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Die Verraeterin

Die Verraeterin

Titel: Die Verraeterin
Autoren: J. T. Geissinger
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eine Seitentür in der Nähe des Haupteingangs stürmte, schloss Xander die Augen, konzentrierte sich und wurde wie ein Stein, den man ins Wasser warf, vom uralten Marmorboden des Petersdoms verschluckt.

35
    Jemand auf der anderen Seite des Schwefelmeeres kontrollierte ihre Muskeln. Jemand auf der anderen Seite des Meeres sang immer wieder wie einen Refrain: »Brenne! Brenne! Brenne!« Wegen dieser Person stand sie nun in Flammen. Auf ihrer Haut bildeten sich Blasen, bis ihr Fleisch beinahe wegzuschmelzen schien.
    »Xander«, stöhnte Morgan, deren Stimme vor Schreien ganz heiser war.
    »Oh, ja«, erwiderte der Dämon, der ihren Körper in Besitz genommen hatte, und heizte das Feuer noch mehr an, um ihre Knochen zu rösten. »Ich nehme an, dass er jeden Moment da sein wird. Vielleicht sollte ich dich für euer Wiedersehen ein wenig auf Vordermann bringen.« Er kicherte – ein Laut, der wie glühend heiße Schüreisen durch ihre Ohren fuhr. »Wir möchten ja nicht das unglückliche Ende versäumen, nicht wahr?«
    Auf einmal wurde das Feuer schwächer, und Morgan hatte das Gefühl, aus dem brodelnden Schwefel gezogen zu werden. Hustend und keuchend stellte sie fest, dass sie nackt und völlig unverletzt an einer Steinmauer angekettet war.
    »Willkommen zurück, Morgan«, sagte Dominus und lächelte gelassen. »Wie fühlen wir uns?«
    Der Raum drehte sich. Es war ein dunkler, runder Raum mit schwarzen Wänden, die so hoch nach oben führten, dass sie die Decke nicht sehen konnte. Fast schien es ihr, als ob sie sich am Grund eines tiefen Brunnens befinden würde, eines blutverspritzten Brunnes, denn an den Wänden befanden sich auf Augenhöhe überall rote Spuren, von denen einige alt und vertrocknet waren, andere jedoch hell und grauenvoll frisch aussahen.
    In dem Raum befand sich nichts außer einem riesigen, verrosteten Metallgestell, das in die Mauer geschraubt war. Dort hing eine furchterregende Sammlung von Utensilien, die ein Sadist zusammengetragen haben musste. Peitschen aus Stahl, aus Leder, aus Draht, Ketten, Schürhaken und Sägen, Masken, Messer und Metallgegenstände, deren Bezeichnung Morgan nicht kannte, die sie aber dennoch als Werkzeuge unaussprechlicher Quälereien erkannte.
    Sie starrte auf die Dinge und die Blutspritzer an den Wänden. Allmählich begann sich ihr Bewusstsein zurückzumelden. Die unerträgliche Situation, in der sie sich befand, drang immer mehr zu ihrem Verstand durch.
    »Das war eigentlich eine rhetorische Frage«, meinte Dominus und trat näher. »Ich werde dich nicht dazu zwingen, sie zu beantworten.« Er hob eine Hand und strich ganz sanft über ihre nackte Brust, während Morgan sich an den rauen, harten Stein presste, um seiner Berührung, soweit es ging, auszuweichen.
    Ihre Handgelenke waren über ihrem Kopf mit etwas gefesselt, das sich wie Stahl oder Eisen anfühlte. Auch ihre Füße waren auf dieselbe Weise gebunden worden. Doch sie war noch in der Lage, ihren Körper zu bewegen. Während Dominus sie streichelte und zusah, wie sie zurückzuckte, wobei er aufmerksam und gierig den Ekel, die Angst und die Wut beobachtete, die sich in ihrer Miene widerspiegelten, wurde Morgan klar, dass er sie ganz einfach allein durch seine Gedanken in der Hölle hätte halten können, in der sie gewesen war. Doch offensichtlich empfand er noch mehr Lust, wenn er sehen konnte, in welche Furcht er sie versetzte und wie sie dabei zuckte und jammerte.
    Sie hielt inne und schloss die Augen. Mit größter Anstrengung schluckte sie die Galle hinunter, die in ihr aufstieg.
    Dieser Abschaum. Dieser Abschaum. Sie hatte nicht vor, ihm noch länger die Freude zu machen, ihm ihre Angst zu zeigen.
    »Ach, Morgan«, seufzte er, und sie hörte die Ungeduld in seiner Stimme. »Ehrlich, das wird allmählich ziemlich langweilig.«
    Dann schlug er ihr mit einer solchen Wucht ins Gesicht, dass sie Blut schmecken konnte.
    »Wenn du sie noch einmal anfasst«, brüllte eine wütende Stimme hinter ihm, »dann reiße ich dir dein verdammtes Herz aus der Brust!«
    Morgan schluchzte. Dominus wirbelte herum, und Xander sprang mit gefletschten Zähnen aus dem Schatten der Wand gegenüber.
    Dann geschah alles auf einmal.
    Mit der Wucht zweier Dampfloks knallten die beiden Männer gegeneinander und stürzten in einem Chaos aus Gliedmaßen zu Boden. Brüllend verpassten sie einander Hiebe und Schläge, wobei sie immer wieder wie tollwütige Wölfe aufheulten. Es war ein schrecklicher Lärm, der in dem runden Raum auf
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