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Die verlorene Kolonie

Die verlorene Kolonie

Titel: Die verlorene Kolonie
Autoren: Anette Strohmeyer
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Verbindung von Geld und der Transparenz des Bürgers. Leider waren unsere Bemühungen umsonst gewesen. Heute gab es die Google-Bank und die Facebook-Bank. Tja, was soll man dazu sagen? Aber zurück zu Ben. Wir hatten festgestellt, dass wir viele gemeinsame Interessen hatten und dass Ben, der ein Jahr älter war als ich, auch Geschichte studieren wollte. Wir schrieben uns zusammen am Queens College ein und begannen unsere Studentenzeit. Schon im ersten Semester stellte Ben sich als wahres Baseballtalent heraus und wurde in die Collegemannschaft aufgenommen. Er war der Frauenschwarm schlechthin. Blond und blauäugig, gut durchtrainiert und eloquent. Er wusste, immer, was Frauen hören wollten, war witzig und geistreich. Das genaue Gegenteil von mir , dachte ich manchmal.
    „Ein Bud light!“, bestellte ich bei der Bedienung und schob meine Sorgen beiseite. Ich solle Ben einfach mal sagen, wie ich zu Addy stand. „Und einmal den Tex-Mex-Burger mit doppelt Fleisch!“
    „Na, daheim wieder auf Diät?“, fragte Ben scherzhaft. Er wusste, dass mein Dad Vegetarier war und ich zwangsweise zu Hause immer nur Gemüse zu essen bekam. Aber wenn ich woanders aß, musste ich Fleisch haben!
    Mit einem Grinsen nahm ich einen Schluck von dem Bier, das mir die Bedienung hinstellte. Ich überlegte, ob ich meinen Freunden jetzt von meiner Entdeckung erzählen sollte oder erst nach dem Essen. Ich setzte das Glas ab und wollte den Mund öffnen, da klingelte Addys iD.
    Sie warf uns einen entschuldigenden Blick zu und drückte den Empfangsbutton. Ihr Gesicht wurde in bläuliches Licht getaucht, als sie das Bildtelefonat annahm. Es war ihre Mutter, wie ich mitbekam. Addys Vater war sehr krank, und ihre Mutter informierte sie fast täglich über seinen Zustand. Addy nickte und nahm die detailreiche Beschreibung der Krankheit zur Kenntnis. Ihre Miene blieb dabei ausdruckslos. Ich wusste, dass sie diese Anrufe nervten, aber als einzige Tochter fühlte sie sich ihrer Mutter gegenüber verpflichtet. Sie nickte erneut, verabschiedete sich und schaltete das iD aus. Das bläuliche Licht erlosch.
    „Sorry, Jungs.“
    „Kein Problem“, winkte Ben ab und nippte an seinem Drink. Keiner von uns wagte es, sie auf das mitgehörte Gespräch anzusprechen.
    Das Essen kam und wir verfielen in gefräßiges Schweigen. Ich verschlang das köstlich saftige Fleisch des Burgers und stopfte mich mit den fettigen Pommes voll. Ungesünder ging es kaum. Aber ab und zu brauchte ich eine solch kleine Sünde bei dem ganzen Grünfutter zu Hause. Satt und zufrieden schob ich den Teller von mir fort.
    „Und, ist das Raubtier in dir satt?“, fragte Ben.
    „Jawohl!“ Ich leerte mein Bier und bestellte noch ein neues. Die anderen taten es mir gleich. Ein lockeres Gespräch entspann sich und ich wartete auf einen Moment, um mit meiner Neuigkeit herausrücken zu können. Als ich nach dem Vorankommen meiner Bachelor-Arbeit gefragt wurde, war er endlich da.
    „Ich habe da was ganz Sensationelles entdeckt!“, platzte es aus mir heraus.
    „Und was?“ Erwartungsvoll sahen mich Addy und Ben an.
    „Ich war heute in der Public Library an der Fifth Avenue, um die Recherchen für meine Arbeit weiterzuführen, da habe ich ein altes Schriftstück entdeckt. Es war reiner Zufall, denn es war hinter die Buchreihen gerutscht. Und es hatte keine Signatur, also brauchte ich auch nicht nachzusehen, ob es schon digitalisiert worden war.“
    Seit zehn Jahren gab es sämtliche Bücher der Bibliotheken weltweit als elektronische Version, so dass man sie bequem zu Hause über das Netz bestellen und lesen konnte. Meine Recherchen aber erforderten es manchmal, in den Originalen zu stöbern. Meine Freunde verstanden das, denn auch sie liebten alte Bücher und das haptische Erlebnis des Lesens auf Papier.
    „Das Schriftstück besteht aus drei Seiten“, fuhr ich mit meiner Erzählung fort. „Es ist eine spanische Handschrift aus dem 16. Jahrhundert, ziemlich schwer zu lesen, aber ich habe es dennoch hinbekommen.“ Meine zweite Sprache an der Highschool war zum Glück Spanisch gewesen. „Es ist ein Bericht des Seefahrers Capitán Alfonso Rodriguez Perrez. Er hatte 1590 von der spanischen Krone den Auftrag bekommen, nach Amerika zu segeln und Roanoke zu suchen.“
    Roanoke. Die erste englische Kolonie in der Neuen Welt, die es zu einer großen amerikanischen Legende gebracht hatte und zum Inhalt meiner Bachelor-Arbeit. Jeder in Amerika kannte die sagenumwobene Roanoke-Siedlung, deren
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