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Die Waffen nieder!

Die Waffen nieder!

Titel: Die Waffen nieder!
Autoren: Bertha von Suttner
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der Unglückliche stecken und die Wahl seiner vorgebrachten Wünsche war nicht minder unglücklich. Der Täufling wurde gepriesen, in einer Zeit geboren zu sein, in der das Vaterland bald Söhne brauchen werde ... »Möge er einst ruhmreich wie sein mütterlicher Urgroßvater, wie sein väterlicher Großvater das Schwert führen ... möge er selbst viele Söhne zeugen, die ihrerseits den Vater und den Vätern Ehre machen, und wie so viele der auf den Feldern der Ehre gebliebenen Väter ... Väter – für die Ehre des Landes ihrer Väter – ihrer Väter und Vatersväter siegen oder – kurz: Friedrich Dotzky lebe hoch!«
    Die Gläser klirrten, aber die Rede hatte nicht gezündet.
    Daß dieses kaum ins Dasein getretene Leben jetzt schon auf die Totenliste kommender Schlachten gesetzt wurde, machte keinen freundlichen Eindruck.
    Um dieses düstere Bild zu verscheuchen, fühlte sich einer der Anwesenden veranlaßt, die tröstliche Bemerkung vorzubringen, daß die gegenwärtigen Konjunkturen einen längeren Frieden verbürgten, daß der Dreibund –
    Damit war das allgemeine Gespräch wieder glücklich auf das politische Gebiet gebracht und Minister Andererseits ergriff das Wort.
    »In der Tat (Lori Griesbach hing an seinem Munde), es liegt zu Tage: die Wehrtüchtigkeit, welche wir erreicht haben, ist etwas Großartiges und dürfte alle Friedensbrecher abschrecken.
    Das Landsturmgesetz, welches alle tauglichen Staatsbürger vom 19. bis 42., die einstigen Offiziere sogar bis zum 60. – Lebensjahre zum Kriegsdienst verpflichtet, erlaubt uns, beim ersten Aufgebot allein 4 800000 Soldaten aufzustellen. Andererseits läßt sich nicht leugnen, daß das wachsende Mehrerfordernis, welches von der Heeresverwaltung in Anspruch genommen wird, schwer auf der Bevölkerung lastet, und daß die zur ausgiebigen Schlagfertigkeit des Reiches erforderlichen Maßnahmen im umgekehrten Verhältnis zur Frage der Regelung der Finanzlage stehen; es ist aber andererseits erhebend, mit welchem opferfreudigen Patriotismus die Volksvertreter stets und allerorts die von dem Kriegsministerium geforderte Mehrbelastung bewilligen; sie erkennen die von allen einsichtigen Politikern zugegebene, durch die Wehrhaftigkeitsentfaltung der Nachbarstaaten und durch die politische Situation bedingte Notwendigkeit, alle anderen Rücksichten dem eisernen Zwang der militärischen Kräftigung unterzuordnen.«
    »Der leibhaftige Leitartikel!« bemerkte jemand halblaut.
    »Andererseits« fuhr aber fort:
    »Umsomehr, als dadurch ja eine Bürgschaft geschaffen wird für die Erhaltung des Friedens. Denn, indem wir in traditionellem Patriotismus zur Sicherung der Grenzen es der unausgesetzten Steigerung der Wehrkraft unserer Nachbarstaaten gleichtun, erfüllen wir eine erhabene Pflicht und hoffen, etwa drohende Gefahren auch fernerhin zu bannen. So erhebe ich denn dieses Glas auf dasjenige Prinzip, welches, wie ich weiß, unserer Baronin Martha so sehr am Herzen liegt – ein Prinzip, das auch die Signaturmächte der mitteleuropäischen Friedensliga hochhalten, und ich fordere Sie auf, mit mir anzustoßen: Es lebe der Frieden! Möge seine Wohltat uns noch recht lange erhalten bleiben!«
    »Darauf trinke ich nicht«, sagte ich. »Der bewaffnete Friede ist keine Wohltat... und nicht lange soll uns der Krieg verhütet bleiben, sondern immer. Wenn man sich auf die Meerfahrt macht, soll die Zusicherung nicht genügen, daß recht lange Schiff an keiner Klippe zerschelle. Daß die ganze Fahrt glücklich überstanden werde, danach wird der ehrliche Kapitän trachten.«
    Doktor Bresser, noch immer unser bester Hausfreund kam mir zu Hilfe:
    »In der Tat, Exzellenz, können Sie an den ehrlichen, aufrichtigen Friedenswillen jener glauben, die mit Leidenschaft, mit Begeisterung – Soldaten sind? Die alles, was den Krieg gefährdet – nämlich Abrüstung, Staatenbund, Schiedsgericht – nicht nennen hören wollen? Könnte denn die Freude an Arsenalen und Festungen und Manövern und dergleichen bestehen, wenn diese Dinge wirklich nur als das betrachtet würden, wofür man sie ausgiebt: als Vogelscheuchen? Also, damit man sie niemals brauche, der ganze Kostenaufwand ihrer Herstellung! Die Völker müssen ihr ganzes Geld hergeben, um an den Grenzen Befestigungen zu machen, in der Absicht, sich über die Grenzen dann Kußhändchen zuzuwerfen? Zu einer bloßen Friedens-Aufrechterhaltungs-Gendarmerie läßt sich das Militär nicht Herabdrücken – der oberste Kriegsherr wird doch nicht
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