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Die Wedding-Planerin

Titel: Die Wedding-Planerin
Autoren: Katarina Rathert
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Erwartungen das Paar meint erfüllen zu müssen, nicht um den persönlichen
     Tränenrekord, die meisten Spiele oder Gäste. Es geht darum, einen authentischen und persönlichen Weg zu einem «Ja» vor dem
     Standesbeamten und/​oder Traualtar zu finden, sich dabei wohlzufühlen und dies auszustrahlen.

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    |18| Sonntag, 11.   August
    Stimmung: so trüb wie das Wetter
    Sound: das Rauschen des Regens
    Thema des Tages: Der richtige Antrag
     
     
    Es regnet mal wieder beziehungsweise immer noch – was für ein Sommer! Ich habe mich aufs Sofa zurückgezogen und gucke Fernsehen.
     Unterirdisches Angebot, das die Sender mir da machen.
    Der Reflex meines Hirns steuert meinen Finger an der Fernbedienung, und plötzlich geht es nicht mehr weiter. Der Grund: Auf
     dem Bildschirm vor mir macht ein Kerl seiner Freundin gleich einen Heiratsantrag. Da der Beitrag so plump aufgemacht ist,
     kann man das schon sehen, bevor es so weit ist. Einen richtigen, aber peinlichen Antrag – doch bin ich offenbar bereits
     so auf Hochzeit programmiert, dass ich nicht wegschalten kann. Also ergebe ich mich in mein Schicksal und gucke mir an,
     wie die zukünftige Braut mit ihrer Freundin durch einen Freizeitpark läuft, nichtsahnend, so wird es dem Zuschauer suggeriert.
     Aber wie hat das Kamerateam dann diese Nahaufnahmen gedreht und wie ist das Interview entstanden, das sie gibt? Nun steigt
     sie ins Riesenrad und fährt los. Als sie oben ist, bleibt das Karussell stehen, das Licht geht an, die Dämmerung setzt
     genau zum richtigen Zeitpunkt ein (wo ist ihre Freundin geblieben?). Sie guckt passend verblüfft – fragt sich halblaut, ob
     es wohl ein technisches Problem gibt und sie den Zwischenfall lebend überstehen wird. Schließlich taucht über ihrem Kopf ein
     ganzer Strauß roter Herzluftballons auf, sie schlägt die Hände vor ihr Gesicht, ist überrascht. In der Nachbargondel taucht
     der aufgeregte Jüngling auf: Mit zittriger Stimme trägt er einen selbstgereimten Vers vor, in dem er seine ewige |19| Liebe und Treue verspricht, kurz anreißt, dass sie bereits «durch dick und dünn» gegangen seien. Weitere Herzen steigen
     über den beiden auf, und endlich fragt er: «Willst du mich heiraten?» Sie antwortet mit Tränen in den Augen: «Ja!» Applaus
     aller Zuschauer auf dem Boden, das Riesenrad dreht sich wieder und lädt die beiden zwecks medienwirksamer Umarmung auf dem
     Boden ab, Schnitt   – Werbung   – Ende.
    Ich wische mir eine Träne aus dem Augenwinkel und wundere mich über mich selbst: Das war die so ziemlich kitschigste Art und
     Weise, um die Hand seiner Liebsten anzuhalten. Normalerweise hätte mich das eher ein müdes Lächeln und einen bösen Spruch
     denn eine Träne gekostet. Ich scheine aber derzeit etwas näher am Wasser gebaut zu sein. Das, was ich jetzt brauche, ist
     ein ordentliches Abendessen.
    Während ich Nudeln koche und das Glas Pesto öffne, Parmesan reibe und mir einen kühlen Weißwein einschenke, denke ich über
     Heiratsanträge nach. In meinem Freundeskreis ist der klassische Heiratsantrag etwas aus der Mode gekommen. Keine meiner Freundinnen
     kann von einem vor ihr knienden Mann mit roten Rosen und einem Brillanten, so groß wie ein Hühnerei, berichten. Klar kenne
     ich die Geschichten von Freunden, deren Freunde vom Antrag an die Schwester des Cousins erzählen. Da gibt es eine, die unter
     einem Vorwand an die Landungsbrücken gelockt wurde, eine Barkasse erblickte und ihren Lieblingssong hörte. Und er trat im
     Anzug vor sie, reichte ihr die Hand, sie schipperten auf der Elbe entlang, aßen Köstlichkeiten, tanzten zu dem selbstgesampelten
     Soundtrack ihrer Beziehung, bis er schließlich auf die Knie sank und um ihre Hand anhielt. Das sind Geschichten, die mir
     eine Gänsehaut über den Körper schicken und die Tränen in die Augen treiben – schade nur, dass um mich herum der moderne
     Heiratsbeschluss Einzug gehalten hat. So wie auch Karl und Lena einfach, aber demokratisch beschlossen haben zu heiraten.
     Die beiden stellten schlicht fest, dass sie genug Leben miteinander |20| geteilt haben, um sich festzulegen, und der Trauschein für sie beide dazugehören soll.
    Das ausschlaggebende Argument für eine große und klassische Hochzeit führte dann Karl ins Feld: Der sonst eher zurückhaltende
     und nicht eben als Partyhengst bekannte Mann verkündete, dass er das Fest seines Lebens feiern wolle, eins, auf dem alle
     Gäste sich wohlfühlen würden und wo es
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