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Die Wedding-Planerin

Titel: Die Wedding-Planerin
Autoren: Katarina Rathert
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richtig gutes Essen geben und getanzt werden sollte bis morgens um fünf. Ich glaube,
     dass diese Ansage Lena mehr überrascht hat als die Tatsache, dass sie heiraten würden.
    Ich bedauerte den fehlenden Antrag, doch Lena winkte ab. Ihr war dieses Detail komplett unwichtig. Wir diskutierten eine
     Weile darüber. Ich bin ganz klar für einen Antrag – den natürlich der Mann macht. Ja, ich will gefragt werden. Von diesen
     Heiratsbeschlüssen in beiderseitigem Einvernehmen halte ich gar nichts. Er soll eine gute Idee haben – irgendetwas Romantisches,
     das einen Kniefall, Blumen und einen Ring beinhaltet und auf keinen Fall von Kai Pflaume arrangiert wurde. Lenas Verständnis
     für meine Vorstellungen hält sich in Grenzen. Ihr Argument: Warum sollte der Mann den Antrag machen, wenn auch genauso gut
     die Frau das machen kann? Meiner Meinung nach gehört es sich so – der Mann muss zum Ausdruck bringen, dass er die Frau haben
     will. Lena zuckte zusammen und schimpfte mit mir, sie meint, dass man das Argument auch genauso gut umdrehen könne. Vielleicht
     hat sie sogar recht.
    Ohne Antrag sind auch meine Freunde Ralf und Susanne ausgekommen. Abends auf dem Balkon bei Wein und der ersten Grillwurst
     des Jahres beschlossen sie zu heiraten. Auch sie waren bereits lange zusammen, seit sechs Jahren verlobt, und auch ihnen
     erschien es logisch, dass sie nun heiraten würden. Also legten sie einen Termin fest, und es ging los. Keine Spur von Knien,
     Kitsch und Klunkern.
    Romantischer hielten es nur Andrea und Michael. Beide sind |21| bekannt für ihren Hang zum Kitsch – aber eben auch zur Romantik, die man sonst nur aus Filmen kennt. Sie kannten sich bereits
     einige Jahre, bevor sie sich ineinander verliebten, den ersten Kuss tauschten sie beim gemeinsamen DV D-Abend –
Frühstück bei Tiffany
ist seither ihre Passion. In ihrer Wohnung trifft man Audrey Hepburn sogar auf dem Klo, in Form eines Aufklebers auf dem
     Toilettendeckel. Ihr Traum war es, nach New York zu fahren und auf den Spuren des Films die Stadt zu entdecken. Zu Weihnachten
     vor ein paar Jahren flogen sie schließlich in die Metropole und kamen grinsend und mit Ringen an den Fingern zurück. Michael
     hatte um Andreas Hand angehalten. Bei einem Abendessen in einem wirklich teuren Restaurant fädelte er seine Überraschung ein:
     Plötzlich erklang im Hintergrund leise «Moon River» – der Titelsong ihres geliebten Films   –, die anwesenden Gäste verstummten, ein Kellner brachte ein eindeutig als Schmuckbehältnis auszumachendes Kästchen an den
     Tisch, Michael sank auf die Knie und stellte die Frage aller Fragen – auf Deutsch und Englisch, schließlich sollten auch
     die Amerikaner verstehen, was gerade vor sich ging (als ob das nicht allzu offensichtlich gewesen wäre). Sie sagte ja, die
     anwesenden Gäste klatschten gerührt Beifall, der Kellner brachte Champagner auf Kosten des Hauses. Habe ich schon den hochkarätigen
     Stein im Ring erwähnt? Kurzum: Laut ihrer Erzählungen schien es perfekt gewesen zu sein – kein Regisseur hätte diesen Antrag
     besser inszenieren können.
    In der Generation meiner Eltern war der Heiratsantrag eine klare Sache: Er fragt ihre Eltern um Erlaubnis, dann fragt er
     sie, und sie hat mit Ja zu antworten. Ziemlich geregelt. Bis auf die Tatsache, dass ich mir meinen Vater nur sehr schwer
     als knapp 2 0-Jährigen bei meinem Großvater zur Audienz vorstellen kann. Aber meine Eltern beteuern bis heute, dass es sich gehörte, den Brautvater
     zu fragen und sie sich an diese Regel gehalten haben. So war der Antrag für meine Mutter auch eine große Sache – das hatte
     der Mann zu machen und damit zu vermitteln: Ich will dich so sehr, |22| dass ich für dich kämpfe, ich akzeptiere deine Familie, indem ich deinen Vater um deine Hand bitte, und ich bin bereit,
     für dich vor dir auf die Knie zu fallen und dich zu lieben und zu ehren. Entsprechend zuckt heute ihre linke Augenbraue empört
     in die Höhe, wenn sie von Heiratsbeschlüssen hört oder – in ihrem Universum noch viel unvorstellbarer – einem Antrag, den
     die Frau macht. Das kam auch schon vor – allerdings hat der männliche Teil des Paares diesen etwa dreimal vereitelt, indem
     er jede Gelegenheit, die sie ergreifen wollte, ihn zu fragen, torpedierte: In den Urlaub lud er Freunde ein; das von ihr
     anberaumte Abendessen in romantischer Atmosphäre fand durch seinen Genuss nicht mehr ganz frischer Meeresfrüchte und einer
     direkt
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