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Die Waffen nieder!

Die Waffen nieder!

Titel: Die Waffen nieder!
Autoren: Bertha von Suttner
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untereinander zu bekriegen – drei Staaten sogar, wie gegenwärtig der Dreibund, können sich verbünden und eine »Friedensliga« bilden – aber fünf Staaten können dies nicht, dürfen dies nicht? Wahrlich, wahrlich: unsere heutige Welt gibt sich für ungeheuer klug aus und belächelt die Wilden – und doch: in manchen Dingen können auch wir nicht bis fünf zählen.«
    Einige Stimmen erhoben sich: »Was? Wild? – Das uns – mit unserer Kultur? Am Ende des neunzehnten Jahrhunderts?«
    Rudolf stand auf:
    »Ja, wild – ich nehme das Wort nicht zurück. Und so lange wir uns an die Vergangenheit klammern, werden wir Wilde bleiben. Aber schon stehen wir an der Pforte einer neuen Zeit – die Blicke sind nach vorwärts gerichtet, alles drängt mächtig zu anderer, zu höherer Gestaltung ... Die Wildheit mit ihren Götzen und ihren Waffen – schon schleuderten sie viele von sich. Wenn wir der Barbarei auch noch näher sind als die meisten glauben, so sind wir vielleicht auch der Veredelung näher als viele hoffen. Schon lebt vielleicht der Fürst oder der Staatsmann, der die in aller künftigen Geschichte als die ruhmreichste, leuchtendste der Taten geltende Tat vollbringen wird, der die allgemeine Abrüstung durchsetzt. Schon stürzt jener Wahn zusammen, kraft dessen der Staatsegoismus einen so täuschenden Anschein von Berechtigung hat – der Wahn, daß der Schaden des einen den Nutzen des anderen befördere ... Schon dämmert die Erkenntnis, daß die Gerechtigkeit als Grundlage alles sozialen Lebens dienen soll ... und aus solcher Erkenntnis wird die Menschlichkeit hervorblühen, die Edelmenschlichkeit, wie Friedrich Tilling zu sagen pflegte ... Mutter, hier, dieses Glas trinke ich dem Andenken deines ewig unvergessenen Geliebten und Betrauerten, dem auch ich alles verdanke, was ich denke und was ich bin. Und aus diesem Glase« – er warf es an die Wand, wo es zerschellte – »wird kein anderer Trunk mehr gemacht und heute – zu des Neugeborenen Tauffest wird kein anderer Toast mehr gesprochen, als dieser: es lebe die Zukunft! Ihre Aufgaben zu vollbringen, dazu wollen wir uns stählen – nicht: unserer Vatersväter – wie die alte Phrase lautet – wollen wir trachten, uns würdig zu zeigen – nein: unserer Enkelsöhne! ... Mutter – was ist dir?« unterbrach er sich. »Du weinst? ... Was siehst du dort?«
    Mein Blick war nach der offenen Glastür gerichtet. Die Strahlen der untergehenden Sonne umwoben einen Rosenstock mit zittergoldigem Dunst und davon sich abhebend – in lebenswahrer Deutlichkeit – mein Traumbild: Ich sehe die Gartenschere flimmern – das weiße Haupthaar glänzen ... »Nicht wahr« – lächelt er zu mir herüber – »wir sind ein glückliches altes Paar?
    Weh' mir! – – –
    Ende

Nachwort
    »Wen die Götter lieben, dem geben sie einen frühen Tod«. Ich möchte den alten Spruch dahin abändern, daß den Lieblingen der Götter ein rechtzeitiger Tod beschert wird. Ein gütiges Geschick waltete über Bertha von Suttner, als sie, 71 Jahre alt, im Juni 1914 entschlief, inmitten der Vorbereitungen, die sie in Wien für den im September 1914 geplanten Internationalen Friedenskongreß traf. Sie durfte sterben, im Glauben an die Verwirklichung des Ideals, dem sie ein Leben lang treu gedient, das ihre Religion geworden war: Friede auf Erden! Ein versöhnlicher Tod nach einer Laufbahn, reich an Kämpfen, reicher noch an Erfolg und Anerkennung, ein Tod, der sie bewahrte vor dem bittersten Erwachen aus ihrem herrlichen Friedenstraum.
    Die Lehre von der handelnden Tugend findet in Bertha von Suttner eine Bestätigung, ihre Stärke war allezeit eine durch selbständiges Denken geweckte Opposition gegen jedwedes Vorurteil. Als geborene Gräfin Kinsky den Kreisen des österreichischen Hochadels entstammend, schloß sie, 33 Jahre alt, mit dem um 7 Jahre jüngeren Baron Arthur Gudakkar von Suttner, die beste aller Ehen, eine Ehe gegen den Willen der beiderseitigen Familien, die das junge Paar dem harten Lebenskampf preisgaben. Der wirtschaftliche Druck ward zum Segen, er veranlaßte Bertha von Suttner, als Schriftstellerin hervorzutreten. Nach mehreren, von der Kritik gut aufgenommenen Büchern, kam der große Wurf ihres Lebens, das Werk »Die Waffen nieder!« Der Roman entfesselte einen Sturm, er wurde angegriffen und gepriesen, zerfetzt und in den Himmel gehoben, war ein Ereignis nicht nur in Oesterreich und Deutschland, sondern im gesamten Ausland. In hunderttausenden von Exemplaren fand
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