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Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert

Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert

Titel: Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert
Autoren: Joël Dicker
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entfernte.
    »Er fordert beftimmt Verftärkung an«, meinte Luther.
    »Wenn er uns einholt, werde ich nie mit Harry fortgehen!«
    »Dann laff unf in den Wald fliehen. Der Wald ift riefig, dort findet unf niemand. Du kannft von dort fum Motel gehen. Wenn fie mich fnappen, werde ich nichtf verraten. Ich werde nicht erfählen, daff du bei mir warft. Dann kannft du mit Harry fliehen.«
    »Ach, Luther …«
    »Verfprich mir, daff du mein Buch aufhebft! Verfprich, daff du ef alf Andenken an mich aufhebft!«
    »Ich verspreche es!«
    Bei diesen Worten riss Luther jäh das Lenkrad herum. Der Wagen drang durch das Dickicht am Waldrand und kam hinter dichten Brombeersträuchern zum Stehen. Hastig sprangen sie heraus.
    »Lauf!«, befahl Luther Nola. »Lauf!«
    Sie schlugen sich durch das Gestrüpp. Die Dornen zerfetzten Nolas Kleid und zerkratzten ihr das Gesicht.
    Travis fluchte. Der schwarze Chevrolet war nicht mehr zu sehen. Travis gab Gas und fuhr auf der Route 1 weiter, ohne die schwarze Karosserie im Gebüsch zu entdecken.
    Sie rannten durch den Wald. Nola vorneweg, Luther hinterher. Ihm fiel es wegen seiner kräftigen Statur schwerer, sich unter den niedrigen Ästen hindurchzuschlängeln.
    »Lauf, Nola! Nicht ftehen bleiben!«, schrie er.
    Sie hatten sich, ohne es zu merken, dem Waldrand genähert und befanden sich nun unweit der Side Creek Lane.
    Deborah Cooper stand am Küchenfenster und spähte in den Wald. Plötzlich war ihr, als hätte sie eine Bewegung wahrgenommen. Sie sah genauer hin und erblickte ein Mädchen, das um sein Leben rannte und von einem Mann verfolgt wurde. Da stürzte sie ans Telefon und wählte die Nummer der Polizei.
    Travis hatte gerade am Straßenrand angehalten, als er der Ruf aus der Zentrale kam: In der Nähe der Side Creek Lane war ein Mädchen gesichtet worden, das offenbar von einem Mann verfolgt wurde. Er bestätigte, dass er die Sache übernahm, machte auf der Stelle kehrt und fuhr mit eingeschaltetem Blaulicht und heulender Sirene in Richtung Side Creek Lane. Nach etwa einer halben Meile wurde sein Blick von einem Lichtreflex angezogen: eine Windschutzscheibe! Er hielt an und ging mit gezückter Waffe auf das Fahrzeug zu, doch es war leer. Sofort kehrte er zum Wagen zurück und raste weiter zu Deborah Cooper.
    In Strandnähe blieben sie stehen, um Atem zu schöpfen.
    »Glaubst du, wir haben es geschafft?«, fragte Nola.
    Luther spitzte die Ohren: Es war nichts zu hören.
    »Wir follten hier kurf warten. Im Wald find wir gefüft.«
    Nolas Herz pochte heftig. Sie dachte an Harry. Und an ihre Mutter. Ihre Mutter fehlte ihr.
    »Ein Mädchen in einem roten Kleid«, erklärte Deborah Cooper Officer Dawn. »Sie ist in Richtung Strand gerannt. Ein Mann war hinter der Kleinen her. Ich konnte ihn nicht richtig sehen, aber er wirkte eher stämmig.«
    »Das sind sie«, sagte Travis. »Darf ich Ihr Telefon benutzen?«
    »Selbstverständlich.«
    Travis rief bei Chief Pratt zu Hause an. »Chief, es tut mir leid, dass ich Sie an Ihrem freien Tag störe, aber hier passiert wahrscheinlich gerade etwas Schlimmes. Ich habe Luther Caleb in Aurora erwischt …«
    »Schon wieder?«
    »Ja. Aber diesmal hat er Nola Kellergan in seinen Wagen gelockt. Ich habe versucht, sie aufzuhalten, aber er hat mich abgeschüttelt. Er ist mit Nola in den Wald geflohen. Ich glaube, er hat sich an ihr vergangen, Chief. Der Wald ist so dicht, da habe ich allein keine Chance.«
    »Großer Gott! Gut, dass du angerufen hast! Ich komme sofort!«
    »Wir wollen nach Kanada gehen. Ich liebe Kanada. Wir werden in einem hübschen Haus am See wohnen. Wir werden so glücklich sein.«
    Luther lächelte. Er saß auf einem Baumstumpf und hörte sich Nolas Träumereien an.
    »Ein föner Plan«, meinte er.
    »Ja. Wie spät ist es?«
    »Gleich Viertel vor Fieben.«
    »Dann muss ich los. Ich bin um neunzehn Uhr in Zimmer 8 verabredet. Jetzt sind wir außer Gefahr.«
    Doch in diesem Augenblick hörten sie Geräusche und gleich darauf laute Stimmen.
    »Die Polizei!«, rief Nola in Panik.
    Chief Pratt und Travis durchkämmten in Strandnähe den Waldrand. Mit den Gummiknüppeln in der Hand schlugen sie sich durchs Gehölz.
    »Geh, Nola«, sagte Luther. »Geh. Ich bleibe hier.«
    »Nein! Ich kann dich nicht allein hierlassen!«
    »Geh, verdammt! Geh endlich! Du kommft noch rechtfeitig fum Hotel! Harry wird dort fein! Und dann flieht! Fo fnell wie möglich! Flieht und werdet glücklich!«
    »Luther, ich …«
    »Adieu, Nola. Werde glücklich. Liebe mein
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