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Die verschwundene Frau

Die verschwundene Frau

Titel: Die verschwundene Frau
Autoren: Sara Paretsky
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dass ich auf Mary Louise und Emily warten musste. »Soll ich dir ein bisschen an der Theke helfen? Dann hätte ich wenigstens was zu tun.« »Mir wär's lieber, wenn du nach hinten gehst und die Teller spülst. Du weißt ja, dass es hier normalerweise nichts zu essen gibt, und meine kleine Spülerin weiß gar nicht mehr, wo ihr der Kopf steht. Soll ich dir die Flasche Black Label bringen?«
    »Ich muss noch fahren. Was anderes als San Pellegrino gibt's heute abend nicht.«
    Murray gesellte sich mit seiner Begleiterin zu uns und legte den Arm um Sal.»Danke, dass du das Golden Glow zur Verfügung gestellt hast. Weißt du, ich dachte, wir sollten an einem Ort feiern, der wirklich typisch für Chicago ist.«
    Dann stellte er sie seiner Begleiterin vor. »Das ist Sal Barthele. Sie sorgt mit dafür, dass Chicago sein besonderes Flair erhalt. Und das ist Alexandra Fisher. Sie ist aus Chicago geflohen. V. I. Warshawski kennst du ja.«
    »Ja, ich kenne Vic.« Sal wand sich aus Murrays Umarmung. »Hör auf, so anzugeben, Murray. Wir fallen nicht alle in Ohnmacht, weil du mal fünfzehn Minuten vor 'ner Kamera gesessen hast.«
    Murray warf den Kopf zurück und lachte. »Das macht diese Stadt so toll. Aber eigentlich habe ich Alex gemeint. Sie und Vic haben zusammen Jura studiert.«
    »Tatsächlich?« Ich erinnerte mich nicht an den Namen.
    »Ich hab' mich ein bisschen verändert.« Auch Alex lachte und packte meine Hand mit festem Griff.
    Ich drückte zurück, fest genug, um sie zu überraschen. Sie hatte die Muskeln einer Frau, die regelmäßig mit Gewichten arbeitete, und die vorstehenden Knochen eines Menschen, der sich praktisch ausschließlich von Salat ernährt. Ich hingegen hatte die Muskeln einer Straßenkämpferin von der South Side und wahrscheinlich die entsprechenden Manieren.
    Ich wusste immer noch nicht, woher ich sie kannte. Die tiefrot gefärbten Haare trug sie an den Seiten kurz. Am Oberkopf hatte sie sie mit etwas Brillantineähnlichem, das aber auf jeden Fall deutlich teurer war, nach hinten gekämmt. Bevor ich sie etwas fragen konnte, trat ein junger Mann mit kragenlosem weißem Hemd zu uns und murmelte Alex etwas über »Mr. Trant« zu. Sie verabschiedete sich mit einem kurzen Winken von Murray und mir und folgte dem jungen Mann ins Zentrum der Macht. Die Klatschkolumnistin Regine Mauger, die immer noch auf ein Opfer wartete, wollte sie aufhalten, um einen Kommentar von ihr zu bekommen, aber da war Alex schon in der Menge verschwunden.
    »Na, was meinst du, V. I.?« Murray holte sich die Hälfte des Räucherlachses von Sals Tablett und spülte ihn mit einem Schluck Bier hinunter.
    Erst da fiel mir auf, dass er sich für sein Fernsehdebüt den Bart abrasiert hatte. Ich hatte miterlebt, wie dieser feuerrote Bart in den Jahren unserer Zusammenarbeit und auch Rivalitäten allmählich rotbraun und schließlich grau meliert geworden war, aber sein nacktes Kinn hatte ich noch nie gesehen.
    Das tat mir irgendwie weh - der dumme Murray, da plusterte er sich so auf für die Medien -, also sagte ich hastig: »Ich finde, sie hat tolle Muskeln.«
    »Ich meine nicht die Frau, sondern meine Sendung, Warshawski.«
    Ich wandte den Blick nicht von der Mahagonitheke »Ich finde, du räumst Lacey den gleichen Stellenwert ein wie damals Gantt-AG oder anderen Storys, bei denen wir zusammengearbeitet haben.«
    »Mein Gott, Warshawski, musst du immer gleich so kritisch sein?«
    »Ich wünsch' dir Glück, Murray, wirklich.« Dann betrachtete ich sein Gesicht. Das, was er in meinen Augen sah, ließ ihn den Blick abwenden. Er schenkte Sal ein weiteres übertriebenes Grinsen und nahm sie noch einmal in den Arm, bevor er sich in die Richtung in Bewegung setzte, in der seine Begleiterin sich jetzt befand. Als ich ihm nach schaute, merkte ich, dass jemand die Kamera auf uns gerichtet hatte: Er hatte Sal also fürs Fernsehen umarmt.
    »Ich habe den Eindruck, Murray hat sich das Golden Glow bloß ausgesucht, damit er diesen Hollywood-Typen beweisen kann, dass er sich mit Schwarzen abgibt«, sagte Sal und sah ihm stirnrunzelnd nach. Ich sagte nichts, aber letztlich pflichtete ich ihr bei.
    »Diese Alex Fisher gehört zur juristischen Abteilung von Global«, sagte Sal, den Blick immer noch auf den Raum gerichtet. »Sie haben sie eigens von Kalifornien hier rübergeholt. Ich hab' schon wegen der Haftungsfrage mit ihr zu tun gehabt. Stell dir vor, ich hab' doch tatsächlich 'ne Versicherung für heute abend abschließen müssen. Und die Leute
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