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Die weiße Macht

Die weiße Macht

Titel: Die weiße Macht
Autoren: Jason Dark
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sie alle schauten zu, wie Lorenzo Amber sich vergeblich bemühte, dem Tod zu entkommen. Das geweihte Silber zerstörte ihn, es war stärker als die Magie des Goldes in seinem Blut. Er erstickte an dem flüssigen Metall, das in seinem zum Schrei geöffneten Mund gelaufen war.
    Auch Amelia hatte zugeschaut. Ihr war nichts anderes übriggeblieben.
    Wahrscheinlich hatte sie der Schock überfallen und sekundenlang gelähmt. Plötzlich aber riß diese Lähmung.
    Sie wollte flüchten.
    Ich war zu nahe.
    Halb liegend, halb sitzend, schleuderte ich meinen Körper vor und machte den linken Arm lang. Meine Hand war wie die Greifklaue eines Raubvogels.
    Sie packte zu, erwischte den Knöchel, und jetzt genügte ein kurzer Ruck, um Amelia von den Füßen zu reißen. Sie prallte zu Boden, ihr Kopf tickte dabei hart auf. Ich rechnete schon damit, daß sie liegenbleiben würde, aber nicht diese Person, die sich sofort nach dem Aufprall wieder drehte und auf die Beine kam.
    Sie wollte weg.
    Nicht zur Ausgangstür.
    Sie rannte auf die Kellertür zu, und diesmal stellte sich ihr Suko in den Weg. Er packte sie, wuchtete sie herum und schleuderte sie gegen die Wand.
    »Wohin?«
    Ihre Augen strahlten golden. Das Gesicht sah aus, als wäre es zu Stein geworden. Die dunklen Haare bildeten eine wirre Frisur auf ihrem Kopf.
    »Das will ich euch sagen!« keuchte sie. »Das will ich euch genau sagen. Ich werde jetzt in den Keller gehen. Ich laufe hinunter, ich werde euch schon zeigen, wo es langgeht. Wollt ihr nicht mitkommen?« höhnte sie und streckte intervallweise ihr Kinn vor. »Los, kommt mit! Ich verspreche euch die große Überraschung.«
    Ihre Stimme war zuletzt zu einem Knurren zusammengesunken.
    »Ja, wir gehen mit«, sagte ich.
    »Dann bitte!«
    Suko hielt sie am Arm fest. Er wollte keine bösen Überraschungen mehr erleben, denn diese Person war gefährlich und wurde von einem mächtigen Geist beseelt.
    Ich fragte mich, ob wir hier gegen einen Menschen kämpfen oder gegen ein Zerrbild des Götzen Baal, der in so vielen verschiedenen Gestalten auftrat.
    Auch Ignatius war noch da. Er schüttelte den Kopf und flüsterte immer wieder. »Ich kann es nicht begreifen, ich… ich kann es einfach nicht fassen, daß es so etwas gibt.«
    »Denk nicht darüber nach. Die Welt ist oft nicht so, wie man sie gern hätte.«
    »Das weiß ich mittlerweile.«
    Suko und Amelia hatten bereits die Hälfte der Treppe hinter sich gelassen, als wir die ersten Stufen nahmen. Ich hatte auch das Licht eingeschaltet. Es war grell, denn an der Decke strahlten die Leuchtstoffröhren die Helligkeit ab.
    Einen sogenannten Gruselkeller betraten wir nicht. Es war ein kalter, modemer Raum, eine Ansammlung von technischen Geräten, da hatte uns die Frau nicht angelogen.
    Mit schleifenden Schritten und keuchenden Atemzügen durchquerte sie den breiten Keller. Sie ging auf eine Metalltür zu und sagte: »Dahinter ist er!«
    »Wer?« fragte ich.
    »Mein Vater!«
    Als sie mein dummes Gesicht sah, lachte sie schrill. »Was ist denn? Soll ich denn keinen Vater haben?«
    »Wer ist es?« rief Ignatius.
    »Bentini. Ernesto Bentini. Ja, so heißt mein Vater.« Ihre goldenen Augen bewegten sich, als sie wieder lachte, sich dabei drehte und nach dem Türriegel griff. »Ihr könnt ihn gleich sehen, ja, ihr könnt ihn sehen, aber wundert euch nicht, wenn ihn meine Mutter gefressen hat…«
    Wir begriffen nur wenig.
    Aber wir ließen es zu, daß Amelia die Tür öffnete, um uns den Eintritt ins Grauen zu gewähren…
    ***
    Es war schlimm, es war fürchterlich, und es war kaum zu fassen, obwohl wir es mit eigenen Augen sahen. Wer war diese unheimliche Person, die so künstlich aussah und trotzdem lebte. War sie ein Mensch, war sie eine Statue, war sie eine Mumie?
    Im Hintergrund brannte ein bleiches Licht. Durch die offene Tür fiel auch das Licht des normalen Kellers in dieses unheimliche Verlies, so daß wir alles erkennen konnten.
    Es war einfach grauenhaft.
    Dieses Geschöpf stand auf Beinen, die wir wegen der Kleidung nicht sahen. Aber es konnte keine normale Kleidung sein, da ging das eine in das andere über, da war alles plötzlich so furchtbar zusammengeschmolzen, und wir mußten einfach den Eindruck haben, einem Phänomen gegenüberzustehen.
    Am schlimmsten hatte es Bentini erwischt. Er war Amelias Vater, und die Klauen dieses Wesens hatten sich um seinen Hals geklammert. Sie lagen dort wie behandschuhte Krallen und hatten sich tief in das Fleisch gebohrt, so daß es dem
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