dass sie sich nicht im Weg waren, und zugleich so nahe beieinander, dass er den einen nicht angreifen konnte, ohne sich oder sein Pferd dem anderen schutzlos auszusetzen. Er fluchte leise, lenkte Shahe einige Schritte nach links, dann nach rechts in dem Versuch, beide Schwertkämpfer im Blick zu behalten. Hinter ihm beteten die Nonnen inbrünstig, und er hoffte, dass ihre Gebete erhört wurden. Ein wenig göttliche Hilfe wäre nicht verkehrt. Die Zeit lief ihnen davon.
    Nun wurden sie von weiteren Personen beobachtet; ein Kreis bildete sich um die Kämpfenden. Gesichter wandten sich ihnen zu, Arme deuteten aus der Menge auf sie. Wirbelnde Bewegungen am Rande von Gairs Blickfeld erregten immer wieder seine Aufmerksamkeit. Er wagte es nicht, die herannahenden
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