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Die Weltenspieler - Insignia I: Roman (German Edition)

Die Weltenspieler - Insignia I: Roman (German Edition)

Titel: Die Weltenspieler - Insignia I: Roman (German Edition)
Autoren: S. J. Kincaid
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und starrte den goldenen Adler an. Er war verblüfft darüber, dass er an seinem ersten Tag im Turm geglaubt hatte, der Adler starre ihn an. Damals hatte er so einschüchternd gewirkt. Jetzt aber sah er irgendwie kleiner aus. Vielleicht war er selbst ja auch größer geworden.
    Hinter ihm glitt ein Schatten über den Marmorboden. Als Tom sich umdrehte, begegnete er gelbbraunen Augen und einem Lächeln, das Stahl zum Schmelzen gebracht hätte.
    »Heather.«
    »Glückwunsch, Tom. Ich wusste, dass du es hier zu etwas bringen würdest.«
    »Oh, du meinst die Mittlere?« Verlegen fingerte Tom an seinem neuen Rangabzeichen herum. »Ja, danke.«
    »Nein, ich rede von dieser anderen Sache.« Ihre Augen funkelten, und er wusste, dass sie ihn dazu beglückwünschte, den Gipfel im Kapitol gewonnen zu haben. »Sieht so aus, als würdest du eines Tages bei uns in der CamCo landen.«
    Von der Vorstellung in Ehrfurcht versetzt richtete Tom sich auf und hielt ihrem Blick stand. Es schien wirklich eine sichere Sache zu sein. Marshs Blick auf der Bühne, seine Reaktion, Elliots Freundschaft, und jetzt das hier … Er würde seinen Weg hier machen. Es war bloß eine Frage der Zeit.
    »Gehst du mit deinen Freunden aus?« Heather trat näher zu ihm. »Ich dachte, ich lade dich irgendwohin ein, um mit dir darauf anzustoßen.« Sie stieß den Atem so aus, dass es ihre schwarzen Haare zum Flattern brachte. »Natürlich hat man mich auch gebeten, mit dir über zukünftige Verbindungen mit meinem Sponsor Wyndham Harks zu sprechen, aber eigentlich …« Er spürte, wie heftig sein Herz schlug, als ihr Blick an ihm hinabglitt und wieder bis zu seinen Augen hinaufhuschte. Ihre Stimme klang ein wenig rauchig, als sie sagte: »Ich bin einfach so aufgeregt, einen Vorwand zu haben, mit dir auszugehen.«
    Der Glanz in ihren bernsteinfarbenen Augen forderte ihn dazu heraus, etwas Wagemutiges zu tun. Plötzlich fiel es Tom schwer zu atmen, da er sich zu deutlich bewusst war, wie nahe sie vor ihm stand. So nahe, dass er ihr Shampoo riechen konnte. Kokosnuss. Plötzlich begriff er, dass sie immer noch diese Wirkung auf ihn hatte, nach wie vor dafür sorgte, dass er sich wie dieser zwergenhafte Junge an seinem ersten Tag im Turm vorkam, außer sich vor Freude, dass ein Mädchen mit ihm redete. Vielleicht würde sie für alle Zeiten diese Wirkung auf ihn haben.
    Doch seine Gedanken schweiften von ihr ab zu etwas anderem, etwas viel Wichtigerem. Einer anderen.
    Und plötzlich arbeitete Toms Gehirn wieder, und er schüttelte den Kopf und gab Heather eine Antwort. »Tut mir leid, aber ich muss noch was erledigen.«
    Tom wusste nicht, warum der heutige Abend anders sein sollte. Seit dem Gipfel im Kapitol hatte er sich jeden Tag in VR eingeklinkt. Warum diese Hoffnung, ihr zu begegnen, ihm so viel bedeutete, wusste er auch nicht. Ihm war klar, dass er alles kaputt gemacht hatte, was ihn mit Medusa verbunden hatte. Selbst wenn er es nicht getan hätte … dieses hübsche chinesische Mädchen, das er sich in seiner Fantasie vorgestellt hatte, existierte nicht. Und sie wusste, dass der Typ, den sie über das Internet kennengelernt hatte, auch nicht wirklich existierte. Was hätte sie auf den Menschen vorbereiten können, als der er sich entpuppt hatte? Nichts in ihren Gesprächen, in ihren Schlachten, in jenen Momenten, in denen sie einander über ihre gezückten Schwerter hinweg angelächelt hatten, hätte sie auf die Wahrheit über ihn vorbereiten können. Dass er jemand war, der etwas so Böses, so Persönliches, so Grausames tun konnte, bloß um gegen sie zu gewinnen.
    Daran zu denken quälte Tom, sodass er versuchte, es zu vermeiden. Und vielleicht wäre es ihm besser gegangen, wenn er sie nach allem, was geschehen war, einfach vergessen hätte. Doch immer wenn er die Augen schloss, sah er sie fliegen, sah er sie mit grimmiger Genialität kämpfen. Und an den Kuss erinnerte er sich nach wie vor.
    Deswegen kehrte er immer wieder ins Internet zurück. Er klinkte sich direkt auf seiner Stube ein. Das mochte leichtsinnig und vermessen sein, aber nach den Ereignissen beim Gipfel im Kapitol hatte er vor kaum mehr etwas Angst. General Marsh hatte ihn in sein Büro gerufen, um ihm noch einmal zu gratulieren. Mitglieder der CamCo winkten ihm in den Korridoren plötzlich zu, und hochrangige Mitglieder der Alexander Division redeten mittlerweile mit ihm, so als wäre er in einen Club eingeführt worden, von dem er nicht einmal gewusst hatte, dass er existierte.
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