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Die verlorene Kolonie

Die verlorene Kolonie

Titel: Die verlorene Kolonie
Autoren: Anette Strohmeyer
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verzweifelt aber nicht dumm!“
    Ben hob beide Hände: „Du bist der Experte!“
    „Richtig!“ Ich lächelte. „Und der Experte erzählt euch jetzt, was noch in dem Bericht von Rodriguez Perrez stand.“ Ich machte eine Pause, um die Spannung zu erhöhen. „Der spanische Kapitän segelte mit seinen beiden Schiffen von Roanoke aus weiter nach Norden und stieß dort auf eine weitere völlig unbekannte Siedlung. Angeblich hatten nicht einmal die Engländer eine Ahnung davon, obwohl die Einwohner der neuen Kolonie einen englischen Dialekt sprachen. Als Standort beschreibt Rodriguez Perrez eine markante Flussmündung und eine halbmondförmige Bucht. Der Wald war ungewöhnlich dicht und erstreckte sich bis an den Strand. Kein Mensch war zu sehen, aber am Horizont stieg eine Rauchwolke vom Wald aus senkrecht in den Himmel. Der Capitán ließ Anker werfen und ging an Land. Nachdem er am Strand nichts Besonderes entdecken konnte, schlug er sich mit seinen Männern in den Wald. Hinter einem undurchdringlichen Dickicht entdeckte er schließlich eine Lichtung, auf der sich eine unglaublich riesige Ansammlung von Häusern befand. Er beschreibt die Ausdehnung der Siedlung so groß wie die einer ausgewachsenen Stadt.“
    „Das ist unmöglich. Zu dieser Zeit gab es noch keine Städte in Amerika“, sagte Ben.
    „Wart’s ab, es wird noch fantastischer“, entgegnete ich und fuhr mit Rodriguez Perrez‘ Bericht fort: „Leider konnte der Capitán nur die Dächer der Häuser erkennen, denn die Kolonie war von einer sehr hohen Mauer umgeben. Und als er in den Himmel schaute, stellte er fest, dass es keine Rauchwolke gewesen war, die er vom Schiff aus gesehen hatte. Im Zentrum der Stadt erhob sich ein Turm, der höher war als die Pyramiden von Gizeh!“
    Ben stieß ungläubig Luft aus. „Die höchsten Türme damals waren die Kathedralen Europas. Und der erste Wolkenkratzer, der hier an der Ostküste der USA gebaut wurde und die Hundert-Yards-Marke geknackt hat, war das New York World Building von 1889!“
    „Ich finde es ja auch eigenartig“, wandte ich ein. „Es klingt beinahe nach einem Mythos, wie der von Roanoke.“
    „Hat Rodriguez Perrez die Kolonie denn betreten?“, hakte Addy nach.
    „In seinem Bericht steht, dass man ihn davongejagt hat, nachdem er begonnen hatte, um die Mauer herumzugehen und genauer zu betrachten. Die Anlage der Wehr beschrieb er als eine Art Festung, nur viel größer als jedes Fort, das er je zuvor zu Gesicht bekommen habe. Als Rodriguez Perrez und seine Leute von der Wehr aus plötzlich beschossen und beschimpft wurden, zog er sich auf sein Schiff zurück. Aus gebührendem Abstand beobachtete er die Siedlung noch einige Tage lang mit dem Fernglas, bis die Bewohner ihn auch dort vertrieben.“
    „Wie?“
    „Sie schossen auf die beiden Schiffe. Mit Kanonen.“
    „Von da an war Rodriguez Perrez sich sicher, dass es sich bei dem Fort um einen geheimen Außenposten der Engländer handeln musste. Wahrscheinlich, um die Kaperfahrten der englischen Krone im Atlantik und in der Karibischen See zu stützen. Rodriguez Perrez schätzte, dass die Mauer deshalb so massiv angelegt war, weil die Engländer dahinter ihre erbeuteten Schätze horteten, darunter auch spanisches Gold. Das machte ihn wütend und er überlegte, wie er in die Festung gelangen könnte. Der Eintrag auf der letzten Seite der Dokumente spricht von einem Wirbelsturm, der ihn schließlich dazu zwang, die Segel zu hissen und mit beiden Schiffen zurück nach Europa zu fahren.“
    „Ist er nochmal wiedergekommen? Mit Verstärkung?“, wollte Ben wissen.
    „Keine Ahnung. Das Schriftstück behandelt nur diese eine Reise.“
    „Das klingt doch alles sehr abenteuerlich“, sagte Addy.
    „Gibt es in den Aufzeichnungen von Rodriguez Perrez auch einen Namen von dieser Siedlung?“, fragte Ben weiter.
    „Nein, leider nicht. Aber …“, ich hob einen Zeigefinger, „es gibt eine Karte, die Perrez gezeichnet hat!“
    Ben stieß belustigt Luft aus. „Und was glaubst du, darauf zu finden? Ich meine, diese Quelle, dieser Rodriguez Perrez, ist der überhaupt glaubwürdig? Meines Wissens gab es nie eine andere Siedlung außer Roanoke zu jener Zeit und erst recht keine von einer solchen Größe, wie er es beschreibt. Und Jamestown in North Carolina und das Plymouth der Pilgrims an der Küste von Massachusetts wurden erst nach 1600 gegründet“
    „Das stimmt“, gab ich zu, „deshalb will ich auch versuchen, spanische Quellen zu finden, in denen
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