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Die Verschollenen

Die Verschollenen

Titel: Die Verschollenen
Autoren: Brian Keene
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den Fersen. Sie haben gleichzeitig das Ufer erreicht, aber Stefan ist als Erster über die Ziellinie gegangen. Jetzt hat er seinen Platz im Kreis der Sicherheit, und irgendjemand anders wird heute Abend nach Hause fahren müssen.«
    »Und wer?«

    »Keine Ahnung. Irgendwelche Vorschläge, wen du gerne loswerden würdest?«
    Beckas Antwort wurde von einem neuen Hustenanfall abgewürgt.
    »Bist du okay?«
    Jerry klang aufrichtig besorgt. Becka musterte ihn vorsichtig.
    »Ich bin nicht gerne im Wasser.«
    Sofort bereute sie es, ihm diese Schwäche offenbart zu haben. Wenn er wollte, konnte Jerry das ab jetzt ausnutzen, um seine Position im Spiel zu stärken.
    »Das hier?« Grinsend paddelte er wie ein Hund. »Das ist doch gar nichts. Nur ein paar kleine Wellen.«
    »Ich dachte, wir würden einen Sturm kriegen. Das hat einer aus der Crew - Mark, der Typ mit dem Vokuhila-Schnitt - vorhin gesagt.«
    »Kann sein.« Jerry musterte den Himmel. »Aber die Sonne scheint, und am Himmel ist keine Wolke zu sehen. Das sind keine Sturmwellen. Das Meer ist kabbelig, ja, aber das ist nichts, worüber man sich Sorgen machen müsste. In Santa Monica surfe ich ständig bei wesentlich stärkerem Seegang. Halt dich an mir fest, dann bringe ich uns ans Ufer.«
    »Ich komme schon klar. Es ist nur … Als ich noch klein war, hatte ich ein schlimmes Erlebnis in einem Swimmingpool. Mein Bruder hat mich im tiefen Teil runtergedrückt, als ich erst vier war. Wasser
macht mir ein wenig Angst, aber ich werde es schon schaffen.«
    Der Motor des Bootes drehte auf, und das kleine Gefährt raste an ihnen vorbei. Die Kameralinse war jetzt auf Pauline und Roberta gerichtet. Hustend beobachtete Becka die beiden Frauen, die gemeinsam ans Ufer schwammen, und spürte einen Stich der Eifersucht. Sogar Roberta, eine Bibliothekarin mittleren Alters, schlug sich besser als sie.
    »Komm schon«, beharrte Jerry. »Lass mich dir helfen.«
    Becka zögerte, weil sie ihm immer noch nicht traute.
    Jerrys Grinsen erlosch. »Hör mal, die Million wird dir nicht viel nützen, wenn du ertrinkst, bevor du die Insel erreichst. Du hustest und keuchst und bist offensichtlich total fertig. Denk mal nach. Die Challenge ist sowieso vorbei. Stefan hat gewonnen.«
    »Ja«, murmelte sie, »schätze schon.«
    Er streckte den Arm aus. Becka zögerte noch kurz, packte ihn dann aber und hielt sich an ihm fest. Unter seiner nassen Haut lagen steinharte Muskeln. Sie schauderte und spürte ein warmes Ziehen im Bauch. Falls Jerry es bemerkte, ließ er es sich nicht anmerken. Stattdessen trieb er sie mit starken, sicheren Zügen voran. Sie hoben und senkten sich mit den Wellen. Über ihnen kreisten Seevögel, nutzten den Aufwind und kreischten ohne Pause.
    Das Boot wurde langsamer und erreichte mit leise
tuckerndem Motor Roberta und Pauline. Die zwei Frauen waren ein seltsames Paar. Roberta, vierundfünfzig, war Bibliothekarin am Ulster County Community College in Poughkeepsie, New York. Pauline, einundvierzig, war Tänzerin, Model und ehemalige Cheerleaderin in der NFL und stammte aus Tampa. Roberta war nett, zurückhaltend und ernst. Pauline war gesellig, aufgedreht und wahrscheinlich die größte Hohlbirne des Planeten - zumindest war das die Meinung ihrer Castaway-Kollegen. Doch trotz all dieser großen Unterschiede hatten sich die beiden bereits am ersten Tag auf der Insel zusammengeschlossen. Sie schwammen neben Troy, einem dürren, tätowierten Automechaniker aus Seattle, der ständig fluchte.
    Jerry sagte nichts, während er sie Richtung Strand brachte.
    »Ist alles okay?«, fragte Becka. »Oder bin ich zu schwer?«
    »Nein, alles bestens. Du bist leicht wie eine Feder.« Sie wurde rot. »Das liegt daran, dass wir im Camp seit fünf Tagen nichts anderes zu essen hatten als Reis und Fisch.«
    »Stimmt«, bekräftigte Jerry. »Glück für uns, dass Raul und Ryan so gut waren beim Fischfang.«
    »Für sie war das auch Glück. So werden sie nicht rausgewählt.«
    »Trotzdem könnte ich momentan töten für eine Pizza.«

    Becka löste sich von ihm. »Ich glaube, jetzt komme ich klar. Ich kann wieder atmen, und es fühlt sich nicht mehr so an, als würde ich jeden Moment ohnmächtig werden.«
    »Na ja, vielleicht solltest du dich vorsichtshalber noch ein bisschen an mir festhalten. Du kannst loslassen, wenn wir beim Boot ankommen. So können sie es nicht filmen. Wir wollen ja nicht, dass dein Freund die Ausstrahlung sieht und eifersüchtig wird.«
    »Ich habe keinen Freund.«
    »Echt
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