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Die verschwundene Frau

Die verschwundene Frau

Titel: Die verschwundene Frau
Autoren: Sara Paretsky
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von Global haben die Kosten dafür erst übernommen, als ich ihnen erklärt habe, dass das Gesundheitsamt Fragen über das Essen hier im Golden Glow stellt und ich die Sache wahrscheinlich abblasen muss.«
    »Und warum haben sie's nicht einfach irgendwo anders gemacht?«
    »Nun, weil sie für den Partyservice zahlen, aber das habe ich ihnen erst heute vormittag gesagt. In Hollywood heißt es, dass man sich's mit Global nicht verscherzen darf, aber hier in dieser Stadt sind sie fremd.« Sie lachte und verschwand in der winzigen Küche.
    So gegen Mitternacht kam an der Tür Unruhe auf. Ich hoffte, dass Lacey der Grund für diese Unruhe wäre, damit ich endlich Emily einsammeln und nach Hause fahren konnte, aber es waren nur ein paar Spieler von den Bulls, also langweilig für Emily und ihre Freundinnen. Als die Menge für die Männer Platz machte, entdeckte ich Mary Louise und Emily, die sich direkt neben dem Eingang postiert hatten, damit Emily von Lacey sofort ein Autogramm bekommen konnte, wenn diese eintraf. Emily war genauso gekleidet wie die Mad Virgin: Sie trug ein schwarzes Oberteil, eine Stretchhose sowie Schuhe mit Plateausohlen der Marke Virginwear, die Global gehörte.
    Mary Louise hatte offenbar einen Deal mit einem der Sicherheitsbeamten gemacht. Sie war selbst zehn Jahre lang bei der Polizei gewesen und hatte deshalb noch Verbindungen. Jedenfalls hatte der diensthabende Beamte Emily direkt hinter die Absperrseile aus rotem Samt gesetzt, die den Eindruck vermitteln sollten, dass das Golden Glow so etwas wie einen Eingangsbereich hatte. Er hatte ihr sogar einen Barhocker organisiert. Ich war ein bisschen neidisch, denn mir taten die Beine von der stundenlangen Herumsteherei allmählich weh.
    »Warten Sie auch auf Lacey?«
    Als ich mich umdrehte, sah ich, dass ein Fremder mit mir sprach, ein kräftiger, ein paar Jahre jüngerer Mann als ich, mit lockigen braunen Haaren und der Andeutung eines Schnurrbarts.
    »Ich bin mit dem Bräutigam befreundet«, sagte ich, »aber ich habe leider eine junge Frau dabei, die erst hier weggeht, wenn sie ein Autogramm von Lacey hat.«
    »Eine Freundin des Bräutigams? Ach so, jetzt verstehe ich, das war ein Scherz«, sagte er mit einem Lächeln in den Augen. »Und ich bin mit der Braut befreundet. Zumindest sind wir im selben Haus aufgewachsen, und sie war ganz aufgeregt, als sie mir erzählt hat, dass sie nach Chicago zurückkommt.«
    »Ist sie denn wirklich von hier? Wenn Schauspieler sagen, dass sie aus Chicago kommen, meinen sie damit normalerweise Winnetka oder New Trier, aber nicht die Stadt selber.«
    »Doch, doch. Wir sind in Humboldt Park aufgewachsen. Bis wir zwölf waren, haben wir immer zusammengesteckt, damit die Größeren uns nicht ständig piesackten. Dann hat sie irgendwann 'ne Rolle im Fernsehen gekriegt und sofort sagenhaften Erfolg gehabt. Heute behaupten genau die gleichen Typen, die ihr früher immer im Treppenhaus aufgelauert haben, plötzlich, dass sie mal mit ihr befreundet waren, aber so leicht lässt sie sich nicht drankriegen.«
    »Erinnert sie sich noch an Sie?« Eigentlich interessierte mich das nicht sonderlich, aber ein bisschen Small talk würde helfen, den Abend schneller vergehen zu lassen.
    »Klar. Sie hat mir 'ne Einladung für heute abend geschickt. Aber sie will sich nicht allein mit mir treffen.« Er streckte die Hand nach einer Flasche Bier aus und schüttelte dabei den Kopf, als wolle er einen lästigen Gedanken loswerden. »Warum auch? Und mit welchem Bräutigam sind Sie befreundet? Arbeiten Sie fürs Fernsehen?«
    »Nein, nein. Ich kenne bloß Murray Ryerson, das ist alles.«
    »Sie arbeiten für ihn?« Er nahm einen Teller mit winzigen Sandwiches vom Tablett eines vorbeigehenden Kellners und reichte ihn mir.
    Ich sage den Leuten nicht gern, dass ich Privatdetektivin bin - das ist fast so schlimm wie ein Arzt auf einer Party, denn jeder hat irgendwelche Probleme, für die er dann sofort eine Losung erwartet. Auch dieser Abend war da keine Ausnahme. Als ich dem Mann sagte, was ich beruflich machte, meinte er, vielleicht könne ich ihm ja helfen. In seiner Fabrik hätten sich in letzter Zeit merkwürdige Dinge ereignet.
    Ich unterdrückte ein Seufzen und fischte in meiner Handtasche nach einer Visitenkarte. »Rufen Sie mich an, wenn Sie sich an einem Ort, an dem ich mich voll und ganz auf Sie konzentrieren kann, mit mir darüber unterhalten wollen.«
    »V. I. Warshawski? Ecke Leavitt Street und North Avenue? Das ist gar nicht weit
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