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Die widerspenstige Braut

Die widerspenstige Braut

Titel: Die widerspenstige Braut
Autoren: Christina Dodd
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gewitzten Verstand ihrer Patronin hinter der sanften Stimme und dem sehr weiblichen Körper kennen gelernt. Das Schlimmste des Verhörs war überstanden.
    Jetzt musste sie den Konsequenzen entgegensehen.
    Und sie wusste, wie man Konsequenzen entgegensah. Das hatte sie gelernt, nicht von Adorna, sondern von ihrem Vater, der ihr mit ihren ersten unsicheren Schritten beigebracht hatte, wie man eine Tasche ausraubte und währenddessen die ganze Zeit liebreizend lächelte.
    »Mr. Wordlaw hatte ein ziemlich blaues Auge, als er hierher kam, um sich zu beschweren«, sagte Adorna.
    Samantha ballte ihre schmalen Hände zu Fäusten.
    Adorna nickte. »Das habe ich mir schon gedacht. Hat er dich angegriffen?«
    »Er hat es versucht. Nachdem seine Frau ausgezogen war.«
    Es war ein kurzes, aber heftiges Gerangel gewesen, und ihr tat noch immer der Arm weh, den er ihr beinahe ausgerenkt hätte. Weder würde sie das Entsetzen zugeben, das dieser Kampf in ihr ausgelöst hatte, noch die häufigen Albträume, die sie seitdem regelmäßig überfielen und von denen sie mit Herzklopfen hochschreckte. »Er ist ein wirklich verabscheuungswürdiger Zwerg.«
    »Er ist über ein Meter achtzig groß. Die meisten Menschen würden das nicht gerade zwergenhaft nennen.«
    »Nicht körperlich, meine ich, sondern vom Charakter her.«
    »Hm. Ja. Sei es, wie es sei, er ist ein geachteter Richter …«
    »Geachtet?«
    »Im Moment jedenfalls noch. Bis ich ein wenig Klatsch verbreiten kann, um das Gegenteil zu erreichen.«
    »Sie sind zu gütig, Mylady.« Samantha faltete ihre Hände in ihrem Schoß und versuchte, demütig auszusehen.
    Offensichtlich gelang ihr das nicht so recht, denn Adornas Stimme wurde schärfer. »Sogar dann, meine liebe junge Missionarin in Sachen Gerechtigkeit, wird es genug Leute geben, die der Überzeugung sind, dass eine Frau ihre ehelichen Gelübde ehren sollte, egal, wie verworfen ihr Ehemann auch ist.«
    »Das sind meistens Männer.«
    »Meistens.« Adorna klopfte mit ihren Fingerspitzen auf den geöffneten Brief vor ihr und musterte Samantha. »Ein Teil des Problems, dich unterzubringen, ist die Tatsache, dass du eine attraktive junge Frau bist.«
    »Vielen Dank, Mylady.« Adorna hatte Samantha viele Dinge gelehrt, unter anderem, das Beste aus ihrem Aussehen zu machen. Die Flechten ihres platinblonden Haares bedeckten Samanthas Ohren und waren in ihrem Nacken zu einem losen Knoten verschlungen. Sie benutzte ihre großen braunen Augen, um zu kokettieren und zu bewundern, gestattete ihnen aber niemals, ihre wache Intelligenz zu zeigen. Sie hatte volle Lippen – zu voll, ihrer Meinung nach, aber Adorna hatte ihr gesagt, dass sie in Männern den Wunsch erwecken würden, sie zu küssen. Das hatte sich als richtig erwiesen, obgleich sie diese Erfahrung lieber vermieden hätte.
    Sie war zu dünn. Sie wusste es. Adorna stimmte ihr da zu.
    Aber irgendwie erregten ihre glatten, kräftigen Schultern, ihre schlanke Gestalt und die Art und Weise, wie sie sich bewegte, Aufmerksamkeit. Mehr Aufmerksamkeit, als ihr lieb war, weil ihr früheres Leben ihr das ungeschminkte Wissen über Männer und Frauen und wie ihre Körper funktionierten, beschert hatte, und Samantha wollte nichts, wirklich gar nichts davon wissen.
    Nichts von dem, was Adorna gesagt hatte, um sie vom Gegenteil zu überzeugen, konnte ihre Meinung diesbezüglich ändern.
    »Das Problem, dich unterzubringen, ist dein früherer Beruf.
    Wenn du nicht eine so berühmte – oder sollte ich lieber sagen berüchtigte – Taschendiebin gewesen wärest, hätten wir es jetzt weniger schwer.«
    Samantha verfiel in die Gossensprache ihrer Jugend. »Sie ham von mir nur gekriegt, was sie wollten, Miss, ‘n kleines Abenteuer, ‘n bisschen Aufregung. Ist nicht meine Schuld, wenn sie damit rumprahlen, dass solche wie ich ihnen ihre Geldbörsen weggeschnappt ham.«
    Adorna lächelte nicht. »Das ist das Problem. Du warst gut gekleidet. Du warst glamourös. Du hast sie in Parkwege gelockt und ausgeraubt, und sie mochten es.«
    Samantha sprach jetzt nicht mehr mit ihrem Cockney-Akzent, sondern wieder das reine Englisch der Oberklasse, das Adorna ihr beigebracht hatte. »Die Männer auf jeden Fall. Die Frauen waren weniger tolerant.«
    »Ich hielt mich für ziemlich tolerant. Ich wollte nicht, dass man dich dafür aufhängt.«
    »Den Grund dafür habe ich nie verstanden.« Samantha war auch nie dahinter gekommen, wie Adorna gemerkt hatte, dass ihre Geldbörse verschwunden war. Aber mit den
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