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Die Verwandlung

Die Verwandlung

Titel: Die Verwandlung
Autoren: J. M. Sampson
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denke… langsam erwachsen werde. «
    Sie prustete los. » Erwachsen werden, hä? Das bedeutet dann wohl, dass ich es nicht bin. «
    » So habe ich es nicht gemeint « , entgegnete ich. Megan erwiderte nichts darauf. Es entstand eine lange, peinliche Pause.
    Da ertönte direkt vor mir das Geräusch von Leder, das auf einen Körper aufklatschte, und ein Mädchen schrie auf. Ich sah, wie sich die Klassensprecherin Tracie Townsend aus der Menge löste und zu der Grasfläche gleich neben dem Gehweg rannte– einen Football in den Händen, der sie, wie ich vermutete, ins Gesicht getroffen hatte. Sie jagte einem unbeholfen aussehenden Typen in einem zu großen Seattle-Seahawks-Trikot hinterher.
    Schließlich seufzte ich noch einmal. » Sieh mal, Megan, es tut mir leid, das schwöre ich dir. Ich hätte niemals gedacht, dass irgendetwas von dem, was letzte Woche geschehen ist, jemals geschehen würde. Auch, dass ich dein Auto stehlen würde, nicht. Du hast recht, ich hätte dich anrufen und mich entschuldigen sollen. Aber… « Ich verstummte, weil ich weder wusste, wie ich den Satz beenden noch wie ich alles erklären sollte. Spencer und ich teilten, gemeinsam mit ein paar anderen Jugendlichen, die ich erst noch finden musste, ein Geheimnis. Ein Geheimnis, von dem ich nicht sicher war, ob ich es Megan anvertrauen konnte. Megan war jedoch jahrelang meine einzige und beste Freundin gewesen. Und abgesehen von dem Irrsinn des letzten Wochenendes hatte ich sie vermisst. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie es war, sie nicht zum Reden zu haben. Ich schluckte. » Bitte Megan,… akzeptier einfach meine Entschuldigung, okay? Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir keine Freundinnen mehr sein sollen. «
    Eine gefühlte Ewigkeit lang würdigte sie mich weder einer Antwort noch eines Blickes. » Irgendetwas stimmt nicht mit dir « , sagte sie leise. » Verrätst du mir, was los ist? Bist du am Ende krank? «
    » Ich… Ja « , erwiderte ich, » bin ich. Aber ich denke, ich habe herausgefunden, was es ist, und von jetzt an wird es mir wieder besser gehen. «
    Megan sah mich an, und ich konnte in ihrem Blick eine Mischung aus Unglauben und Hoffnung erkennen. Ich kannte Megan sehr gut: Ich war ihre einzig wahre Freundin und sie meine. Sie wollte mich ebenso wenig verlieren. » In Ordnung « , sagte sie. » Okay, gut. Ich akzeptiere deine Entschuldigung. Aber irgendwann setzt du dich hin und erzählst mir, was mit dir los gewesen ist. «
    » Versprochen. «
    Seite an Seite schlossen wir uns wieder dem Pilgerstrom derjenigen an, die auf dem Weg zur Schule waren.
    » Noch eines « , sagte sie. » Wenn du mir jemals– jemals – wieder so etwas antust wie am Freitagabend, dann werde ich dir die Freundschaft kündigen. Verstanden? «
    Ich lachte. » Verstanden. «
    Als wir am Eingang angelangt waren, klingelte die Schulglocke zum ersten Mal. Alle Schüler, die noch bis zum letzten Moment draußen herumgestanden hatten, rannten jetzt in ihre erste Unterrichtsstunde. Megan und ich machten uns gerade daran, ihrem Beispiel zu folgen, als mir etwas ins Auge fiel.
    » Ich komme gleich nach « , sagte ich zu Megan. » Ich habe hier noch kurz etwas zu erledigen, okay? «
    Sie warf mir einen neugierigen Blick zu, zuckte aber schließlich die Achseln und meinte: » In Ordnung. Wir sehen uns gleich. «
    Ich ließ Megan und die Menschenmenge hinter mir und schlenderte zu der Wand, an der letzte Woche die improvisierte Gedenkstätte für Emily Cooke und Dalton entstanden war. Die an den Gitterstäben befestigten Schleifen lösten sich langsam, die Blumen waren verwelkt und die Teddybären mit Regenwasser vollgesogen. Lediglich die durch Laminat geschützten Fotos schienen das Wochenende unbeschadet überstanden zu haben.
    Ich presste meine Finger gegen das Foto von Emily Cooke, sah in ihre fröhlichen blauen Augen und flüsterte: » Ich habe es geschafft. Ich habe ihn erwischt. « Noch vor Kurzem hatte ich den Schalter umlegen wollen, um wieder ein normaler Teenager zu werden. Doch jetzt? Das hier könnte sich als so viel besser erweisen. Außerdem gab es jetzt jemanden, der mich verstand. Jemanden, der war wie ich und mit dem ich all diese Veränderungen teilen konnte. Mehrere solcher Jemands, um genau zu sein. In meinem Leben lief nicht alles gut, bei Weitem nicht. Es gab noch so viele offene Fragen zu dem, was mir gerade widerfuhr. Unabhängig davon, was ich Megan erzählt hatte, war ich mir keineswegs sicher, ob ich das ungezügelte Wesen meiner
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