Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die weissen Feuer von Hongkong

Die weissen Feuer von Hongkong

Titel: Die weissen Feuer von Hongkong
Autoren: Harry Thürk
Vom Netzwerk:
einhundert Meter zuviel.«
    »Gleich macht er sich die Hosen voll«, brummte Conolly. Er saß auf dem Kopilotensitz und beobachtete, wie Kolberg langsam den Hebel nach vorn schob, den seine rechte Hand umklammert hielt. Daß diese Kerle in Don Muang nie begriffen, warum man mit einer flügellahmen viermotorigen Skymaster nicht wie mit einem Sportflugzeug über die Pagoden hinwegzischen konnte, schon gar nicht bei Nacht.
    Dabei flog dieser Deutsche ohnehin wie ein junger Gott. Conolly gab das neidlos zu. Er war jetzt fast zwei Jahre mit Kolberg zusammen, und in dieser Zeit hatten sie nicht selten Flüge gemacht, die nirgendwo in Büchern gelehrt wurden.
    »Fahrwerk raus!« kommandierte Kolberg.
    Conolly betätigte den Hebel und starrte mißtrauisch auf die Kontrollampe. Als sie aufblinkte, sagte er erleichtert: »Fahrwerk ausgefahren. Warum müssen wir bloß immer noch diesen alten Eimer fliegen!«
    Unten war nun Dunkelheit. Voraus kamen die Lichter des Flughafens in Sicht. Die Landebahn sechzehn war von zwei Ketten gelber Lampen gesäumt, die sich weit hinten in der bleiernen Schwärze verloren.
    »Lassen wir sie durchsacken«, kündigte Kolberg gleichmütig an. Er mußte vorsichtig sein, denn die Landebahnen in Don Muang waren nicht sehr lang. Er griff wieder mit der rechten Hand zu. Während des Manövers hörten sie ein schepperndes Geräusch aus der Kabine des Funkers, die hinter der Kanzel lag.
    »Hoffentlich hat es ihn zwei Zähne gekostet«, bemerkte Conolly schadenfroh. Es ärgerte ihn, daß er bei dem Funker noch zwanzig Dollar Schulden hatte. Jedesmal, wenn er sich daran erinnerte, dachte er: Kann man in einer einzigen durchpokerten Nacht überhaupt soviel Geld verlieren, wenn ehrlich gespielt wird? »Ich muß besoffen gewesen sein«, sagte er unvermittelt.
    Kolberg sah den Aufsetzpunkt bereits, als der Einweiser ihm mitteilte: »Kurs in Ordnung, Höhe noch zehn Meter plus. Landen Sie nach Sicht.«
    Er drosselte die Motoren und ließ die schwere Maschine auf den Aufsetzpunkt zuschweben. Als das Fahrwerk den Boden berührte, atmete er erleichtert auf. Ohne Conolly anzusehen, sagte er: »Wenn der liebe Gott wirklich dafür verantwortlich ist, daß es diese Rattenfalle von Flugzeug gibt, sollte man es ihm mit Dank zurückschicken.«
    Conolly war schon in Aufbruchstimmung. Er pfiff vergnügt vor sich hin. Dann grinste er und meinte: »Vergiß es, Bruder, diese Nacht wird lustig!«
    Sie kamen alle sechs oder acht Wochen nach Thailand. Trotzdem kannte sich Conolly beachtlich gut in der Vergnügungsbranche von Bangkok aus. Doch das wollte nicht viel heißen, denn seine Kenntnisse auf diesem Gebiet waren nicht minder umfangreich, wenn es sich um Singapore oder Hongkong, Manila oder Macao handelte, ganz zu schweigen von Taipeh auf Taiwan. Aber dort waren sie stationiert, und sie hätten es geradezu als eine Bildungslücke empfunden, die Tanzpaläste und Bordelle nicht zu kennen.
    Kolberg bremste die Skymaster langsam ab. Die Fahrwerkbremsen waren fast die einzige Einrichtung, auf die er sich verlassen konnte. Am Ende der Landebahn lenkte er die Maschine nach links und ließ sie bis zu dem Platz vor den Lagerhallen rollen. Er brachte eine Ladung Metallwaren für Bangkok: kurzläufige, leichte Maschinenpistolen. Aber das stand nicht in den Frachtpapieren. Es interessierte auch nie manden hier. Alles, was mit der Ladung zusammenhing, war im voraus so geregelt, daß keine Komplikationen entstehen konnten.
    Die große Skymaster flog für die CAT, das war eine amerikanische Gesellschaft, und Thailand war eines der Länder, in denen Amerikas Einfluß am stärksten war. Dieser Sachverhalt beantwortete alle Fragen.
    Als Fred Kolberg die Maschine verließ, schlug ihm die feuchtheiße Luft wie eine schwüle Wolke entgegen. Der Benzingestank gab ihr etwas widerwärtig Betäubendes. Unten stand bereits der stämmige Conolly und erteilte den Monteuren Anweisungen. Brooks, der rotgesichtige, schlaksige Funker aus New Jersey, kam hinzu. Dicht hinter ihm folgte Mazzoli, der Bordmechaniker. Obwohl er in den Staaten aufgewachsen war, merkte man seiner Sprache immer noch an, daß seine Eltern mehr italienisch als amerikanisch mit ihm gesprochen hatten.
    »Hallo, Chef « , rief Conolly, »die Kerle sind total übergeschnappt. Der Motor wird nicht ausgewechselt. Soll keiner dasein. «
    Kolberg ging zu der Gruppe und tippte leicht an die Mütze, als die beiden thailändischen Monteure ihn unterwürfig begrüßten. Es überraschte ihn
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher