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Die vergessenen Welten 01 - Der gesprungene Kristall

Die vergessenen Welten 01 - Der gesprungene Kristall

Titel: Die vergessenen Welten 01 - Der gesprungene Kristall
Autoren: R. A. Salvatore
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seit fünfundzwanzig Jahren wie seinen eigenen Sohn aufgezogen.
    Akar Kessell ließ den Dolch los und trat von seinem Meister zurück. Er war entsetzt, daß der Alte trotz seiner tödlichen Wunde immer noch dastand. Er hatte keine Ausweichmöglichkeit mehr und stolperte gegen die Rückwand der kleinen Gästehütte, die die Stadt Osthafen den Zauberern aus Luskan vorübergehend als Unterkunft zur Verfügung gestellt hatte. Kessell zitterte plötzlich heftig, als er darüber nachdachte, welch schwerwiegende Folgen es für ihn haben würde, sollte der alte Magier mit seinem großen Wissen tatsächlich einen Weg gefunden haben, sogar dem Tod zu widerstehen. Möglich schien es ihm auf einmal.
    Welch schreckliches Schicksal würde sein mächtiger Mentor ihm für seinen Verrat auferlegen? Welche Foltermethoden konnte ein wahrhaft mächtiger Zauberer wie Morkai beschwören, welche Methoden der Magie, die alle sonst gebräuchlichen, qualvollen Verfahren in den Schatten stellen würden?
    Selbst als das letzte Licht in seinen Augen erlosch, hielt der sterbende alte Mann den Blick unentwegt auf Akar Kessell gerichtet. Er suchte nach möglichen Beweggründen, er fragte ihn nicht einmal direkt nach dem Grund. Das Streben nach Macht hatte etwas damit zu tun, denn es spielte immer mit bei einem solchen Verrat. Was ihn verwirrte, war, wen es befallen hatte, aber nicht dessen Beweggrund. Kessell? Wie konnte Kessell, der stotternde Lehrling, der kaum den einfachsten Zauberspruch aufrufen konnte, denn je hoffen, von dem Tod des einzigen Menschen zu profitieren, der ihm mehr als nur höfliche Rücksicht geschenkt hatte?
    Morkai der Rote stürzte tot zu Boden. Von den wenigen Fragen war eine geblieben, auf die er keine Antwort gefunden hatte.
    Kessell mußte sich noch lange an die Wand stützen, und so blieb er dort zitternd stehen. Allmählich begann die Zuversicht, die ihn zu dieser gefährlichen Tat getrieben hatte, wieder in ihm zu keimen. Jetzt war er der Meister — Eideluc, Dendybar der Bunte und die anderen Zauberer, mit denen er die Reise unternommen hatte, hatten ihm das doch gesagt. Sobald sein Meister tot sei, würden ihm, Akar Kessell, eine Meditationskammer und ein Laboratorium im Hauptturm des Geheimwissens in Luskan rechtmäßig zustehen.
    Genau das hatten Eideluc, Dendybar der Bunte und die anderen schließlich gesagt.
    »Ist es erledigt?« fragte der stämmige Mann, kaum daß Kessell die dunkle Gasse betreten hatte, die als Treffpunkt ausgemacht worden war.
    Kessell nickte eifrig. »Der rotgekleidete Zauberer aus Luskan wird nicht mehr zaubern können!« verkündete er. Zu laut für den Geschmack seiner Mitverschwörer.
    »Sprich leise, du Narr!« verlangte Dendybar der Bunte in dem charakteristischen monotonen Tonfall. Er, der so zerbrechlich aussah, hielt sich im Schatten der Gasse verborgen. Dendybar sprach sehr selten, und wenn er sprach, zeigte er keine Spur einer Emotion. Die Kapuze seiner Robe hatte er stets tief ins Gesicht gezogen. Dendybar wirkte auf alle Menschen, die ihm begegneten, sehr kaltblütig, und das entnervte sie. Auch wenn der Zauberer von Statur der kleinste und am wenigsten eindrucksvolle Mann in der Handelskarawane war, die die vierhundert Meilen weite Reise zur Grenz-Siedlung Zehn-Städte zurückgelegt hatte, fürchtete Kessell ihn mehr als alle anderen zusammen.
    »Morkai der Rote, mein ehemaliger Meister, ist tot«, wiederholte Kessell leise. »Akar Kessell wird von diesem Tag an bekannt sein als Kessell der Rote und der Gilde der Zauberer in Luskan angehören!«
    »Sachte, mein Freund!« warnte ihn Eideluc und legte beruhigend eine Hand auf Kessells Schulter, die unter der Berührung nervös zuckte. »Für die angemessene Ernennung wird genügend Zeit sein, wenn wir in die Stadt zurückkehren.« Er lächelte und zwinkerte Dendybar heimlich zu.
    Kessells Gedanken wirbelten durcheinander. Er verlor sich in Tagträumen und überprüfte dabei alle möglichen Folgen seiner bevorstehenden Ernennung. Niemals wieder würde er von den anderen Lehrlingen verspottet werden, von Burschen, die viel jünger waren als er und in den Reihen der Gesellschaft eine Stufe nach der anderen aufstiegen, seien diese auch noch so ermüdend. Jetzt würden sie ihm Respekt erweisen müssen, denn er würde selbst über jene hinwegspringen, die ihn in den frühesten Tagen seiner Ausbildung bereits überholt und schon länger die ehrenhafte Stellung eines Zauberers erlangt hatten.
    Während er sich jede Einzelheit einer
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