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Die widerspenstige Braut

Die widerspenstige Braut

Titel: Die widerspenstige Braut
Autoren: Christina Dodd
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ihn ein versteckter Riese eingeatmet. Abenddämmerung senkte sich in die Waldschneisen und Bodensenken.
    Sie bekam Seitenstechen, verlangsamte ihre Schritte und presste ihre Hand an ihr Korsett.
    Eigentlich sollte jeder anständige Wolf sich weigern, sie zu verspeisen. Sie war inzwischen seit gut vier Tagen unterwegs – zwei Tage im Zug, eine kurze Nacht in einem Gasthof in York, dann zwei Tage in der Kutsche. Ihre Augen brannten aus Schlafmangel, ihr Kleid aus robustem braunem Kammgarn sah bemitleidenswert aus, und ihre Füße … Sie machte eine Pause und lehnte sich an einen Baum. »Meine Füße tun mir weh.«
    Was aber überhaupt keine Rolle mehr spielte, als sie ein Krachen im Unterholz hörte. Sie versuchte nicht einmal, festzustellen, was das für ein Geräusch war oder woher es kam. Sie rannte nur weg.
    Ein Tier galoppierte direkt vor ihr auf die Straße und zwang sie, stehen zu bleiben.
    »Verdammter Mist!« Bevor sie sich umwenden und in die andere Richtung hasten konnte, ergriff eine Männerhand sie am Kragen, und eine tiefe Stimme donnerte: »Halt! Was tun Sie hier?«
    Ein Pferd. Ein Pferd und ein Reiter.
    Sie konnte vor Erleichterung kaum sprechen. »Ich versuche, nach Silvermere zu kommen.«
    »Silvermere? Wozu?«
    Erst in dieser Minute realisierte sie, dass er sie am Kragen hatte. Dieser Mann hatte sie am Schlafittchen gepackt, als sei sie ein junger Hund. Sie tastete nach seinem Handgelenk und wirbelte herum, um ihn da oben auf seinem Pferd begutachten zu können. »Wer sind Sie, dass Sie mir eine so unhöfliche Frage stellen?«
    Sie beantwortete sich ihre Frage selber.
Ein großer, kräftiger,
gut aussehender Mann.
Sie konnte keine Einzelheiten erkennen, weil die Dämmerung inzwischen zu stark war, aber was sie erkennen konnte, sah fabelhaft aus. Gesundes, dunkles Haar, das ordentlich geschnitten war und sein Gesicht und seine Ohren frei gab. Markante Wangenknochen mit interessanten Vertiefungen darunter. Ein kantiges Kinn, entschlossen hervorgereckt. Eine dünne Nase. Eine lange Nase. Einige würden sagen, eine große Nase, aber eine, die gut in diese Gesichtslandschaft aus Hügeln und Tälern passte.
    Und was möglicherweise noch besser war, er verfügte über ein Paar sehr ansehnliche breite Schultern, über eine schmale Taille und offensichtlich starke Arme. Das Handgelenk unter ihrer Hand fühlte sich straff und sehnig an und ließ sich von ihrer Hand nicht umschließen. Und schon gar nicht entfernen.
    Allerdings konnte sie seine Augen nicht sehen, und deswegen konnte sie nicht erkennen, was er im Sinn hatte. Außer natürlich, dass er feindselig war.
    Man sollte denken, dass er, nachdem er gesehen hatte, dass es sich bei ihr um eine schlanke junge Frau handelte, seinen Griff gelockert hätte, aber stattdessen verstärkte er ihn. »Antworten Sie mir. Wer sind Sie, und warum wollen Sie nach Silvermere?«
    Ihre anfängliche Erleichterung, dass es sich bei ihm um einen Mann und nicht um einen Wolf oder ein Ungeheuer handelte, verflüchtigte sich. Er hatte sie so nah an sich gezogen, dass sie die Wärme seines Pferdes spüren und seinen Schweiß riechen konnte. Die unmittelbare Nähe der scharrenden Hufe weckte in ihr das Bedürfnis zurückzuweichen, und als er diese Kreatur noch näher auf sie zubewegte, gab sie einen schrillen Schrei von sich. »Würden Sie wohl aufhören? Das Tier zertrampelt mich gleich.«
    »Stehen Sie still, und es wird Ihnen nichts passieren.«
    Sie erinnerte sich nur zu gut an den Tonfall eines Constables, wenn er einen Dieb schnappte, und dieser Kerl hatte genau diesen Ton am Leib. Hart. Herablassend. Unnachgiebig.
    »Ich bin Miss Samantha Prendregast, und ich bin die neue Gouvernante.« Sie hatte ihn
nicht
gefragt, ob sie in dieser Gegend ihr Vieh im Haus hielten. Niemand könnte behaupten, dass sie nicht aus ihren Fehlern lernte.
    Der Kerl ließ ihren Kragen los.
    Sie gab einen Seufzer der Erleichterung von sich und strich ihr Kleid glatt. »Das ist schon besser. Und jetzt – wer sind
Sie,
und wieso reiten Sie hier entlang und ergreifen junge Frauen beim .. «
    Er beugte sich vor und nahm ihr das Damentäschchen vom Arm.
    Sie grapschte danach.
    Er hielt es aus ihrer Reichweite.
    »Was tun Sie da?«, rief sie. Sie
wusste,
was er da tat; sie konnte es nur schlicht nicht glauben. Was für eine Ironie, dass ausgerechnet ihr die Geldbörse gestohlen wurde, kaum dass sie die Stadt verlassen hatte.
    Er betastete den weichen schwarzen Samt von außen, dann brachte er den Inhalt
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