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Die Wahrheit deiner Berührung (German Edition)

Die Wahrheit deiner Berührung (German Edition)

Titel: Die Wahrheit deiner Berührung (German Edition)
Autoren: Meredith Duran
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und warf Jane einen stechenden Blick zu. »Mit solch einem plötzlichen Anfall ist nicht zu spaßen. Im Krankenhaus wäre er besser aufgehoben. Gesetzt den Fall, er hat etwas Ansteckendes, dann …«
    Mina unterbrach ihn mit lauter Stimme. »Mr Bonham, ich muss schon sagen, ich bin schockiert. Mr Monroe ist unser Gast. Sie werden mir sicherlich recht geben, dass es unsere christliche Pflicht ist, uns nach bestem Wissen und Gewissen um ihn zu kümmern.«
    Minas Strategie ging auf: Wie ein Hahn in Kampflaune plusterte Collins sich auf. Erzürnt ließ er den Blick über die Menge schweifen, falls noch jemand es wagte, seine Gastfreundschaft infrage zu stellen. »Mina hat recht«, donnerte er. »In meinem Haushalt wird kein hilfebedürftiger Gast der Tür verwiesen. Wenn Sie sich nützlich machen wollen, Bonham, dann verständigen Sie Dr. Sullivan.«
    »Aber gern doch«, murmelte Bonham und deutete eine Verbeugung an.
    »Er hält sich in Little Hongkong auf«, sagte Dr. Sullivans Sohn. »Er wurde an das Wochenbett von Mrs Harlock gerufen.«
    »Dann schicken Sie eben einen Boten. Und sorgen Sie dafür, dass die Musiker weiterspielen.« Mit diesen Worten drehte Collins sich um. Für ihn war die Angelegenheit um Monroe beendet. Solange es noch irgendwo Alkohol und ein Kartenspiel gab, würde sein Mitleid warten müssen.
    Als die Diener Mr Monroes schlaffen Körper davontrugen, nahm Jane Mina beim Ellbogen. »Mr Bonham dürfte nicht sonderlich erfreut sein«, murmelte sie. »Bist du sicher, dass du das Risiko eingehen willst, ihn zu kränken?«
    Mina nickte, wenngleich die Frage so nicht ganz richtig gestellt war. Das Ganze hatte nichts mit einem Risiko zu tun – schon gar nicht, wenn man keine andere Wahl hatte.

2
    Nur ein schmaler Lichtschimmer drang unter der Tür zum Zimmer ihrer Mutter hervor. Ohne anzuklopfen drückte Mina leise den Griff herunter, der sofort nachgab. Harriet Collins saß in der Fensternische, die Beine untergeschlagen, das Gesicht gen Nachthimmel gerichtet. Das helle blonde Haar fiel ihr bis über die Schultern und ließ dabei ihren schlanken Hals und die weichen Konturen ihres Kinns frei. So, wie sie dasaß, nur mit Nachthemd und Morgenrock bekleidet, wirkte sie ungemein jung. Fast so jung wie das Konterfei, das Mina allmorgendlich im Spiegel erblickte.
    Reflexartig verkreuzte Mina die Finger. Niemals . Sie würde nie und nimmer derart gebrochen aussehen, und das nur, um einem Mann zu gefallen. An einer derartigen Liebe hatte sie kein Interesse.
    Ein kaum hörbares Geräusch musste sie beim Betreten des Raums verraten haben, denn ihre Mutter wandte das Wort an Mina, ohne den Kopf zu drehen: »Sind die Gäste gegangen?«
    Die Frage machte Mina stutzig. Es war noch nicht einmal Mitternacht. Sie schaute zum Kaminsims und entdeckte sofort die Lücke an der Stelle, an der für gewöhnlich eine Uhr stand. Sie ließ den Blick durch das Zimmer schweifen. Dort drüben, vor dem Kleiderschrank, lag die Uhr in einem Meer von Scherben, das Ziffernblatt zum Boden gewandt.
    Sie sah ihre Mutter an, deren Gesicht keine Regung zeigte. »Nein, noch nicht.« Behutsam zog Mina die Tür ins Schloss. Der Riegel war gut geölt und rastete lautlos ein … Nicht nur die Türriegel, sondern alles in diesem Hause befand sich in vorzüglichem Zustand, war teuer und reich verziert und diente dazu, Collins’ gesellschaftlichen Rang hervorzuheben. In dieser Hinsicht unterschieden Mina und ihre Mutter sich kein bisschen von dem Seidenteppich unter ihren Füßen. »Das kann auch noch einige Stunden dauern.«
    »Wie bitte?« Ihre Mutter wandte sich um, die Augen waren vom vielen Weinen gerötet. »Was hast du dann hier verloren? Kümmere dich wieder um die Gäste. Solange ich abwesend bin, fällt dir die Rolle der Gastgeberin zu. Beim Allmächtigen, dein Haar! Trag Jane auf, es sofort wieder zu richten.«
    Bestürzt hob Mina die Hand, um ihre Frisur zu überprüfen. Sogleich löste sich eine mit Edelsteinen besetzte Haarnadel und landete in ihrer Hand. Doch sie ließ sie zu Boden fallen – als Belohnung für denjenigen, der die Glasscherben zusammenfegen würde. »Nein, ich habe mich bereits zurückgezogen. Mr Monroe ist erkrankt, und Mr Collins hat mich gebeten, mich um ihn zu kümmern.«
    Harriet Collins runzelte die Stirn. Zweifelsohne missbilligte sie diese Anweisung, würde sich jedoch hüten, dagegen aufzubegehren. »Nun gut.«
    Sie nestelte an dem Medaillon, das sie um den Hals trug. Ihre Stimme war dünn vom Weinen und
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