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Die Wahrheit deiner Berührung (German Edition)

Die Wahrheit deiner Berührung (German Edition)

Titel: Die Wahrheit deiner Berührung (German Edition)
Autoren: Meredith Duran
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geschenkt. Schließlich war er von schlanker Statur, hatte elegante, schlanke Künstlerhände und rabenschwarzes Haar. Das Talent eines Bankiers und das Antlitz eines Poeten ; seine meergrünen Augen waren schuld daran, dass Damen einander Derartiges zuraunten, wenn er an ihnen vorbeischritt.
    Doch Mina hatte noch manch anderes, eher pikantes Detail über sein Wesen in Erfahrung gebracht: Wie es schien, hatte er seine Finger schlechter unter Kontrolle als eine Krake ihre Fangarme, und seine Lippen schmeckten nach Brackwasser. Es mochte sein, dass er ein Herz für die Straßenhunde hatte, die sich jeden Abend vor den Toren der Stadt versammelten, doch auf seine Bediensteten drosch er mit dem gleichen Lächeln ein, mit dem er die Streuner fütterte. Bonham hatte sich mit Minas Stiefvater zusammengetan, um eine Kokaplantage in Ceylon zu finanzieren. Als Bonbon verlangte er jedoch Minas Hand. Während Mina Ersteres egal war, raubte ihr Letzteres vor lauter Panik den Verstand.
    Mina gab sich einen Ruck und verbot sich, noch länger darüber nachzudenken. Schließlich war sie nicht wie ihre Mutter, die stundenlang weinend dasaß und die Hände rang. Handeln, lautete die Devise. Und der Mann, der bewusstlos auf dem Boden lag, sollte ihr eigentlich helfen, einen Ausweg aus dem Dilemma zu finden. Mr Monroe beabsichtigte ebenfalls, mit ihrem Stiefvater ins Geschäft zu kommen. Er war gebürtiger Amerikaner, aber in seinen Adern floss pures irisches Blut – ein Vorteil, dem Bonham nichts entgegenzusetzen hatte, der in Singapur das Licht der Welt erblickt und lediglich einen englischen Vater vorzuweisen hatte. Würde Monroe also ihren Stiefvater für sich einnehmen können, oder würden sie dabei ertappt werden, wie sie sich im Korridor küssten, dann verlöre Bonham vielleicht das Interesse an ihr. Zumindest hoffte Mina, dass sein Stolz das von ihm verlangen würde.
    Geistesgegenwärtig schlug Mina einen Nutzen aus dem Umstand, dass alle sie anstarrten. »Es könnte Typhus sein. Oder die Cholera. Was denken Sie?«
    Allein der Hinweis auf eine ansteckende Krankheit reichte aus, die Gentlemen zurückweichen zu lassen. Mit Ausnahme von Bonham, der genau wie Collins ein gutes Gespür für die subtileren Formen der Aufmüpfigkeit hatte und deshalb lediglich die Augen zusammenkniff.
    Eine Hand legte sich um ihren Arm. Collins zog Mina mit derselben Achtlosigkeit herum, wie er einen jungen Hund am Genick packen würde. »Was ist passiert?«, brummte er, während er aus blutunterlaufenen Augen auf den am Boden liegenden Monroe stierte.
    Mina fand, dass der Anblick eigentlich für sich selbst sprach, aber Collins stellte oft Fragen, auf die er eine Antwort verlangte. »Er ist zusammengebrochen, Sir«, sagte sie.
    »Zusammengebrochen? Ohne Vorwarnung?«
    Es kam nur selten vor, dass er ins Irische verfiel. Vermutlich hatte er im Kartenzimmer reichlich dem Alkohol zugesprochen. Meist sprach er ein breiteres Amerikanisch als sie selbst. Wegen der ausgedehnten Reisen um den Globus in Minas Kindheit und der vielen, von ihrer Mutter handverlesenen britischen Kindermädchen war ihre Aussprache eher verwischt.
    Mina überlegte genau, ehe sie antwortete: »Sein Gesicht war leicht gerötet.« Aus den Augenwinkeln sah sie, dass Jane zu ihnen kam und dass zwei stämmige Diener ihr folgten. »Wenn Sie wollen, sorge ich dafür, dass er in sein Zimmer gebracht wird.«
    Bonham erhob sich. »Vielleicht wäre es klüger, ihn nach Aberdeen ins Krankenhaus zu bringen. Miss Masters hat recht, womöglich ist er ansteckend.«
    Mina blickte zu Jane, die so leicht den Kopf schüttelte, dass nur sie es sah. Es war nicht schwer zu erraten, was mit Monroe im Krankenhaus geschehen würde. Bonham passte es schließlich nicht, dass er um die Gunst Collins’ buhlen musste, und würde mit Sicherheit dafür sorgen, dass eine der Krankenschwestern ihm »aus Versehen« ein falsches Medikament verabreichte.
    Mit einer sachten Berührung am Arm sagte sie: »Ich würde mich freuen, wenn ich mich um ihn kümmern dürfte, Vater.«
    Für gewöhnlich mochte ihr Stiefvater es, wenn sie ihn so nannte, doch heute Abend, nach dem Streit mit ihrer Mutter, schien er nicht sonderlich erfreut über die Anrede. Unwirsch schüttelte er ihre Hand ab. »Ich verstehe nicht, was ihm zugestoßen sein könnte«, brummte er. »Vorhin schien es ihm doch noch gut zu gehen, oder?«
    »Bringt ihn in sein Zimmer«, wies Jane die Diener an.
    »Einen Moment noch«, meldete Bonham sich abermals zu Wort
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