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Die Waffen nieder!

Die Waffen nieder!

Titel: Die Waffen nieder!
Autoren: Bertha von Suttner
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ist sie doch mit drei Worten schon auf dem Titelblatt verkündet.«
    * * *
    Die Taufe hat nun gestern stattgefunden. Diese Feier gestaltete sich zu einer doppelt glückverheißenden, denn meine Tochter Sylvia und ihres kleinen Neffen Taufpate – den wir schon lange heimlich im Herzen trugen –: Graf Anton Delnitzky – haben sich bei dieser Gelegenheit verlobt.
    So bin ich durch meine Kinder rings von glücklichen Verhältnissen umgeben. Rudolf, seit sechs Jahren in den Besitz des Dotzkischen Majorats gelangt und seit vier Jahren mit der ihm von Kindheit an bestimmt gewesenen Beatrix, geborenen Griesbach – dem wunderlieblichsten Geschöpf, das man sich vorstellen kann – verheiratet, sieht nun durch die Geburt eines Erben seinen sehnlichsten Wunsch erfüllt. Kurz: beneidenswerte, glänzende Lose.
    Ein im Gartensaal eingenommenes Diner versammelte die Taufgäste. Die Glastüren standen offen und die Luft des herrlichen Sommernachmittags strömte rosenduftend herein.
    Neben mir an unserer Tafelrunde, saß Gräfin Lori Griesbach, Beatrixens Mutter. Dieselbe ist nunmehr Witwe. Ihr Mann fiel in der bosnischen Expedition. Sie hat sich den Verlust nicht stark zu Herzen genommen. Keinesfalls trägt sie ewige Trauer. Im Gegenteile: diesmal ist sie mit granatrotem Brokat und brillantenem Geschmeide angetan. Sie ist gerade so oberflächlich geblieben, wie sie es in ihrer Jugend war. Toilettenfragen, ein paar französische und englische Moderomane, Gesellschaftsklatsch: das genügt noch immer, ihren Horizont zu füllen. Selbst das Kokettieren hat sie nicht ganz gelassen. Auf junge Leute hat sie es zwar nicht mehr abgesehen, aber ältere, hohen Rang oder hohes Amt bekleidende Persönlichkeiten sind vor ihren Eroberungsgelüsten nicht sicher. Gegenwärtig scheint mir, hat sie Minister Allerdings aufs Korn genommen. Dieser hat übrigens seinen Namen gewechselt: wir nennen ihn jetzt, eines neu angenommenen Ausdrucks halber »Minister Andererseits«.
    »Ich muß dir ein Geständnis machen,« sagte mir Lori, nachdem ich mit ihr auf des Täuflings Gesundheit angestoßen. »Bei dieser feierlichen Gelegenheit, da wir unseren beiderseitigen Enkel getauft haben, muß ich dir gegenüber mein Gewissen entlasten. Ich war ganz ernstlich in deinen Mann verliebt.«
    »Das hast du mir schon öfters gestanden, liebe Lori.«
    »Er blieb aber stets ganz gleichgültig.«
    »Auch das ist mir bekannt.«
    »Du hattest doch einen goldtreuen Mann, Martha! Dasselbe kann ich von dem meinigen nicht behaupten. Aber nichtsdestoweniger: es hat mir sehr leid getan um Griesbach. Nun – er starb eines glorreichen Todes, das ist mein Trost ... Freilich ist das eine langweilige Existenz als Witwe. Besonders wenn man älter wird ... so lange man Freier und Courmacher hat, ist die Witwenschaft nicht ohne ... aber jetzt, ich versichere dich, es wird einem in der Einsamkeit ganz melancholisch ... Bei dir ist das etwas anderes: du lebst bei deinem Sohn – aber ich verlange mir gar nicht, bei der Beatrix zu bleiben ... Sie verlangt es übrigens auch nicht: Schwiegermutter im Haus, das tut nicht gut; denn man will doch im Hause die Herrin sein ... Zwar ärgert man sich mit den Dienstboten, das ist schon wahr; aber wenigstens kann man über sie befehlen. Du darfst es mir glauben: ich wäre gar nicht abgeneigt, noch einmal zu heiraten. Natürlich eine Vernunftheirat mit irgendeinem gesetzten –«
    »Minister oder so etwas –« unterbrach ich lächelnd.
    »O du Schlau – du durchblickst mich schon wieder! Du – schau dorthin, bemerkst du denn nicht, wie der Toni Delnitzky in deine Sylvia hineinredet. Das ist ja kompromettant.«
    »Laß gut sein. Die Beiden sind auf dem Wege von der Kirche hierher einig geworden. Sylvia hat es mir anvertraut – morgen wird der junge Mann bei mir um ihre Hand anhalten.«
    »Was du nicht sagst? Nun, dann kann man ja gratulieren! Soll zwar mitunter ein leichter Vogel gewesen sein, der schöne Toni ... aber das sind sie ja alle – das geht schon nicht anders und wenn man bedenkt, welche prächtige Partie er ist« ...
    »Das hat meine Sylvia nicht bedacht: sie liebt ihn.«
    »Nun, desto besser – das ist eine schöne Zugabe in die Ehe.«
    »Zugabe? Es ist das Um und Auf.« Einer der Gäste, ein k. u. k. Oberst a. D., klopfte an sein Glas und: »o weh – ein Toast!« dachten wohl die meisten, indem sie ihre Sondergespräche unterbrachen und sich seufzend anschickten, dem Redner zu lauschen. Es war aber auch zum seufzen; dreimal blieb
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