Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Verfuehrung Des Ritters

Die Verfuehrung Des Ritters

Titel: Die Verfuehrung Des Ritters
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
begleitete, die sich durch den Nebel langsam vorarbeiteten. »Wusstet Ihr, Mylady, dass seit gestern früh das Gerücht kursiert, einer von Henris Spionen würde sich auf diesem Teil der Straße herumtreiben? Was glaubt Ihr wohl, wird er tun, wenn er eine wie Euch hier allein vorfindet?«
    »Vielleicht dasselbe wie Ihr? Er wird mich auf den Rücken eines Pferdes werfen und mich irgendwo hinbringen, wo ich nicht sein will?« Sie schob die Ärmel ihres Kleids nach oben, die jedoch sofort wieder bis zu ihren Handgelenken hinabrutschten. Es waren weite bestickte Ärmel, die sie im Augenblick mehr
    behinderten, als sie ihr nützlich waren. »Mir ist bereits klargeworden, was mich bei Lord Marcus erwartet, und ich ziehe das Risiko vor, dem normannischen Wegelagerer zu begegnen.«
    »Es ist nur die Frage, was der Baron dann tun wird, Lady Guinevere.« Sein stählerner, konisch geformter Helm ragte jetzt dicht vor ihr auf, und seine Worte kamen, begleitet von dichten Atemwölkchen, darunter hervor. »Jedenfalls ist so gut wie sicher, dass er etwas unternehmen wird, wenn Ihr ihm Widerstand leistet.«
    »Aber nur, wenn Ihr mich zu ihm zurückbringt.«
    Schweigen senkte sich über die kleine Gruppe, als sie im Nebel verharrte. Dann führte de Louth seine Männer vorsichtig weiter. Alle paar Schritte parierte er sein Pferd, als wäre sie ein verwundetes Tier, das es langsam in eine Falle zu locken galt.
    Die Hufe der schweren Schlachtrösser versanken im Schlamm, rutschten ein wenig zur Seite, ehe sie sich mit einem abscheulichen saugenden Geräusch wieder hoben.
    Rechts und links von Gwyn erstreckten sich dichte Baumgruppen, die Ausläufer der ausgedehnten Wälder. Verzweifelt warf sie einen Blick über die Schulter, aber hinter ihr waren nur die einsame Straße und die Dunkelheit. Kein Haus, keine Menschenseele. Keine Möglichkeit zu fliehen.
    Entschlossen hob sie ein paar Steine vom Boden auf und ging einen Schritt zurück.
    Die Reiter folgten ihr. Gwyn wich erneut zurück und prallte gegen einen Baum.
    »Das läuft wohl nicht so ab, wie Ihr es Euch erhofft habt, oder?«, fragte der Baum.
    Die kalte Angst lief ihr den Rücken hinunter. Sie schaute zu dem Mann auf, der über ihr aufragte. Die tiefschwarze Silhouette, die sich von den Nebelschwaden abhob, ließ Gwyn an ein mythisches Ungeheuer denken. Sie öffnete den Mund, aber kein Laut drang über ihre Lippen. Das Blick des Fremden war jetzt auf d'Endshires Männer gerichtet.
    »Tretet hinter mich, Mylady.«
    »Was ?«
    »Tretet hinter mich, wenn Euch nichts geschehen soll.« Für einen Moment sah der Fremde sie an. Gwyn erkannte die Linie eines festen Kinns und einer geraden Nase, ehe er den Blick wieder abwandte. »Was wollen die Männer von Euch?«
    »Wisst Ihr, wer die sind?«, flüsterte sie. Ihre Lippen fühlten sich trocken an.
    »Das weiß ich.« Seine tiefe Stimme klang leise und unbeeindruckt.
    Gwyn sah zu den fünf Reitern, die stehen geblieben waren. Sie starrten überrascht auf den Mann, der wie aus dem Nichts aufgetaucht war, und Gwyn empfand einen Anflug von Genugtuung, und ihr Mund fühlte sich plötzlich nicht mehr so trocken an.
    Mit einer Armbewegung warf der Fremde seinen Umhang zurück und stellte sich vor Gwyn. »Was wollen sie von Euch?«, wiederholte er seine Frage.
    »Sie wollen nichts von mir. Aber Lord d'Endshire schon.«
    Etwas flackerte in dem Blick auf, mit dem er sie ansah. »Marcus fitzMiles will Euch?«
    »Nicht mich. Aber mein Geld.«
    »Ich verstehe«, erwiderte er, während er zu Gwyns Verfolgern sah, die jetzt wieder näher rückten. »Er war noch nie für eine Überraschung gut.«
    »Wer wagt es, die Verlobte meines Herrn anzugreifen?«, rief de Louth. Dem weichen Zischen der Schwerter, die aus den Schwertscheiden gezogen wurden, folgte eine tödliche Stille.
    »Ich bin nicht seine Verlobte!«, rief sie de Louth zu. Dann senkte sie die Stimme. »Er hat die Männer hinter mir hergeschickt, damit sie mich zurückbringen und dafür sorgen, dass es mein Wunsch ist, ihn zu heiraten.«
    »Hmmm.« Bis auf das Geräusch zurückweichender Schritte
    und näher rückender Hufe herrschte Stille. »Bisher haben sie ihre Aufgabe eher schlecht erfüllt.«
    »Sollten seine Männer hier scheitern, wird seine Streitmacht vor meiner Burg dafür sorgen, dass er Erfolg hat.«
    »Das wäre keine Überraschung«, hörte sie ihn murmeln.
    Dann, ehe Gwyn die Bewegung überhaupt wahrnahm, wich der Fremde nach rechts aus und duckte sich unter eine riesige Eiche.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher