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Die weissen Feuer von Hongkong

Die weissen Feuer von Hongkong

Titel: Die weissen Feuer von Hongkong
Autoren: Harry Thürk
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kommt, ist das nicht unsere Schuld. Er zündete sich eine Zigarette an, und während Judith mit Bert die Leiter hinaufstieg, wandte er sich an seinen Begleiter: »Halt die drei ein bißchen im Auge, Fletcher. Wenn sie Dummheiten machen, pfeife sie wieder unter Deck.«
    Er hockte sich auf die Schlafmatte des alten Yen und vertiefte sich in die Sportseite der Abendzeitung.
    Kolberg näherte sich im Schutze der Dunkelheit vorsichtig der Anlegestelle. Er konnte Judith sehen, die unweit der Luke mit dem Jungen vor dem Kochöfchen hockte. Der Fischer machte sich auf dem Vorderdeck zu schaffen. Es war jetzt so dunkel, daß Kolberg nicht mehr zu fürchten brauchte, von einem Vorübergehenden erkannt zu werden. Als er die Planke erreicht hatte, die auf das Boot führte, blieb er einen Augenblick stehen. Da entdeckte ihn der alte Yen. Er deutete auf die Luke und hob die Faust, zwei Finger abgespreizt. Kolberg sah, daß die Planke im Blickfeld der Polizisten lag, die einen Teil des Decks durch die Luke beobachteten. Während er noch überlegte, gab ihm der alte Fischer erneut ein Zeichen. Der Flieger verstand, was der Alte meinte, und er beobachtete gespannt, wie der sich vom Vorderdeck her der Luke näherte. Die beiden am Kochofen wurden erst aufmerksam, als Yen den schweren, mit Eisenblech beschlagenen Lukendeckel plötzlich zuwarf und den Riegel vorschob. Im selben Augenblick sprang Kolberg auf das Boot und zog die Laufplanke ein.
    Unter Deck ließ der Polizist verblüfft seine Zeitung fallen, sprang auf und zog die Pistole. Der andere rief: »Machen Sie sofort auf! Wenn Sie nicht öffnen, schießen wir!«
    Eine klare, tiefe Stimme antwortete ihm mit leicht amerikanischem Akzent: »Das werden Sie besser bleiben lassen. Ich habe außer meiner Pistole noch eine Eierhandgranate aus Korea. Beim ersten Schuß fliegt die zu Ihnen hinunter.«
    Fletcher, der jüngere der beiden Beamten, trat unwillkürlich einen Schritt von der Leiter zurück. Eine Handgranate in diesem engen Raum unter dem Deck der Dschunke - das war der Tod.
    »Schieß nicht, Briggs«, riet er dem anderen. »Der Kerl meint es ernst.«
    Aber Briggs wollte noch nicht aufgeben. »Kolberg!« rief er. »Lassen Sie die Dummheiten. Legen Sie Ihre Waffe ab und öffnen Sie die Luke. Sie entkommen uns sowieso nicht.«
    Als Antwort hörten sie zunächst von oben ein langgezogenes Knarren. Das zeigte den beiden an, daß das Mattensegel gesetzt wurde. Dann begann das Fahrzeug zu schwanken, und schließlich glitt es über das leicht gewellte Wasser der Bucht.
    Wieder forderte Kolberg, drohend und entschlossen: »Verhalten Sie sich ruhig, dann wird Ihnen nichts geschehen. Ich habe keinen Streit mit der britischen Polizei, ich will nichts weiter als von hier fort. Aber ich verstehe keinen Spaß mehr. Der Chinese bekommt eine Kugel in den Kopf, wenner nicht tut, was ich sage. Dasselbe gilt für Sie.«
    »Jesus«, flüsterte Fletcher. »Er zwingt den Chinesen, ihn irgendwohin zu fahren. Vielleicht nach Macao. Oder zu den Rotchinesen. Und wir können nichts machen.«
    »Abwarten«, knurrte Briggs. »Die Jungens in der Zentrale werden stutzig werden, wenn wir nichts von uns hören lassen. Sie kennen die Nummer der Dschunke. Weit kommt er nicht, dann stoppt ihn ein Boot vom Küstenschutz.« Er blieb mit entsicherter Pistole unweit der Luke stehen.
    Oben zwinkerte Kolberg dem alten Yen zu und rief so laut, daß die beiden es unter Deck hören mußten: »Los, los, Alter! Eine falsche Bewegung - und ich drücke ab. Das Ding hier reißt große Löcher.«
    Er bot dem Alten eine Zigarette an. Der nahm sie und verzog das Gesicht zu einem, verständnisvollen Grinsen. Er stemmte sich gegen das Ruder. Die Dschunke kam gut in den Wind. Vom Kai war nicht viel mehr zu sehen als die Lichter. Nun galt es, so schnell wie möglich an den unzähligen, vor Anker liegenden Booten vorbeizusegeln und aus der Bucht zu kommen. Yen warf einen Blick auf den Jungen, der einen Freudentanz um das Kochöfchen herum aufführte. Der Flieger stand bei seiner Frau, die weinte. Er umarmte sie. Yen schüttelte den Kopf. Es war wohl doch etwas an dem Gerede, daß die Mischlinge keine echten Asiaten mehr waren. Wie konnte man seine Gefühle so offen zeigen!
    Lo Wen, der Mann, der die Polizei aufmerksam gemacht hatte, war nach dem Eintreffen der Polizisten noch einmal an Land gegangen, um an der öffentlichen Wasserstelle am Kai Trinkwasser zu holen. Hier gab es stets ein großes Gedränge. Es wurde dunkel, bis er an die
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