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Die Wahrheit des Alligators

Die Wahrheit des Alligators

Titel: Die Wahrheit des Alligators
Autoren: Massimo Carlotto
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vorbeikam, traten wir aus unserem Versteck heraus und folgten ihr. Ein paar Meter weiter hielt der Wagen an. Rossini wartete nicht ab, bis der Motor ausgeschaltet war. Er trat an die linke Tür, richtete das Gewehr auf den Fahrer und drückte durch das heruntergekurbelte Fenster den Gewehrlauf mit dem Schalldämpfer gegen seine Kehle. Inzwischen schlüpfte ich von der anderen Seite auf den rechten Hintersitz und drückte die Waffe dem Beifahrer in die Nacken.
    »Gib mir die Schlüssel«, befahl Rossini dem Mann am Steuer. Es war Ugo.
    Der Mann zögerte einen Augenblick. Der Bruder kam ihm zu Hilfe.
    »Gib sie ihm«, forderte er ihn auf, scheinbar ruhig. Während mein Partner den Kofferraum öffnete, hielt ich die zwei in Schach.
    »Herr Alligator«, sagte wieder Alfredo, »man hat mir gesagt, sie seien mit »Schießeisen« nicht vertraut, sie seien ein ruhiger Typ, vernünftig.«
    »Das ist vorbei«, erwiderte ich. »Jetzt habe ich aufgehört, den braven Jungen zu spielen.«
    »Steigt aus dem Wagen aus«, befahl wieder der alte Rossini. Wir durchsuchten sie. Alfredo trug in den Hosen und unter dem Hemd versteckt eine neun Millimeter Automatik, wie sie bei der Polizei im Einsatz ist. Aus der Revolvertasche, die Ugo um den Knöchel trug, zogen wir dagegen einen kurzen Trommelrevolver.
    »Rein da«, zischte mein Freund und deutete auf den Kofferraum.
    Sie gehorchten ohne Widerrede, nach einigen Verrenkungen lagen sie drinnen und konnten sich sogar etwas ausstrecken.
    »Ruhig jetzt«, meinte Benjamino, bevor er den Kofferraum schloß. »Die Reise dauert nicht lang.«
    Ungefähr zwanzig Minuten später hielten wir am Ufer des Brenta in Richtung Venedig, an einer Flußschleife, die von einem dichten Pappelwäldchen gesäumt war.
    Ich öffnete den Kofferraum und half den Carusos heraus, während Rossini sie mit einer Taschenlampe anstrahlte und unter Beschuß hielt.
    »Wer von euch beiden hält gewöhnlich den Kontakt zu Rechtsanwalt Ventura?« fragte er. »Ich«, antwortete Alfredo.
    »Ach ja, du bist ja die Leuchte der Familie«, kommentierte ich abschätzig.
    Benjamino hielt ihm das Handy hin. »Jetzt rufst du ihn an und sagst ihm, daß ihr uns erledigt habt. Alle. Auch Magagnin.«
    »Ob ich es tue oder nicht, ihr bringt uns sowieso um, nicht wahr?«
    »Ja«, antwortete mein Freund. »Warum sollte ich es dann tun?«
    »Weil es besser für dich ist. Sonst bin ich leider gezwungen, dich davon zu überzeugen, indem ich dir zuerst in einen Fuß schieße, dann in den anderen, dann in ein Knie …«
    »Ist gut, ich habe verstanden«, unterbrach er ihn und gab die Nummer ein.
    »Hallo, sind Sie es, Herr Anwalt? … ich weiß, daß es spät ist. aber ich wollte Ihnen nur sagen, daß wir dieses gewisse Problem gelöst haben. ja, alle drei. auf Wiedersehen.«
    »So, das wär’s«, kommentierte er, während er das Handy zurückgab.
    »Hat er es geglaubt?« fragte ich.
    »Sicher. Mein Name war immer eine Garantie, und ihr habt mich gezwungen, ihn ausgerechnet kurz vor meinem Tod zu entehren«, murmelte er erbittert.
    Wir zwangen sie, bis zu einer dicht am Ufer gelegenen Stelle vor uns herzugehen, wo im Mondschein schimmernd zwei Spaten in der Erde steckten. Wir hatten sie ein paar Stunden zuvor hergebracht.
    »Los, seid brav«, ermunterte Rossini sie. »Macht euch an die Arbeit.«
    Die Carusos rührten sich nicht.
    »Wenn ihr uns schon umbringen müßt, dann schaufelt die Grube doch selber«, protestierte Ugo.
    »Nein. Wir graben überhaupt keine Grube. Wenn ihr nicht in der Erde begraben sein wollt, dann werfen wir euch eben in den Fluß.«
    »Ich will nicht im Fluß enden und den Fischen zum Fraß dienen«, erwiderte Ugo wieder. »Bringt uns um und laßt uns hier liegen. Unsere Familien werden dann schon dafür sorgen, daß wir ein christliches Begräbnis bekommen.«
    »Das ist leider nicht möglich«, erklärte Benjamino. »Es paßt nicht in unsere Pläne, daß eure Leichen gefunden werden. wie es im übrigen auch nicht in eure gepaßt hätte, wenn wir an eurer Stelle gewesen wären.«
    Alfredo sah uns an. »Wenn ich die Grube grabe, versprecht ihr mir dann, meiner Familie die Dinge zukommen zu lassen, die ich bei mir trage? Die Uhr, die Goldkette, das Armband mit dem ersten Milchzahn von meinem Sohn Ciro …«
    »Wir versprechen es«, antwortete Rossini feierlich. »Im Wagen sind die Einnahmen der Mädchen von heute abend«, sagte Ugo. »Die auch, die müßt ihr auch unseren Familien geben.«
    »Nur die Hälfte«, entgegnete
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