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Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert

Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert

Titel: Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert
Autoren: Joël Dicker
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Scheiße!«, stöhnte Travis. »Ich sitze in der Falle! Was machen wir jetzt?«
    Pratt sah sich um. Sein Blick fiel auf die leere Garage.
    »Stell den Wagen da rein, verriegle die Tür, und sieh zu, dass du über den Strand zurück zur Side Creek Lane kommst. Dort tust du so, als würdest du Coopers Haus durchsuchen. Ich nehme die Verfolgung wieder auf. Die Leichen beseitigen wir heute Nacht. Hast du in deinem Wagen eine Jacke?«
    »Ja.«
    »Dann hol sie dir und zieh sie über. Du bist voller Blut.«
    Als Pratt eine Viertelstunde später kurz vor Montburry den zur Verstärkung gerufenen Streifenwagen begegnete, riegelte Travis schon in seiner Jacke und mit Unterstützung der aus ganz New Hampshire herbeigeeilten Kollegen die unmittelbare Umgebung des Hauses in der Side Creek Lane ab, wo man Deborah Coopers Leiche gefunden hatte.
    Mitten in der Nacht kehrten Travis und Pratt nach Goose Cove zurück. Sie vergruben Nola zwanzig Meter vom Haus entfernt. Pratt hatte zuvor mit Captain Rodik von der State Police das zu durchsuchende Terrain abgesteckt und wusste daher, dass Goose Cove nicht dazugehörte und dorthin niemand kommen würde. Um Nolas Hals hing immer noch die Schultertasche, und sie begruben sie mit ihr, ohne einen Blick hineinzuwerfen.
    Als das Loch wieder geschlossen war, stieg Travis in den schwarzen Chevrolet und schlug sich auf der Route 1 mit Luthers Leiche im Kofferraum bis nach Massachusetts durch. Unterwegs musste er zwei Straßensperren passieren.
    »Die Papiere, bitte!«, verlangten die Polizisten beide Male nervös, als sie den Wagen sahen.
    Und beide Male wedelte Travis mit seiner Dienstmarke. »Polizei Aurora, Jungs. Ich bin hinter dem Verdächtigen her.«
    Die Polizisten grüßten ihren Kollegen respektvoll und wünschten ihm viel Erfolg.
    Travis fuhr zu einem kleinen Küstenort, den er gut kannte: Sagamore. Dort bog er in die Straße ein, die an den Klippen von Sunset Cove entlangführte. Der Parkplatz lag verlassen da. Tagsüber genoß man von hier oben einen traumhaften Blick. Er hatte schon oft davon geträumt mit Jenny eine Spritztour hierher zu machen. Travis stellte den Wagen ab, hievte Luther auf den Fahrersitz und schüttete ihm billigen Fusel in den Rachen. Dann legte er den Leerlauf ein und schob den Wagen an. Langsam rollte der Chevrolet das leichte, grasbewachsene Gefälle hinab, kippte über die Felskante und verschwand mit metallischem Krachen in der Tiefe. Travis ging die Straße ein paar Hundert Meter zurück. Dort wartete am Rand ein Auto auf ihn. Schweißgebadet und blutverschmiert, ließ er sich auf den Beifahrersitz fallen.
    »Das wäre erledigt!«, sagte er zu Pratt, der am Steuer saß.
    Der Chief fuhr los. »Wir dürfen über das, was passiert ist, nie wieder reden, Travis. Wenn der Wagen gefunden wird, müssen wir die Sache vertuschen. Nur wenn es keinen Verdächtigen gibt, können wir sicher sein, dass wir nie behelligt werden, kapiert?«
    Travis nickte. Er schob eine Hand in die Tasche und umschloss die Kette, die er Nola beim Verscharren heimlich abgerissen hatte: eine hübsche Goldkette mit dem eingravierten Namen NOLA .

    Harry hatte sich wieder auf die Couch gesetzt. »Also haben die beiden Nola, Luther und Deborah Cooper getötet.«
    »Ja. Und sie haben dafür gesorgt, dass die Ermittlungen nie zu einem Ergebnis kommen. Harry, Sie wussten, dass Nola psychotische Phasen hatte, stimmt’s? Sie haben damals mit Reverend Kellergan darüber gesprochen …«
    »Die Sache mit dem Brand wusste ich nicht. Aber schon als ich zu den Kellergans gegangen bin, um ihnen wegen der Misshandlung ihrer Tochter die Meinung zu sagen, hatte ich begriffen, dass Nola labil war. Ich hatte ihr zwar versprochen, nicht zu ihren Eltern zu gehen, aber ich konnte doch nicht einfach tatenlos zusehen, verstehen Sie? Bei diesem Besuch ist mir dann klargeworden, dass ihre ›Eltern‹ nur aus Reverend Kellergan bestanden, der seit sechs Jahren Witwer und mit der Situation vollkommen überfordert war. Er … Er weigerte sich, der Wahrheit ins Gesicht zu sehen. Ich musste Nola aus Aurora wegbringen, um sie behandeln zu lassen.«
    »Sie wollten fliehen, um sie behandeln zu lassen?«
    »Für mich war das immer mehr zum Hauptgrund geworden. Wir hätten gute Ärzte gefunden, und sie wäre geheilt worden! Sie war ein außergewöhnliches Mädchen, Marcus! Sie hätte einen großen Autor aus mir gemacht, und ich hätte ihre schlimmen Gedanken vertrieben! Sie hat mich inspiriert und geführt! Sie hat mich mein
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