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Die weissen Feuer von Hongkong

Die weissen Feuer von Hongkong

Titel: Die weissen Feuer von Hongkong
Autoren: Harry Thürk
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einem Fischer gegen gute Bezahlung zu einer Dschunkenfahrt mitnehmen ließen. Lo Wen bemerkte auch, daß die beiden Besucher unter Deck verschwanden und nicht wieder zum Vorschein kamen, während der alte Yen seelenruhig weiter seine Netze flickte.
    Doch das brachte den ziemlich schwerfälligen Lo Wen noch nicht auf die Idee, daß hier etwas nicht stimmen konnte. Er begriff erst am Nachmittag, welche Chance sich hier bot, eine Prämie zu verdienen. Zu der Zeit nämlich, da er an Land ging, um auf dem Basar ein Paket Nudeln für das Abendessen einzukaufen. Vor dem Eingang des Basars hing an einem Mast ein Lautsprecher, durch den der Besitzer eines Teehauses zum Besuch seines Lokals aufforderte. Zwischendurch schloß er den Lautsprecher stets an das Radio an, das auf seiner Theke stand; dann ertönte entweder Musik von Radio Hongkong, oder es wurden Nachrichten, Taifunwarnungen, Seewettermeldungen und ähnliches durchgesagt.
    Lo Wen verließ soeben mit seinem Paket Nudeln den Basar, als die Stimme aus dem Lautsprecher ihn aufhorchen ließ. Der Polizeifunk gab eine Suchmeldung bekannt. Sie lautete auf einen Europäer namens Kolberg. Seine Person wurde genau beschrieben; anschließend kam der Hinweis, daß der Gesuchte vermutlich in Begleitung einer jungen Mischlingsfrau und eines etwa achtjährigen Jungen sein würde.
    Der Chinese traute seinen Ohren nicht, als er die kurze Beschreibung der beiden hörte. Es gab keinen Zweifel: Das konnten nur die Besucher des alten Yen sein! Der Europäer war nicht dabeigewesen. Aber das wollte nichts heißen. Wer weiß, vielleicht hatte er sich schon vorher unter Deck aufgehalten!
    Kurz entschlossen tat Lo Wen, was ihm für solche Fälle aufgetragen worden war. Er legte eine beträchtliche Strecke zurück, bis er mitten im Gewühl des Basars die dort kürzlich eingerichtete Telefonzelle mit ihren vier Sprechstellen fand. Man verband ihn auf dem Präsidium sofort mit dem Beamten, der die Suchaktion leitete. Lo Wen konnte den Standort der Dschunke genau beschreiben, er gab sogar ihre Nummer und ihren Eigentümer an. Dann machte er sich auf den Rückweg. Es war ihm nicht ganz wohl in seiner Haut, aber es war immerhin angenehmer, der Polizei einen kleinen Dienst zu erweisen als eine hohe Geldstrafe zu bezahlen.
    Fred Kolberg hörte die gleiche Suchmeldung, als er an der Fähre wartete. Sie kam aus dem Kofferradio eines japanischen Touristen, der sie gelangweilt überhörte, während er seinen Blick über das malerische Bild des Hafens mit den großen Schiffen, den unzähligen Sampans, Dschunken und Motorbooten schweifen ließ. Jetzt mußte er so schnell wie möglich nach Aberdeen kommen, das auf der anderen Seite der Insel lag. Hier, an der Fähre, würde er niemandem auffallen. Seine Beschreibung paßte auf viele andere Europäer, die durch Hongkong bummelten und sich den Teufel darum scherten, was der Polizeifunk meldete. Auch die Einheimischen interessierten sich kaum für solche Durchsagen. Trotzdem war Kolberg froh, als das Boot ihn zusammen mit einigen hundert anderer Passagiere übergesetzt hatte und er sich eine Rikscha suchen konnte, die ihn nach Aberdeen fuhr.
    Die beiden Polizeibeamten, die eine knappe Viertelstunde nach dem Anruf Lo Wens auf der Dschunke des alten Yen erschienen, hielten sich nicht lange mit dem Fischer auf. Sie entsicherten ihre Dienstpistolen und stiegen unter Deck, wo sie die in der Suchmeldung beschriebene junge Frau vorfanden. Sie erhob sich von dem Mattenlager und starrte die Eindringlinge erschrocken an. Sie begriff, daß jemand sie und den Jungen beobachtet haben mußte. Mit dem Auftauchen der Polizisten schienen sich alle Hoffnungen zu zerschlagen, jemals von Hongkong fortzukommen. Aber sie faßte sich. Wenn man uns schon auf die Spur gekommen ist - wir werden es ihnen nicht leicht machen.
    »Sie sind die Frau des flüchtigen Fliegers Fred Kolberg?« fragte der eine der Polizisten, ein hellblonder Engländer mit einem dünnen Schnurrbart.
    »Ich bin ...« Sie wich aus.
    Aber der Polizist unterbrach sie. »Ja oder nein?«
    »Ja.«
    »Wo ist Ihr Mann?«
    Sie überlegte einen Augenblick, ehe sie antwortete. »Ich habe ihn seit heute mittag nicht mehr gesehen. Er schickte uns weg und kam nicht zurück.«
    Der Polizist hatte seine Instruktionen: so lange ungesehen in der Nähe der Frau und des Jungen bleiben, bis der Mann kommt. Dann zugreifen.
    »Wo ist der Junge?«
    »Auf dem Basar, etwas zum Essen kaufen«, gab sie zurück. Es stimmte. Sie hatte Bert
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