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Die widerspenstige Braut

Die widerspenstige Braut

Titel: Die widerspenstige Braut
Autoren: Christina Dodd
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armselige Hütte, von der sie befürchtet hatte, dass in ihr das Vieh zusammen mit sechs Kindern und einem scheußlichen Colonel untergebracht waren?
    »So, bitte sehr, Miss.« Clarinda stellte das Tablett über Samanthas Schoß und nahm die silberne runde Haube ab. Dampf stieg auf von goldgelben Rühreiern, leckeren Würstchen, Buttergebäck, einer Schale Hafergrütze mit einer dicken Schicht Honig und einer gedämpften Birne, die mit Zimt bestreut war.
    »Der Koch wusste nicht, was Sie gern essen, also hat er ‘n bisschen von allem gemacht.«
    »Es sieht wundervoll aus.« Samantha holte tief Luft und stellte fest, dass sie zum ersten Mal, seit sie London verlassen hatte, hungrig war.
    Clarinda schenkte ihr Tee ein. »Ah, ist ‘n wunderschöner Tag, Miss.«
    Samantha sah, dass draußen die Sonne strahlend schien. Die Äste großer grüner Bäume schlugen gegen ihr Fenster, und durch die Äste konnte sie den Himmel sehen, der so blau war, dass es geradezu die Augen schmerzte. Keine Wolke trübte den grellen Sonnenschein.
    Clarinda ging zu dem altertümlichen Kamin und legte einige Scheite ins Feuer. »Die Männer ham gestern Nacht Ihren Schrankkoffer von der Straße geholt.« Clarinda streichelte den schwarzlackierten hölzernen Kasten mit den Lederriemen und dem schweren Schloss. Unter ihrer Spitzenhaube sprangen einige braune Locken hervor, und ihre braunen Augen blitzten vor Neugier. »Soll ich ihn auspacken?«
    »Ja. Wenn du möchtest. Der Schlüssel ist . .« Wo war ihr Täschchen?
    »Hier, Miss.« Clarinda nahm den schwarzen Samtbeutel von der Frisierkommode.
    »Ja, vielen Dank.« Samantha streckte ihre Hand aus und war dankbar dafür, dass sie ihn nicht verloren hatte.
    Sie überlegte, ob die ganze Episode der vergangenen Nacht nur eine Halluzination gewesen war. Das Wandern in der Dunkelheit. Dieser Mann, der durch die Büsche brach. Der ihr, als sie gerade erleichtert sein wollte über ihre Rettung durch einen Gentleman, bellende Fragen wie ein Anwalt gestellt und einfach ihren Beutel durchsucht hatte.
    In Ordnung. Er hatte ihn nicht behalten. Aber er war weggeritten, ohne ihr auch nur die kleinste Hilfe anzubieten. Was für ein ungezogener Kerl!
    Obgleich … also, die Kutsche war ja nun wirklich im günstigsten Moment aufgetaucht.
    Es schien alles zu fantastisch, um wirklich zu sein, außer dass ihr die Füße schmerzten. Nie würde sie den Schock vergessen, als sie aus der Kutsche gestiegen und das Herrenhaus gesehen hatte, das Silvermere war. Das großzügige, vierstöckige Gebäude erhob sich massig in der Dunkelheit über der Kutschentür.
    Die Fenster aller Stockwerke waren erleuchtet. Die breiten Doppeltüren standen offen, und Mrs. Shelbourn, die würdevolle ältere Haushälterin, winkte sie herein. »Beeilen Sie sich, meine Liebe, eine warme Mahlzeit wartet auf Sie.«
    Samantha hatte nicht viel davon hinunterbringen können, aber dieses Essen füllte die Lücken auf angenehmste Weise. Sie beendete ihr Frühstück, schenkte sich den Rest des Tees ein und schlüpfte aus dem Bett. Sie ging über den Teppich bis zu seiner Fransenkante und dann auf Zehenspitzen über den kalten Holzfußboden zum Fenster.
    Sie blickte hinaus auf einen Park, der aus weiten Rasenflächen, riesigen alten Bäumen, so hoch, dass sie die Spitzen nicht sehen konnte, hier und da einer Gartenlaube und Beeten mit blühenden Blumen komponiert war. Seitlich befanden sich beschnittene Büsche, die die Gestalt von Löwen und Vögeln hatten. Das Gelände war wunderschön, und was noch wichtiger war … »Ich kann die Berge von hier aus nicht sehen.«
    »Nein, Miss, aber sie sind da. Die Berge umgeben Silvermere wie liebevolle Arme. Schön sind sie.«
    »Hm.« Samantha stellte sich mit dem Rücken zu der Aussicht. »Hat dieser Sturm Regen gebracht?«
    »Das war’n großes Gewitter mit Blitzen über allen Bergspitzen und Regen, der die Bäche gefüllt hat.« Clarinda lächelte sie an, und tiefe Grübchen erschienen auf ihren glatten rosigen Wangen. »Sie müssen schrecklich müde gewesen sein, wenn Sie das nicht um den Schlaf gebracht hat. Wenn Sie sich angekleidet ham, würd’ Colonel Gregory gern mit Ihnen reden.«
    »Ja. Natürlich. Wie er wünscht.« Würde Colonel Gregory eine genauso große Überraschung sein wie sein Heim? Gewiss, Samantha erwartete nicht länger einen grauhaarigen, abgehärteten Krieger. Wer auch immer hier lebte, musste einen gewissen Sinn für Kultur haben, obgleich er jahrelang die Einöden von Indien
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