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Die Welt der Drachen

Die Welt der Drachen

Titel: Die Welt der Drachen
Autoren: Anne McCaffrey
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Sohlen war eiskalt, und sie schauderte, als die Nachtluft ihre geflickten Kleider durchdrang.
    Der Wachwher glitt zur Begrüßung herbei. Er bettelte wie immer darum, freigelassen zu werden. Tröstend kraulte sie ihm die spitzen Ohren und versprach ihm, daß sie ihn bei Gelegenheit tüchtig abschrubben würde. Er zerrte wimmernd am Ende der Kette, als sie weiterging und den Wachtturm über dem massiven Burgtor erklomm.
    Lessa starrte angestrengt nach Osten, wo sich die steinernen Brüste des Passes schwarz gegen das erste Licht der Dämmerung abhoben. Unentschlossen wandte sie sich nach links, denn die Gefahr schien auch aus dieser Richtung zu kommen. Ihr Blick wurde von dem Roten Stern angezogen, der seit kurzem den Morgenhimmel beherrschte. Er sandte ein pulsierendes, rubinrotes Licht aus, bis die aufgehende Sonne seinen Glanz verblassen ließ.
    Bruchstücke von Erzählungen und Balladen über die Erscheinung des Roten Sterns kamen ihr in Erinnerung, zu rasch und zusammenhanglos, um einen Sinn zu ergeben.
    Darüber hinaus fühlte sie instinktiv, dass die größere Drohung nicht im Nordosten, sondern im Osten lag. Sie sah starr in diese Richtung, als könnte sie durch beschwörende Blicke eine Brücke zu der Gefahr schlagen, die sie spürte. Und dann ließ die warnende Vorahnung sie los. Im gleichen Augenblick hörte sie das dünne Winseln des Wachwhers.
    Lessa seufzte.
    Sie hatte keine Antwort im Morgengrauen gefunden, nur zwiespältige Andeutungen.
    Sie musste warten. Sie hatte die Warnung vernommen und akzeptiert. Ans Warten war sie gewöhnt. Hartnäckigkeit, Ausdauer und List waren mit ihre stärksten Waffen. Dazu kam die unerschöpfliche Geduld einer Frau, die ihr Leben lang auf Rache gesonnen hatte.
    Frühlicht erhellte die ungepflügten Felder im Tal. Frühlicht fiel auf verkrümmte Obsthaine, in denen vereinzelte Milchkühe nach Gras suchten. Das Gras auf Ruatha wuchs, wo es nicht wachsen sollte, und verdorrte, wo man es angepflanzt hatte .

    Lessa wusste kaum noch, wie das Ruatha-Tal früher ausgesehen hatte, als es noch Glück und Fruchtbarkeit kannte.
    Als Fax noch nicht hier herrschte.
    Ein düsteres Lächeln stahl sich über ihr Gesicht. Fax hatte mit der Eroberung von Ruatha keinen Gewinn erzielt... und so sollte es bleiben, solange sie, Lessa, lebte. Er ahnte nicht, wer an seinem Verderben arbeitete.
    Oder doch? In Lessas Innerem hallte immer noch die Drohung wider, die sie empfangen hatte. Im Westen lag die Stammburg von Fax, sein einziger rechtmäßiger Besitz. Im Nordosten gab es nichts außer nackten, öden Bergen und dem Weyr, der Pern beschützte.
    Lessa richtete sich hoch auf und atmete die klare, frische Morgenluft ein.
    Ein Hahn krähte vor dem Stall. Lessa wirbelte herum. Mit aufmerksamen Blicken spähte sie im äußeren Burghof umher, ob sie jemand in dieser ungewöhnlichen Pose entdeckt hatte.
    Sie löste ihr Haar und ließ die dichten, fettigen Strähnen ins Gesicht fallen. Ihr Körper nahm wieder die gebeugte Haltung an, die sie seit Jahren vortäuschte. Rasch stieg sie in die Tiefe und ging hinüber zum Wachwher. Er winselte mitleiderregend.
    Seine empfindlichen Augen tränten im wachsenden Tageslicht.
    Lessa umarmte den schuppigen Kopf des Tieres, ohne auf seinen fauligen Atem zu achten, und strich ihm über die Ohren und Augenwülste. Der Wachwher geriet in Ekstase. Sein langgestreckter Körper zitterte, und die gestutzten Flügel spreizten sich raschelnd.
    Er allein wusste, wer sie war.
    Und von allen Geschöpfen auf Pern vertraute sie ihm allein.
    Seit jenem Morgen, als sie vor den Schwertern Zuflucht in seiner Hütte gesucht hatte.
    Langsam erhob sie sich und ermahnte ihn, in Gegenwart anderer so zu tun, als hasse er sie wie alle Menschen. Er versprach es, aber sie spürte sein Zögern.

    Die ersten Sonnenstrahlen fielen über die äußere Burgmauer, und der Wachwher flüchtete mit einem Aufschrei in sein dunkles Lager.
    Lessa huschte eilig in die Küche und in die Käsekammer.

    Aus dem Weyr, zutiefst im Fels,
    Steigen auf die Drachenreiter,
    Schweben leuchtend über Pern,
    Sind hier und dort, sind nah und fern.

    F'lar, auf dem breiten Nacken seines Bronzedrachen Mnementh, erschien als erster über dem Stammsitz von Fax, dem sogenannten Herrn des Hochlands. Hinter ihm tauchte in einem präzisen Keil das Geschwader auf. F'lar überprüfte automatisch die Formation; sie hatte sich seit ihrem Eintritt ins Dazwischen nicht verändert.
    Während Mnementh, um die freundschaftliche
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