Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Waffen nieder!

Die Waffen nieder!

Titel: Die Waffen nieder!
Autoren: Bertha von Suttner
Vom Netzwerk:
internationaler Schiedsgerichte vorzubringen. Die nächste interparlamentarische Konferenz soll im Juli 1890 in London zusammentreten.
    Auch ein Fürstenmanifest findet sich in dem blauen Heft – datiert März 1888 – ein Manifest, aus welchem endlich – mit altem Herkommen brechend – statt des kriegerischen, ein friedlicher Geist hervorleuchtete. Aber der Edle, der jene Worte an sein Volk erlassen, der Sterbende, der mit dem Aufwand seiner letzten Kraft nach dem Szepter griff, das er handhaben wollte, als wär's ein Palmenzweig – der blieb machtlos an das Schmerzenslager gefesselt, und nach kurzer Frist war alles vorbei ...
    Ob sein Nachfolger – der begeisterungsglühende, der Großes wollende – für das Friedensideal begeistern wird?? Nicht ist's unmöglich.
    * * *
    »Mutter, willst du übermorgen deine Trauerkleider nicht ablegen?«
    Mit diesen Worten trat heute morgen Rudolf in mein Zimmer. Für übermorgen nämlich – 30. Juli 1889 – ist die Taufe seines erstgeborenen Sohnes angesetzt.
    »Nein, mein Kind,« antwortete ich.
    »Aber bedenke, an einem solchen Freudenfeste wirst du doch nicht traurig sein – warum also das äußere Zeichen der Trauer beibehalten?«
    »Und du wirst doch nicht abergläubisch sein und fürchten, das schwarze Kleid der Großmutter könne dem Enkel Unglück bringen?«
    »Das wohl nicht – aber es stimmt nicht zu der umgebenden Fröhlichkeit. Hast du denn einen Eid geschworen?«
    »Nein – es ist nur ein gefaßter Vorsatz. Aber ein Vorsatz, der an ein solches Andenken sich knüpft – du weißt, was ich meine – der nimmt die Unverbrüchlichkeit eines Eides an.«
    Mein Sohn neigte das Haupt und beharrte nicht weiter.
    »Ich habe dich in deiner Beschäftigung gestört ... du schreibst?«
    »Ja – meine Lebensgeschichte. Ich bin gottlob zu Ende. Das war das letzte Kapitel –«
    »Wie willst du den Schluß deiner Geschichte geben? Du lebst ja noch – und sollst noch viele Jahre, viele glückliche Jahre unter uns verbringen, Mutter! mit der Geburt meines kleinen Friedrich, den ich dazu erziehen werde, die Großmama anzubeten, beginnt ja wieder ein neues Kapitel für dich.
    »Du bist ein gutes Kind, mein Rudolf. Ich müßte undankbar sein, wenn ich an dir nicht Stolz und Freude hätte ... und ebenso stolze Freude macht mir meine – seine holde Sylvia: ja, ich gehe einem gesegneten Alter entgegen. Ein milder Abend – aber die Geschichte des Tages ist doch aus, wenn die Sonne untergegangen ist, nicht wahr?« Er antwortete nur mit einem stummen, mitleidsvollen Blick.
    »Ja, das Wort ›Ende‹ unter meiner Biographie ist berechtigt. Als ich den Entschluß faßte, dieselbe zu schreiben, beschloß ich zugleich, beim 1. Februar 1871 abzubrechen. Nur, wenn du mir auch noch durch den Krieg entrissen worden wärest, was ja so leicht hätte geschehen können – zum Glück warst du zur Zeit des bosnischen Feldzuges noch nicht wehrpflichtigen Alters – nur dann hätte ich mein Buch noch verlängern müssen. Doch so wie es ist, war es schon schmerzlich genug zu schreiben.«
    »Und wohl auch – zu lesen ...« bemerkte Rudolf, in der Handschrift blätternd.
    »Das hoffe ich. Wenn dieser Schmerz nur in einigen Herzen tatkräftigen Abscheu gegen die Quelle des hier geschilderten Unglücks weckt, so werde ich nicht vergebens mich gequält haben.«
    »Hast du aber auch alle Seiten der Frage beleuchtet, alle Argumente erschöpft, den Wurzelkomplex des Kriegsgeistes analysiert, die wissenschaftlichen Grundlagen genügend aufgebaut? Hast du –«
    »Mein Lieber, wo denkst du hin? Ich habe ja nur sagen können, was sich in meinem Leben – in meinen beschränkten Erfahrungs- und Empfindungskreisen abgespielt. Alle Seiten der Frage beleuchtet? Gewiß nicht! Was weiß ich z. B. – ich, die reiche, hochgestellte – von den Leiden, die der Krieg über die Massen des Volkes verhängt? Was kenne ich von den Plagen und bösen Einflüssen des Kasernenlebens ? Und die wissenschaftlichen Grundlagen? Wie komme ich dazu, in ökonomisch-sozialen Fragen bewandert zu sein und diese sind es – so viel weiß ich nur – welche schließlich alle Umbildungen bestimmen ... Keine Geschichte des vergangenen und zukünftigen Völkerrechts stellen diese Blätter dar – eine Lebensgeschichte nur.«
    »Fürchtest du nicht eins? Man merkt die Absicht und –«
    »Verstimmt wird man doch nur durch eine durchschaute Absicht, die der Urheber schlau zu verbergen meinte. Die Meinige aber liegt unverhohlen zu Tage –
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher