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Die Verfuehrung Des Ritters

Die Verfuehrung Des Ritters

Titel: Die Verfuehrung Des Ritters
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ausgespien. Rücksichtslos bahnte er sich einen Weg durch die Menschenmenge, bis er vor
    den großen Holztüren auf einen seiner Männer stieß. »Sucht die Countess d'Everoot.
    Vermutlich ist sie in ihrer Unterkunft in Westcheap. Haltet sie dort fest, bis ich komme.«
    Der Ritter wandte sich zum Gehen, doch Marcus packte ihn an der Schulter und drehte ihn grob zu sich herum. »Und schickt nach einem Priester«, zischte er.

2. KAPITEL
    Zwanzig Minuten später trat d'Endshire die Tür zu den Räumlichkeiten in Westcheap auf. Er streifte die Kapuze vom Kopf und verharrte einen Moment lang regungslos im Schein der Fackeln. Dann sah er den finster dreinschauenden Ritter an, der neben der Tür stand.
    »Sie ist verschwunden, de Louth?«, fragte er.
    Die Räume sahen aus, als wäre ein Sturm hindurchgefegt. Was sich in den Regalen befunden hatte, war herausgerissen und in wilder Unordnung auf dem Boden verstreut worden. Auf den Bänken lagen Kleidungsstücke, und die Beine eines umgestoßenen Tisches ragten im Schatten empor. Gobelins, die einst die Wände geschmückt hatten, lagen zu Fetzen zerrissen am Boden. Aber nirgendwo fand sich eine Spur der Frau.
    De Louth nickte grimmig. »Sie hat alles zurückgelassen.« Um seine Worte zu unterstreichen, hob er ein Stück hauchdünner goldgelber Seide hoch, das auf der Treppe zu den Zimmern im Obergeschoss lag. Der zarte Stoff verfing sieh an seiner schwieligen Handfläche, als er ihn prüfend hochhielt. Marcus hatte dafür keinen Blick.
    »Sie war schon weg, als wir kamen, Mylord. Keine Frau, keine Diener, keine Wachen .,.«
    »Und keine Truhen, wie ich annehme?«
    »Truhen?«
    »Koffer. Truhen. Kleine Holzkisten.«
    De Louth schüttelte den Kopf.
    »Sie ist in aller Eile abgereist, aber ich habe keine kleinen Holzkisten gesehen, die sie zurückgelassen hat - abgesehen von
    der einen am Fußende des Betts. Und die haben wir durchsucht. Aber seht selbst.«
    Marcus schob sich an ihm vorbei und stürmte die Treppe hinauf, immer zwei Stufen auf einmal nehmend.
    In diesem Zimmer herrschte ein noch größeres Durcheinander. Kleider und Tuniken lagen zu großen bunten Stoffbergen gehäuft auf dem Boden. Eine Kerze war umgestoßen und ausgetreten worden, der Talg haftete als klebrige, noch warme Pfütze auf dem Boden. Marcus' Blick glitt zu der Truhe. Das Vorhängeschloss war gewaltsam geöffnet worden, der gewölbte Deckel der Truhe stand offen.
    Er hockte sich auf die Fersen und betastete das zerstörte Schloss.
    »Ihr habt nichts gefunden?«, fragte er mit gefährlich leiser Stimme. »Absolut nichts?«
    De Louth schluckte. »Nur das hier.« Er hielt ihm einen kleinen silbernen Schlüssel hin, der an einer rostigen Kette hing. Marcus richtete sich auf. »Den habe ich auf dem Fußboden gefunden, Mylord. Sieht aus, als wäre er ihr heruntergefallen, als sie geflohen ist.«
    »Beim Gekreuzigten«, murmelte Marcus beinahe ehrfürchtig. »Einer der geheimnisvollen Schlüssel.« Er nahm die Kette aus de Louths Hand. Seine Augen ruhten auf dem Silberschlüssel. Seine Stimme klang leise und beinahe summend.
    »Ich erinnere mich, diesen Schlüssel vor vielen Jahren schon einmal gesehen zu haben. Es gibt drei davon, wisst Ihr.« Er ließ die lange Kette durch seine Finger gleiten und lächelte leise.
    »Nein, Mylord. Das wusste ich nicht.«
    Marcus hob abrupt den Kopf. »Findet die Frau. Heute Nacht.
    Sofort.«
    «Mylord.« De Louth verschluckte sich fast an dem Wort und verließ hastig den Raum. Der zarte Stoff, den er in der Hand gehalten hatte, flatterte zu Boden. Ein goldgelber Farbklecks, der sich an das dunkle Holz schmiegte. Marcus hatte kaum einen
    Blick dafür, als er de Louth folgte. Er zertrat den Seidenstoff unter seinem Schuh.
    Gwyn hieb dem Pferd die Fersen in die Flanken. »Es tut mir leid«, flüsterte sie und machte es ein zweites Mal.
    Dampf stieg aus den geblähten Nüstern des Hengstes auf, als er wütend schnaubte und sich halb auf die Hinterläufe erhob. Seine monströsen Hufe fuhren durch die Luft, doch er beruhigte sich wieder. Große Klumpen feuchte Erde flogen auf, als er im Galopp weiterpreschte. Gwyn wurde im Sattel heftig durchgeschüttelt, und sie stieß sich am Sattelknauf, ehe sie sich wieder fing. Sie biss sich auf die Lippen, um nicht aufzuschreien, und beugte sich tiefer über den Widerrist des Pferdes. Mit zitternder, aber dennoch fester Hand lenkte sie den Hengst.
    Der Sonnenuntergang war gekommen und vergangen, der Abend war zur Nacht geworden, und sie
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