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Die vergessene Frau

Die vergessene Frau

Titel: Die vergessene Frau
Autoren: Tara Hayland
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wurde. Franny war auf sich allein gestellt.
    »Aber, Da…«
    Er knallte die Faust auf den harten Holztisch und schnitt ihr damit das Wort ab.
    »Du hältst jetzt den Mund, Mädchen!« Seine Augen blitzten so dunkel und zornig, dass sie instinktiv zurückzuckte. »Ich will nichts mehr davon hören!«
    Er griff nach einem Brotkanten, wischte damit das Fleisch und die Soße in seinem Teller auf und stopfte sich das Ganze in den Mund, dass der braune Saft aus seinen Mundwinkeln sickerte und über sein Kinn rann. Franny beobachtete ihn angewidert. Ihr Blick wanderte zu Sean weiter, und sie sah Mitgefühl in seinen Augen. Wenigstens verstand er, was sie empfand, dass sie es nicht aushielt, in diesem Gefängnis eingesperrt zu sein und keine Aussicht auf ein eigenes Leben zu haben.
    In diesem Moment stand Sean auf. »Ich sehe lieber mal nach den Tieren, bevor es dunkel wird.«
    Er trug seinen Teller zur Spüle und wusch ihn ab. Bevor er durch die Tür ging, drehte er sich ein letztes Mal zu Franny um. Sie sah die Einladung in seinem Blick.
    Bis zu diesem Moment hatte sie nicht gewusst, ob sie sich später mit Sean treffen würde. Aber jetzt hatte sich Franny entschieden. Sie würde zu ihm gehen. Sie würde ihm – und sich selbst – beweisen, dass sie nicht in dieses gottverlassene Kaff gehörte. Und pfeif auf die Konsequenzen. Vielleicht hatte sie ja Glück, und er würde sie mitnehmen, wenn er Glen Vale verließ. Wer weiß?

Kapitel 2
    » Her eyes, they shone like diamonds «, sang Franny laut und wiegte sich dabei fröhlich hin und her. » I thought her the queen of the land …«
    Es war Samstagabend, und die Healeys gaben ein Ceili in ihrer engen Wohnstube. Ungefähr zwanzig Leute waren versammelt, vom Säugling bis zum Greis, und verbrachten den Abend mit Geschichten und Liedern, die sie reihum zum Besten gaben. Diese wöchentlichen Zusammenkünfte von Freunden und Nachbarn hatten von frühester Kindheit an einen festen Bestandteil in Frannys Leben gebildet. Von klein auf hatte sie diese Lieder zu hören bekommen, und sobald sie alt genug gewesen war, hatte sie angefangen, selbst zu singen. Sie kostete jede Gelegenheit aus, vor anderen aufzutreten.
    Als alle im Raum in den Refrain einstimmten, wünschte sich Franny unwillkürlich, Sean wäre hier und könnte sie singen hören. Doch er hasste die Ceilis , er fand sie altmodisch und ging lieber mit den anderen jungen Tagelöhnern Poteen trinken. Darum hatten sie stattdessen ausgemacht, sich später zu treffen. Franny konnte es kaum erwarten.
    Erst nach einer weiteren Stunde löste sich die Gesellschaft endlich auf. Inzwischen ersehnte sie den Moment, in dem die Gäste gingen, damit sie sich endlich zu ihrem Geliebten schleichen konnte. Während Franny ungeduldig wartend neben ihrer Mutter und älteren Schwester stand, kam Conrad Walsh auf sie zu. Er war ein schüchterner, auf schlichte Weise gut aussehender junger Mann, der einen abgewetzten, aber ordentlichen braunen Anzug trug: ein bisschen wie er selbst.
    »Du hast heute Abend sehr schön gespielt«, lobte ihn ihre Mutter. Er hatte die Sänger auf seinem Akkordeon begleitet. Sie stupste Maggie an. »Hast du das nicht vorhin auch gesagt, Liebes?«
    Maggie brachte nur ein Nicken zustande – in Conrads Gegenwart verschlug es ihr regelmäßig die Sprache.
    »Vielen Dank, Mrs Healey, und dir auch, Margaret.« Er blickte an ihr vorbei auf Franny, die halb hinter ihrer Schwester stand. »Allerdings glaube ich, heute Abend konnte sich wohl niemand mit Franny messen.« Er lächelte sie schüchtern an. »Ich habe dich in letzter Zeit kaum gesehen, wie geht es dir denn so?«
    »Großartig wie immer, Con«, erwiderte sie gut gelaunt. Im Gegensatz zu Maggie machte es ihr nichts aus, mit jungen Männern zu sprechen, und schon gar nicht mit Conrad Walsh. Schließlich war er auf der Nachbarfarm aufgewachsen und daher fast wie ein Bruder für sie. Der stille, strebsame junge Mann war klüger als alle anderen Burschen im weiteren Umkreis. Der Priester hätte ihn am liebsten auf die Universität geschickt, und er selbst hatte früher sogar davon geträumt, eines Tages Arzt zu werden. Aber nachdem sein Vater im Vorjahr an einem Herzanfall gestorben war, hatte er die Farm übernehmen müssen. Jetzt sorgte er für seine Mutter und seine fünf Geschwister und schlug sich dabei wacker, soweit man hörte. »Er wird es mit seiner Farm noch weit bringen«, sagte ihr Vater gerne.
    Den Blick immer noch auf Franny gerichtet fragte Conrad:
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