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Die Waffenhändler von Hamor

Titel: Die Waffenhändler von Hamor
Autoren: L. E. Modesitt
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Stabsoffiziere mehr gegeben, seit Jahren nicht mehr – außer vielleicht diesen jungen Sub-Major, und den werden sie auf die eine oder andere Art auch noch zu beseitigen wissen. Sehr schnell sogar, darauf wette ich.«
    Vyanat nickt. »Ich dachte, es würde Euch interessieren, dass Sub-Major Lorn nach Cyad beordert wurde, um für Rynst zu arbeiten. Gegen den Willen des Hauptmann-Kommandanten.«
    Tasjan lacht übers ganze Gesicht. »Das … mein Freund, ist es wert, Eurer Bitte nachgekommen zu sein.« Er nickt. »In der Tat.«
    »Nun … was werdet Ihr tun?«, will Vyanat wissen.
    »Was auch alle anderen tun werden. Warten und … sehen, was geschieht.«

 
LXXXI
     
    L orn geht in dem kleinen Zimmer im Zwischenposten von Chulbyn auf und ab; es ist ein uralter Steinbau mit glattem Granitfußboden, auf dem kein Teppich die Schritte dämpft. Eine schmale Pritsche steht darin, ein kleiner Tisch und an der Steinwand sind in Schulterhöhe mehrere Haken aus Goldeiche angebracht, um Kleidung aufhängen zu können. Die Öllampe in dem Bronzehalter an der Wand taucht den engen Raum in ein schwaches Licht.
    Lorn schiebt den Eichenbalken vor, der als Riegel für die Tür dient, und öffnet eine der zwei Taschen, die er aus Inividra mitgebracht hat. Daraus holt er das hölzerne Kistchen, in dem das Chaos-Glas verstaut ist. Er stellt das Glas auf den kleinen Tisch.
    Er konzentriert sich und beobachtet, wie die Silbernebel wabern und sich auflösen, woraufhin Ryalth und Kerial in dem prunkvollen Bett erscheinen, das Lorn nur aus dem Glas kennt. Er bemerkt zum ersten Mal, dass dahinter auch ein kleineres Bett steht, aber seine Gemahlin und sein Sohn schlafen Seite an Seite in dem großen Bett – sie sind in Sicherheit. Lorn lächelt und lässt das Bild los.
    Er wartet eine Zeit lang, bevor er sich an dem zweiten Bild versucht und dann an einem dritten. Er wird jedoch immer nur mit der silbernen Leere belohnt, sobald er versucht, Bilder seiner Eltern aufzurufen – und mit einem leichten Pochen im Kopf zusammen mit Schweiß über den Brauen.
    Schließlich gibt er es auf und schüttelt den Kopf. Er stellt das Glas zurück in das hölzerne Kistchen und verstaut dieses in der Tasche. Aus der anderen Tasche holt er das silbergrüne Büchlein heraus, das er lange Zeit quer durch ganz Cyador getragen und sogar bis nach Jera mitgenommen hat.
    Er öffnet das Buch und blättert darin auf der Suche nach einem Vers, der ihm irgendwie passend für diese Nacht erscheint, passend für eine Reise, deren Ende völlig offen ist. Nach einem Vers, den er auf eine ganz neue Art und Weise lesen könnte, einen, der die melancholische Einsicht des ehrwürdigen Schreibers widerspiegelt. Lorn findet einen kurzen Vers, der ihn tröstet, und er muss lächeln.
     
    Tugenden aus alten Tagen bestehen fort.
    Das Licht des Morgens kann nicht währen,
    die Blütenblätter der Rosen vergehen bald.
    Nicht so ein standhaftes Herz.
     
    »›Nicht so ein standhaftes Herz …‹«, murmelt Lorn. Aber wie schwierig es doch ist, ein standhaftes Herz in einer Welt zu bewahren, in der Chaos regiert und das einzig Standhafte die dunkle Ordnung des Todes zu sein scheint.
    Er blättert weiter, bis er ein Gedicht findet, das er schon einmal gelesen haben muss, an das er sich aber nicht mehr erinnert.
     
    Obschon mancher seinen Ängsten im Dunkel der Nacht begegnet,
    bringt des Mittags unbarmherzige Sonne den größten Schrecken.
    Während andere singen von Gut und Wahrheit
    und rühmen das helle Chaos des kommenden Tages
    und die Spiegeltürme einer entfernten Erde,
    aber ihre Kinder und die Schönheit der Gärten vergessen,
    kämpfe ich im chaotischen Licht dieser seltsamen Sonne,
    um von den Seelen den endlosen bitteren Fluch des
    Krieges zu nehmen.
    Magier wenden ihre Blicke auf das Glas,
    leeres Silber der möglichen Zukunft;
    Chaos halt die Spiegellanzen hoch,
    als könnte das weiße Feuer Liebe entzünden.
    Weiß glühendes Chaos wird am Ende nur Zerstörung bringen für jene, deren Weg der echte ist.
    Wie die Mauern aus Sonnenstein wird die Wahrheit fallen,
    denn die Zukunft liegt jenseits aller Mauern
    in den grünen Himmeln, weiten Feldern und träumenden Nächten,
    wo die Gedanken frei sind zum Höhenflug.
     
    Ich kann nur kämpfen, mit Flamme und Klinge schlagen,
    um die bitteren Wahrheiten zu vernichten, welche die
    Zeit geschaffen,
    und kämpfend biete ich meine Seele dem Feuer dar,
    in der Hoffnung, mehr zu erzielen als den vergeblichen
    Wunsch.
     
    Lorn
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