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Die Wedding-Planerin

Titel: Die Wedding-Planerin
Autoren: Katarina Rathert
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wollen, manchmal bin ich größenwahnsinnig.
    «Also gut, Sie können das Lied bringen. Ich schreibe es ins Programm und maile Ihnen das gleich zu.»
    Ich bedanke mich und lege erleichtert auf. Im gleichen Moment fällt mir ein, dass ich sie fragen sollte, ob Anna und das
     Quartett zwecks Probe schon früher in die Kirche könnten. Egal, dann bekommt sie eben noch eine Mail von mir, ich habe mich
     heute ja noch nicht genug blamiert.

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    |216| Donnerstag, 22.   Mai
    Stimmung: gehetzt
    Sound: «Land unter» von Herbert Grönemeyer
    Thema des Tages: An allen Fronten
     
     
    «Ist in dem Raum eine Bühne vorhanden?», will Lenas Kollege von mir wissen. Bühne? Irritiert antworte ich: «Nein, ich glaube
     nicht, aber wir können euch einen Platz frei machen, sodass ihr eure Aufführung machen könnt.»
    «Wir brauchen aber eine Bühne. Du musst eine besorgen.»
    Wie bitte? 48   Stunden vorher soll ich eine Bühne besorgen? Bin ich Jesus?
    Deutlicher, als ich es wollte, teile ich ihm mit, dass ich ganz sicher keine Bühne besorgen werde, entweder bringen sie
     selbst eine mit, oder es muss ohne gehen. Ich bin nicht mehr geduldig, ich bin hibbelig, hetze zwischen Lenas und meiner
     Wohnung, zwischen Geschenk-Kauf und Letzte-Dinge-Besorgen hin und her. Habe soeben bemerkt, dass mein Friseurtermin ungünstig
     liegt: Zu der Zeit wollten wir eigentlich den Raum dekorieren und die Tische fertig machen. Lena winkt ab, als ich meine,
     den Termin verlegen zu wollen. «Du musst nicht alles machen, ich frage Maja, Henrike und meine Schwester, ob sie mir helfen.»
    Überhaupt ist Lena die Ruhe in Person – eigentlich sollte das ja genau anders herum sein. Heute muss ich dringend meine Rede
     schreiben, und mein Geschenk für die beiden ist auch geplatzt. Eine Freundin der beiden hatte die gleiche Idee wie ich und
     hat mich gefragt, ob das schon jemand machen würde. Ich habe es nicht übers Herz gebracht, ihr zu sagen, dass ich die Idee
     auch hatte. Daher muss ich mir jetzt schnell etwas Neues überlegen.
    |217| Das klingt sicher total unvorbereitet und emotionslos. Das Geschenk der Trauzeugin sollte schließlich besonders und sehr persönlich
     sein. Ein Gedanke, der an mir nagt und mir das klare Denken nicht eben erleichtert. Bis ich beschlossen habe, dass die letzten
     Monate der gemeinsamen Vorbereitungen auch eine Art Geschenk gewesen sind – so will ich das eigentlich nicht sehen, aber
     gerade gefällt mir der Gedanke ganz gut, denn bevor ich mir etwas überlegen kann, müssen Lena und ich nochmal schnell zur
     letzten Anprobe des Kleides. Die Schneiderin hat jetzt die dritte Änderung vorgenommen, und ich hoffe sehr, dass es nun
     sitzt.
    Eine Stunde später dreht Lena sich vor dem Spiegel und ist zufrieden. Alles sitzt perfekt. Auf dem Weg zum Auto verabschiede
     ich mich von ihr: «Muss noch etwas besorgen.» Wundern tut sie das sicher nicht mehr, sie lebt mit so vielen Andeutungen,
     dass diese eine Ansage auch schon egal ist. Ich betrete einen kleinen Antikhändler, hier werde ich hoffentlich finden, was
     ich suche: einen schönen alten und vor allem echt silbernen Bilderrahmen. Das fand ich zunächst spießig, dann aber gefiel
     mir der Gedanke, etwas Altes, Wertvolles zu schenken, das die beiden immer begleiten würde.
    Ich stöbere durch die Regale und lasse mich von einem freundlichen Herrn beraten, mit dem zusammen ich schnell fündig werde.
     Jetzt noch in die Drogerie, Pflaster und Co. kaufen, und dann ab an den Schreibtisch zu meiner Rede. Unterwegs ruft Lena
     an: «Karl hat Halsschmerzen, wir sind auf dem Weg zum Arzt, er will Antibiotika haben, um das Wochenende durchzuhalten.»
     Das fehlt noch, ein kranker Bräutigam – mir bleibt nicht mehr übrig, als gute Besserung zu wünschen und mich für später
     mit ihr zum Status-Telefonieren zu verabreden.
    Endlich zu Hause, blinkt mein Anrufbeantworter schon wieder. Wiebke stellt fest, dass ihre Präsentation zu groß geworden
     ist, um sie zu brennen. Ob ihr Rechner wohl an das System im Raum angeschlossen werden könne, will sie wissen. Meine Mutter
     macht |218| sich Sorgen, weil ich weder anrufe noch auf SMS antworte. Der Mann vom Streichquartett will wissen, wann sie am Samstag
     in der Kirche sein können. Freundin Anja hat vergessen, ein Hotel zu reservieren, und bittet um Asyl in unserem Wohnzimmer.
    Ich arbeite die Liste ab, kläre, was ich brauche, um Wiebkes Laptop an der Anlage des Raums laufen zu lassen, koordiniere
     Kirche
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