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Die Verdammten der Taiga

Die Verdammten der Taiga

Titel: Die Verdammten der Taiga
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sahen sich schweratmend an. Die Morgensonne überstrahlte den verbrannten Wald. Die schwarzen Gerippe der Bäume begannen geheimnisvoll zu leuchten.
    »Du mußt noch mal hinaus, Katja –«, sagte Andreas heiser. »Die Leine losknoten.«
    Sie nickte, kletterte zurück auf den Schwimmer, löste den Mehrfachknoten, den Putkin geschlungen hatte – eine schwere Arbeit, bei der sie sich die Handflächen aufschabte – aber dann war auch das geschafft. Das Flugzeug schaukelte träge im Fluß und begann abzutreiben. Andreas wartete, bis Katja wieder hinter ihm saß und Amalja, die zu schreien begann, auf ihrem Schoß wiegte.
    »Ich starte –«, sagte er kaum hörbar. »Wenn es schiefgeht, Katja –«
    »Man muß nicht daran denken, Andrej –«
    Sie wiegte das Kind, sang mit leiser, warmer Stimme ein altes russisches Wiegenlied und streichelte dem Kind das schwarzhaarige Köpfchen.
    Der Motor brüllte auf, die Propellerflügel drehten sich, zaghaft drückte Andreas den Hebel, den Putkin ihm bezeichnet hatte. Und wirklich … das Flugzeug glitt vorwärts, verließ das Gewirr der Steine, die hölzernen Schwimmer schabten ein paarmal hart über die Felsen, aber sie zerbrachen nicht. Dann schwammen sie im freien Wasser, und Andreas wußte, daß er jetzt mehr Gas geben und in die Luft steigen mußte.
    Was muß ich jetzt tun, dachte er. Mein Gott, welcher Hebel, welches Pedal, welches Kontrollinstrument ist jetzt maßgebend? Worauf muß ich achten? Diese Uhren und Zeiger, dieses Ticken überall, dieses Pendeln von Richtungsmessern, diese in der Sonne wie höhnisch blinkenden Hebel und Schalter. Was muß ich zuerst tun? Was?
    Er schob den Gashebel nach vorn, der Motor heulte auf, der Propeller raste im Kreis. Das Flugzeug glitt über den Fluß und hoppelte über die Wellen, die Ufer mit dem toten Wald rasten an ihnen vorbei … die Biegung des Flusses, man muß nach rechts in eine Kurve … wie geht das, wo muß man drücken … kann man das mit den Pedalen, läßt sich der Steuerknüppel nach rechts bewegen … Gott im Himmel, wir rasen auf das Ufer zu, wir werden gegen das Ufer prallen und explodieren.
    Katja! Katja!
    Er biß die Zähne zusammen, gab noch mehr Gas und zog den Steuerknüppel an sich. Mit einem Ruck reagierte die Maschine, sie wurden in die Sitze gedrückt, das Flugzeug zog steil hinauf in den Himmel, das unendliche Blau mit der Sonne darin kam auf sie zu, es gab keinen Fluß mehr, nicht mehr die verkohlten Gerippe der Taiga … es gab nur noch das strahlende, wolkenlose Blau, in das sie hineinstießen, als wollten sie in der Unendlichkeit untergehen.
    »Wir fliegen!« schrie hinter ihm Katja. Sie beugte sich vor und trommelte mit den Fäusten auf seinen Rücken. »Andrej! Wir fliegen! Wir sind in der Luft! Andrej, mein Held, mein Engel … wir fliegen –«
    Schweißüberströmt starrte Andreas auf den Horizontkreisel, den Querneigungszeiger und den Höhenmesser. Er begriff es nicht … der Zeiger pendelte über die Skala, 50 Meter … 70 Meter … 100 Meter … und er stürzte nicht ab, er neigte sich nicht zur Seite und fiel herunter wie ein Stein. Er flog in den blauen Himmel hinein und ließ die Erde unter sich …
    Vorsichtig brachte Andreas das Flugzeug in die Waagerechte. Die Instrumente gehorchten ebenso wie alle Steuerungen: Der Himmel war wieder oben, unten schimmerte wie ein silbernes Band der Fluß, und so weit er jetzt sehen konnte, dehnte sich das tote, verbrannte, verkohlte, schwarze Land. Ein Wald aus leeren Stangen, zwischen denen es noch immer glühte, Rauchschwaden aufquollen oder kleine Flächenfeuer loderten.
    Er hielt den Steuerknüppel ganz fest, korrigierte mit den Pedalen und einem leichten Druck an der Steuersäule die Richtung, flog nun mitten über den Fluß und wagte nicht, seine Augen auszuputzen, in denen der Schweiß brannte.
    »Es ist unbegreiflich, Katja –«, stammelte er. »Es ist unbegreiflich … wir bleiben oben …«
    »Du bist ein Genie, mein Liebling.« Die Susskaja lachte. Sie wischte ihm das Gesicht mit ihrer Bluse, küßte seinen Nacken und blickte dann hinunter auf das unter ihnen wegziehende verbrannte Land.
    Die Schönheit des Flusses inmitten dieser toten Natur war atemberaubend. Unter ihnen strich ein Schwarm Krickenten den Strom hinauf und suchte sich einen neuen Platz. Weit in der Ferne links und rechts von ihnen brannte noch immer die Taiga, aber vor ihnen lag schon wie eine grüne Mauer der unberührte Wald, ein dunkler Streifen am flimmernden
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