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Die Wedding-Planerin

Titel: Die Wedding-Planerin
Autoren: Katarina Rathert
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erzählen und die in froher Erwartung baldiger Enkelkinder vor Freude taumeln. Zumal ich meine Mutter immer
     sehr eng in die Vorbereitungen einbeziehe. Sie hat einfach einen treffsicheren Geschmack in Sachen Kleidung und kann hervorragend
     backen und kochen, sodass schon einige ihrer Erfahrungen zu einem gelungenen Fest beigetragen haben. Außerdem besitzt sie
     ein zehn Jahre umfassendes, vollständiges Archiv von Dekorations-Zeitschriften zu Hause, was die Qual der Wahl bei der Suche
     nach der richtigen Atmosphäre eines Festes enorm erleichtert. Sie ist eine hervorragende Schneiderin, womit sie mir bereits
     aus so mancher Klamotten-Klemme geholfen hat (bei 1,80   Meter Körpergröße bedeutet die Herstellerangabe «bodenlang» eher: «hört Mitte der Wade auf und sieht aus wie Clown auf Urlaub»).
     Sie stellt mit Freude ihre Küche zur Produktion unglaublich kalorien- und fettreicher Hochzeitstorten zur Verfügung, fährt
     das fertige Produkt dann bei 30   Grad Außentemperatur auf riesigen Kühlakkus 60   Kilometer durch das ostwestfälische Hinterland und schafft es nebenbei auch noch, mein Oberteil so zu befestigen, dass ich
     es nicht ständig hochziehen muss.
    Alles in allem ist diese Frau also die perfekte Mutter. Doch manchmal geht sie mir damit auch unsagbar auf die Nerven. Sie
     kennt mich so gut, dass sie mit traumwandlerischer Sicherheit meine Schwachstellen findet und sie auch benennt. Und: Sie
     kann hellsehen. Kein Witz. Anders kann ich es mir nicht erklären, dass sie immer schon vor mir selbst weiß, was mich bewegt,
     was ich brauche und was gerade los ist. Offenbar ahnt sie auch bereits, |28| dass im kommenden Jahr eine wirklich wichtige Hochzeit auf mich zukommt. Sonst hätte sie das Thema eben nicht von sich aus
     am Handy («Das Gespräch ist teuer, Kind, mach schnell!») angeschnitten. Irgendwie kam sie auf Junggesellinnenabschiede zu
     sprechen – sie weiß natürlich, dass ich das für eine der bescheuertesten Veranstaltungen rund um die Hochzeit halte. Schlimmer
     ist nur noch der Polterabend. Auf jeden Fall erzählte sie, dass es ja wohl nicht sein kann, dass man zum Junggesellinnenabschied
     seine Mutter, Schwiegermutter, Schwestern und künftigen Schwägerinnen NICHT einlädt. Aufgrund meiner heutigen Gereiztheit,
     die ich einem schiefgelaufenen Meeting zu verdanken habe, habe ich vielleicht etwas überreagiert, als ich darauf antwortete.
     Vielleicht hätte ich nicht sagen sollen, dass diese Menschen dort nichts verloren haben, da es schließlich noch eine Hochzeitsfeier
     gebe und man dort genug Familie ertragen müsse. Eventuell hätte ich mir auch den Trotz verkneifen können, der sich in der
     Aussage Bahn brach, dass ich ja sowieso nie heiraten würde.
    Ich kann mir nicht helfen, aber bei Provokation neige ich zu pauschalen und im Kern vollkommen schwachsinnigen Äußerungen.
     Auch bin ich grandios schlecht darin, meiner Mutter nicht sofort alles Wichtige in meinem Leben zu erzählen (Lenas Hochzeit
     – seit sechs Wochen halte ich jetzt dicht). Aber ich muss schweigen, da Lenas und meine Eltern Nachbarn sind und es auf keinen
     Fall passieren darf, dass meine vor ihren von den neuesten Entwicklungen erfahren. Nächsten Monat soll es endlich so weit
     sein.
    Jetzt starre ich auf mein Handy und fühle mich schlecht, weil ich so viele fiese Sachen gesagt habe. Und anrufen, um mich
     zu entschuldigen, kann ich nicht – das verhindert immer noch dieser verdammte U-Bahn -Tunnel. Mir bleibt nichts anderes übrig, als die nächsten vier Haltestellen abzuwarten, mich zu beruhigen und ihr zu erklären,
     was mit mir los ist. Zehn Minuten später habe ich sie wieder am Ohr, entschuldige mich und glätte die Wogen |29| fürs Erste. Was bleibt, ist das schale Gefühl, ihr nicht gerecht werden zu können mit meinen Vorstellungen von Hochzeit.
     Und die Frage, warum jede Familie meint, sich zu dieser Veranstaltung immer besonders einmischen zu müssen.
    Ich habe in den letzten Jahren jedenfalls keine Feier erlebt, bei der Eltern und Kinder an einem gewissen Punkt nicht aneinandergeraten
     sind. Welcher das ist und worum es sich handelt, ist immer ganz unterschiedlich – familienindividuell eben. Die Heftigkeit
     und die Konsequenzen der Auseinandersetzung definieren sich durch die familiäre Struktur und werden von diversen Faktoren
     beeinflusst: Mütter reagieren anders als Väter, die Anzahl der eigenen Kinder spielt eine Rolle, ebenso die Position des
     Kindes in der
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