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Die Verschwoerung von Whitechapel

Die Verschwoerung von Whitechapel

Titel: Die Verschwoerung von Whitechapel
Autoren: Anne Perry
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bestätigt.«
    Juster lächelte. »Nun, vielen Dank. Bevor mein ehrenwerter Freund die Frage stellt, will ich das selbst tun. Sind Sie auf jemanden gestoßen, der Zeuge eines Streits, einer Auseinandersetzung oder einer Meinungsverschiedenheit zwischen Mr. Adinett und Mr. Fetters geworden wäre?«
    »Ich habe danach gefragt, aber niemand hatte dergleichen mitbekommen«, gab Pitt zu und musste bekümmert daran denken, wie große Mühe er sich gegeben hatte. Nicht einmal Mrs. Fetters, die inzwischen überzeugt war, dass man ihren Mann ermordet hatte, konnte sich erinnern, dass er und Adinett irgendwann gestritten hatten, und sie hätte auch keinen Grund gewusst, warum ihm Adinett hätte schaden wollen. Die Sache war ebenso verwirrend wie schrecklich.
    »Und dennoch haben Sie aus diesen dürftigen Hinweisen den Schluss gezogen, dass Martin Fetters einem Mord zum Opfer gefallen ist, und zwar von John Adinetts Hand?«, setzte Juster mit weit aufgerissenen Augen und sanfter Stimme nach. Er hob die schmalen Hände mit den langen Fingern und zählte die Punkte auf. »Man hat den Sessel in der Bibliothek bewegt, auf den Regalen waren drei Bücher am falschen Platz, auf einem Teppich war eine kleine Fläche niedergedrückt, Textilfasern hatten sich im Schuhabsatz des Toten verfangen, und im Holz der Tür zum Billardzimmer fand sich ein frischer Kratzer? Würden Sie wollen, dass jemand, auf diese Indizien gestützt, für das schrecklichste aller Verbrechen verurteilt wird?«
    »Dass er vor Gericht gestellt wird«, verbesserte Pitt und spürte, wie ihm die Röte heiß ins Gesicht stieg. »Meiner Überzeugung nach passt zu all diesen Tatsachen nur eine Erklärung: Der Angeklagte hat Martin Fetters im Streit getötet und anschließend alles so arrangiert, dass – «
    »My Lord«, sagte Gleave laut, mit erhobenen Armen. Er war aufgesprungen.
    »Kein Einspruch«, sagte der Richter fest. »Was Indizien angeht, ist Oberinspektor Pitt Fachmann. Das hat er im Laufe von zwanzig Dienstjahren bei der Polizei bewiesen.« Er lächelte trübselig. »Es ist Aufgabe der Geschworenen, sich selbst ein Bild von seiner Wahrheitsliebe und seiner Tüchtigkeit zu machen.«
    Ein flüchtiger Blick zur Geschworenenbank zeigte Pitt, dass der Obmann leicht nickte. Sein Gesicht war glatt und gelassen, sein Blick ruhig.
    Eine Frau auf der Zuschauergalerie lachte und schlug dann die Hände vor den Mund.
    Gleaves Gesicht wurde tiefrot.
    Juster verneigte sich und bedeutete Pitt mit einer Handbewegung fortzufahren.
    » – dass es wie ein Unfall aussah«, beendete dieser seinen Satz. »Ich nehme an, dass er anschließend die Bibliothek verlassen und die Tür geschlossen hat und nach unten gegangen ist, um sich von der Dame des Hauses zu verabschieden. Danach hat ihn der Butler zur Tür begleitet. Auch der Lakai hat gesehen, wie er das Haus verließ.«
    Der Geschworenen-Obmann und sein Nachbarn sahen einander an, dann wandten beide ihre Aufmerksamkeit erneut Pitt zu.
    Dieser setzte seine Darlegung fort.
    »Adinett ist dann wohl ein Stück die Straße entlanggelaufen und ist nach vielleicht dreißig Metern durch den Garten zum Seiteneingang gegangen, durch den er ins Haus gelangte. Man hat einen Mann, auf den seine Beschreibung zutrifft, genau zu diesem Zeitpunkt dort gesehen. Er hat erneut die Bibliothek aufgesucht und gleich nach dem Eintreten dem Butler geläutet.«
    Wieder herrschte atemlose Stille im Saal. Aller Augen ruhten auf Pitt.
    »Beim Eintreten des Butlers stand Adinett hinter der geöffneten Tür, sodass man ihn nicht sehen konnte«, fuhr er fort. »Als der Butler hinter den Sessel zu Mr. Fetters ging, hat Adinett den Raum verlassen und für den Fall, dass der Butler Alarm schlug und weitere Dienstboten die Treppe hinaufkamen, das Billardzimmer aufgesucht. Als niemand mehr auf dem Treppenabsatz war, hat er es verlassen und in seiner Eile mit dem Stock an die Tür gestoßen. Er ist dann ungesehen aus dem Haus gegangen.«
    Man hörte ein Stöhnen und das Rascheln von Stoff, als sich die Menschen im Saal nach der Anspannung wieder regten.
    »Danke, Oberinspektor.« Juster verneigte sich kaum wahrnehmbar. »Lauter Indizien, aber, wie Sie gesagt haben, die einzige Lösung, die zu allen Tatsachen passt.« Er warf einen kurzen Blick auf die Geschworenen und sah dann wieder Pitt an. »Zwar wäre es unseren Zwecken dienlich, dem Gericht mitzuteilen, warum es zu dieser schrecklichen Tat gekommen ist, doch sind wir dazu nicht verpflichtet. Wir müssen
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