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Robinson Crusoe

Robinson Crusoe

Titel: Robinson Crusoe
Autoren: Daniel Defoe
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Robinson Crusoe
    Seemanns aus York
Der 28 Jahre lang ganz einsam
Auf einer unbewohnten Insel an der Küste Amerikas Nahe der Mündung des großen Stromes Orinoko lebte, wohin er als einziger Überlebender der ganzen
    Mannschaft
durch Schiffbruch verschlagen war;
nebst einem Bericht
über seine ebenso wunderbare Befreiung durch Piraten. Beschrieben von ihm selbst
    Ich wurde geboren im Jahre 1632 in der Stadt York von guter, zwar nicht landeingesessener Familie; mein Vater nämlich war ein Ausländer, aus Bremen gebürtig, und hatte sich zuerst in Hull niedergelassen. Nachdem er sich dort als Kaufmann ein ansehnliches Vermögen erworben, gab er sein Geschäft auf und übersiedelte nach York, von wo er meine Mutter gefreit hatte, deren Familie, mit Namen Robinson, dortzulande sehr wohlgeachtet war und nach der ich Robinson Kreutzner genannt wurde. Nach der üblichen Art der Engländer, die Worte zu verunstalten, nennt man uns und nennen und schreiben wir selbst uns jetzt Crusoe, und so nannten mich auch immer meine Kameraden. Ich hatte zwei ältere Brüder, deren einer Oberstleutnant in einem englischen Regiment zu Fuß in Flandern war und in der Schlacht bei Dünkirchen gegen die Spanier fiel. Was aus meinem zweiten Bruder wurde, habe ich ebensowenig je erfahren, wie meine Eltern erfuhren, was aus mir wurde.
    Da man mich, als den dritten Sohn des Hauses, zu keinerlei Hantierung anhielt, begann sich mein Kopf schon sehr früh mit schweifenden Gedanken anzufüllen: mein Vater, der schon hochbejahrt war, hatte mich alles lernen lassen, was man eben durch häusliche Erziehung und in einer öffentlichen Schule lernen kann, und hatte im Sinn, einen Juristen aus mir zu machen; ich aber hatte nur den einzigen Wunsch, zur See zu gehen, und diese meine Begier trieb mich so hitzig gegen den Willen, ja gegen das Gebot meines Vaters und gegen alles Flehen und Zureden meiner Mutter und meiner Freunde an, daß es schien, als habe mich ein Dämon beim Wickel meiner eigenen Wünsche gefaßt, um mich dem elendigen Leben zuzuschleppen, das mir bevorstand.
    Mein Vater, ein kluger und gesetzter Mann, gab mir manchen ernsten, vortrefflichen Rat gegen mein von ihm wohlbemerktes Vorhaben. Er rief mich eines Morgens in sein Zimmer, an das ihn die Gicht fesselte, und stellte mich sehr warm über diesen Gegenstand zur Rede. Er fragte mich, was ich denn, außer bloßer Wanderlust, für Gründe hätte, mein Vaterhaus und Vaterland zu verlassen, wo mir die Zukunft offenstehe und die Aussicht winke, durch Arbeit und Fleiß in aller Behaglichkeit und Annehmlichkeit mein Glück zu machen. Er sagte, auf Abenteuer in die Fremde zu gehen, um durch Unternehmungen hochzukommen und sich berühmt zu machen, die vom gemeinen Wege abwichen, das sei etwas entweder für Stiefkinder oder für ungewöhnliche Günstlinge des Schicksals, für mich aber sei all das zu hoch oder zu gering; ich gehöre zum Mittelstande des Lebens, der seiner langen Erfahrung nach der beste Stand in der Welt sei, am zuträglichsten für das Glück eines Menschen, gesichert vor dem Elend, den Entbehrungen, Mühen und Leiden des handwerkenden Teiles der Menschheit und frei von dem Hochmut, der Üppigkeit, dem Ehrgeiz und Neid ihrer Höhen. Wie groß dieses Glück sei, könne ich, sagte er, daran erkennen, daß alle anderen Menschen diese Lebensart mit Neid betrachteten. Selbst Könige hätten schon oft darüber geklagt, wieviel Leiden es mit sich bringe, für große Dinge geboren zu sein, und hätten gewünscht, sie wären in der Mitte zwischen den beiden Extremen, zwischen hoch und niedrig, gestanden. Daß dies das wahre Glück sei, bezeuge auch der weise Salomon, wenn er zu Gott bete, ihm weder Armut noch Reichtum zu geben. Wenn ich recht zusähe, würde ich immer finden, daß die Unglücksfälle des Lebens an den oberen und unteren Teil der Menschheit verteilt sind, daß aber der mittlere Stand am wenigsten zu leiden hat und nicht so vielen Übeln ausgesetzt ist wie der höhere oder niedere Teil der Menschheit; nein, nicht so Vielen Unbehagen und Gebrechen des Leibes und der Seele unterworfen wie diejenigen, welche durch lasterhaftes Leben, Üppigkeit und Ausschweifungen auf der einen Seite oder durch harte Arbeit, Mangel am Notwendigen und schlechte oder ungenügende Ernährung auf der anderen Seite Krankheit und Ungemach über sich bringen, als natürliche Folge ihrer Lebensweise; ich würde finden, daß der Mittelstand des Lebens für Tugenden und Freuden aller Art geschaffen ist,
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